Hass-Gewalt in Frankreich Hetze im Internet verschlimmert die Lage!
Kaum überraschend stieg auch in Frankreich die Zahl der hasserfüllten Gewalttaten gegenüber LGBTI*-Menschen ähnlich wie in Deutschland binnen eines Jahres erneut an. Offiziell wurden so im Jahr 2022 rund 1.500 Übergriffe gemeldet, dabei gab es einen Anstieg von rund fünf Prozent bei den homophob motivierten Taten. Die Fallzahlen bleiben damit auf einem hohen Niveau, erreichen aber glücklicherweise bisher nicht die negativen Spitzenwerte der vergangenen zehn Jahre (2013 rund 3.500 Fälle, 2019 rund 2.300 Fälle). In den meisten Fällen waren Schwule (64 %) und Lesben (18 %) die Opfer.
Hohe Dunkelziffer vermutet
Rund jedes dritte Opfer (30 %) ist dabei zwischen 35 und 50 Jahren alt, an zweiter Stelle (19%) stehen Menschen mit einem Alter zwischen 25 und 34 Jahren, so die Organisation SOS Homophobie in ihrem aktuellen Jahresbericht. Die Fallzahlen spiegeln dabei ähnlich auch wie bei den Statistiken in anderen Ländern nur jene Angriffe wider, die auch tatsächlich gemeldet worden sind – auch in Frankreich wird von einer Dunkelziffer von bis zu 90 Prozent bei den Angriffen ausgegangen, die gar nicht erst verzeichnet werden.
Der Großteil der Gewaltopfer ist schwul
Besonders auffällig im diesjährigen Bericht: Gerade auch die Anzahl der körperlichen Angriffe erhöhte sich um fast 30 Prozent, hier sind in erster Linie schwule Männer (68%) die Opfer. Die Bandbreite reiche dabei von Messerstechereien mit einem schwulen Mann bis hin zu einem schwulen Jugendlichen, der von einer gleichaltrigen Gruppe Heranwachsender krankenhausreif auf offener Straße verprügelt worden war. Dazu sollen die Täter geschrien haben, dass der schwule Junge es „nicht verdient habe, weiterzuleben.“ Zu den meisten Taten zählen neben der Körperverletzung (15%) ablehnender Hass (68%), Beleidigungen (40%) und Bedrohungen (22%). Die Organisation spricht ganz direkt von einer „Rückkehr der Gewalt“.
Homophobie bleibt Thema in Frankreich
Insgesamt zeigt sich in dem rund 170 Seiten starken Bericht auch, dass Homophobie in Frankreich nach wie vor weit verbreitet ist und nebst den Gewalttaten nach wie vor auch in der Arbeitswelt und im alltäglichen Leben präsent ist. Ein Brennpunkt in Frankreich sind und bleiben dabei laut SOS Homophobie die Schulen, in denen homophobes Verhalten nach wie vor tagtäglich zu verzeichnen ist. Eine Besserung sei nach Angaben der Fachleute nur mit einer breit angelegten, landesweiten „Sensibilisierungskampagne“ zu erreichen, dazu müsse die Regierung allerdings deutlich mehr Einsatz zeigen.
SOS Homophobie kritisiert dabei auch Unternehmen, die während der Pride-Saison Pink-Washing betreiben würden, ansonsten aber viel zu wenig für die Community leisten. Ein neues E-Learning-Modul des Vereins solle deswegen jetzt interessierten Firmen die Möglichkeit geben, mit dieser Hilfe die Mitarbeiter für LGBTI*-Themen stärker zu sensibilisieren.
Hass im Internet steigt weiter an
Ein großes Problem bleibt in Frankreich dabei auch der Hass im Internet (17% aller Fälle), auch 2022 verzeichnete die Organisation erneut eine Steigerung in diesem Bereich, während die Konfliktpotenziale beispielsweise im Familien- und Freundeskreis auf einem hohen Niveau stabil geblieben sind. Auf den Punkt gebracht: „LGBTI*-Personen sind also weiterhin im privaten Bereich Gewalt ausgesetzt, dazu kommt noch jene Gewalt in der Öffentlichkeit, deren Fallzahlen 2022 einen deutlichen Anstieg erlebt haben.“ Jeder zehnte LGBTI*-Mensch in Frankreich sei derzeit mit seinem Leben deswegen unzufrieden.