LSVD kritisiert FDP scharf Werden LGBTI*-Afghanen im Stich gelassen?
Mit scharfen Worten kritisiert der Lesben- und Schwulenverband Deutschland jetzt die FDP, konkret den FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sowie FDP-Präsidiumsmitglied und Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Hessen Dr. Stefan Naas – beide hatten sich in einem gemeinsamen Positionspapier zu aktuellen Themen geäußert. Djir-Sarai hatte sich dabei für den Stopp des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan beziehungsweise auch für erneute Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan ausgesprochen.
Laut dem LSVD sei dies mehr als ein „wahltaktisches Manöver“, die Partei spiele mit dem Feuer. Solche Äußerungen würden migrationsfeindliche Haltungen in der Bevölkerung verstärken und seien „brandgefährlich“, gerade auch mit Blick auf LGBTI*-Afghanen, die seit Monaten versuchen aus dem Land zu flüchten. In ihrer Heimat werden sie von den Taliban gejagt, inhaftiert und oftmals grausam hingerichtet.
Verstoß gegen queeren Aktionsplan
Zudem würden solche Forderungen nicht nur gegen den Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien, sondern auch gegen den Aktionsplan „Queer leben“ verstoßen, der ebenso wie die Ampel ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Afghanistan festgelegt hat. Dr. Jörg Hutter, Mitglied im Bundesvorstand, dazu: „Dass der FDP-Generalsekretär jetzt diese Zusagen zur Disposition stellt, ist mehr als schändlich. Wir fordern den FDP-Bundesvorstand daher auf, sich von der Äußerung des FDP-Generalsekretärs nach einem Stopp des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan umgehend zu distanzieren. Demokratische Parteien wären gut damit beraten, wenn sie dem populistischen Druck von rechts nicht nachgeben, um am rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen.“
FDP-Aussagen passen nicht zu Pride-Events der Partei
Hutter erkennt dabei auch eine deutliche Diskrepanz zum sonstigen Verhalten der Partei: „Während die FDP auf den Pride-Demonstrationen in Deutschland für die Rechte von LSBTIQ* mit auf die Straßen geht, will sie jetzt die afghanische LSBTIQ*-Community vollkommen den Taliban überlassen und nicht einmal im Rahmen eines Bundesaufnahmeprogramms einem festen Kontingent an Personen den versprochenen Schutz ermöglichen. Seit der Machtübernahme durch die Taliban passieren in Afghanistan Gräueltaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche, sowie queere Menschen (LSBTIQ*), für die sich kaum Worte finden lassen. LSBTIQ* werden systematisch verfolgt, inhaftiert, gefoltert und ermordet. In Afghanistan warten verfolgte queere Menschen verzweifelt auf eine Möglichkeit zur Ausreise und Aufnahme in Deutschland. Noch kein einziger Mensch ist bisher über das Aufnahmeprogramm nach Deutschland gekommen.“
Ampel-Regierung widerspreche sich selbst
Hutter ist dabei selbst ganz nah dran an der Thematik, er versucht mit dem Verein Rat und Tat Bremen seit 2021 rund 200 LGBTI*-Afghanen die Ausreise zu ermöglichen und steht im täglichen Kontakt mit Betroffenen wie auch den zuständigen Behörden in Deutschland. „Regelmäßig erreichen uns E-Mails von verzweifelten Personen aus Afghanistan, die bereits Schlimmstes erlebt haben oder Schlimmstes befürchten. Nachdem die Bundeswehr zusammen mit den anderen westlichen Bündnispartnern das Land fluchtartig verlassen hat, hat sich die Situation nicht nur, aber gerade auch für LSBTIQ* massiv zugespitzt. Die Bundesrepublik steht daher hier in der moralischen Verantwortung, gefährdete LSBTIQ*-Personen aus Afghanistan aufzunehmen. Die Bundesregierung kündigte noch letzte Woche in der Nationalen Sicherheitsstrategie an, die Rechte von Minderheiten auf internationaler Ebene stärken zu wollen. Die Forderung nach dem Stopp des Bundesaufnahmeprogramms widerspricht dieser Aussage völlig und stellt eine menschenrechtlich orientierte Asylpolitik erneut infrage“, so Hutter abschließend.