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LSVD begrüßt Gedenken an Schwule aus der Nazi-Zeit
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Gedenktag für homosexuelle Opfer Kritiker stören sich am Wording einiger Medien hin zum “queeren“ Gedenktag

ms - 25.07.2022 - 14:30 Uhr

Einmal mehr entbrannte am vergangenen Wochenende in der Community eine Diskussion um eine grundsätzlich wichtige Angelegenheit: Der Deutsche Bundestag wird Ende Januar 2023 erstmals einen Gedenktag für die, während der Nazi-Zeit ermordeten Menschen aus der Community veranstalten. Ein solches Gedenken war die Jahre zuvor immer wieder von Seiten des ehemaligen Bundestagspräsidiums und federführend von Wolfang Schäuble verhindert worden. Nun soll erstmals am 27. Januar 2023 an die Opfer gedacht werden. Der Streitpunkt dabei: der wichtige Moment wird in einigen Medien als “queerer Gedenktag“ definiert, auch wenn im dritten Reich beinahe ausnahmslos homosexuelle Männer ermordet worden waren. Das bestätigte auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), der den angedachten Gedenktag sehr begrüßt: „Ein Gedenken an homosexuelle NS-Opfer ist auch deshalb bedeutsam, weil der Bundesrepublik Deutschland als Konsequenz aus den Verbrechen des NS-Staates eine besondere Verantwortung zukommt, wenn Menschenrechte in Deutschland und weltweit bedroht sind.“ 

Im Tagesspiegel am Wochenende bekräftigte zuvor Bundestagspräsidentin Bas (SPD): „Tatsächlich werden wir am 27. Januar 2023 bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden.“ Die Entscheidung sei bereits einstimmig vom Präsidium beschlossen worden. Bereits seit 2018 hatte bisher vergebens eine Petition verschiedener Vereine einen solchen Gedenktag im Bundestag gefordert. Henny Engels vom Bundesvorstand des LSVDs weiter: „Um aus allen ihren Facetten Lehren zu ziehen, muss Geschichte umfassend lebendig gehalten werden. Denn nach dem Ende des Nationalsozialismus gingen Ausgrenzung und Leiden für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in Deutschland leider immer noch weiter. Schwule und bisexuelle Männer wurden in beiden deutschen Staaten noch jahrelang strafrechtlich verfolgt. Erst 1994 wurde der § 175 StGB endgültig abgeschafft.“ Bundestagspräsidentin Bas erklärte indes auch, dass eine endgültige Rednerliste noch nicht vorliege, auch deswegen, da es ja „bedauerlicherweise keine Überlebenden mehr gibt.“

Kritik brandete am Wochenende innerhalb der LGBTI*-Community im Netz um die Frage auf, warum der geplante Gedenktag mancherorts als “queerer Gedenktag“ umschrieben werde – beispielsweiseweise hatten auch “Die Zeit“ oder NTV in ihrer Berichterstattung dieses Wording benutzt. Ein User namens Klaus schrieb daraufhin beispielsweise auf Twitter: „Das ist vielleicht gut gemeint, aber diese Entwicklung ist nicht gut, weil es die Geschichte verfälscht. Wenn wir jetzt anfangen die Geschichte des dritten Reichs so umzudeuten, wie es für uns momentan passt, werden die Ermordeten die Leidtragenden sein.“ An anderer Stelle war die Rede von “Geschichtsrevisionismus“ und einer “ungeheuerlichen Frechheit“. Einen offiziellen Titel für den Gedenktag von Seiten des Deutschen Bundestages gibt es noch nicht. 

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