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Josh Cavallos neues Leben

Josh Cavallos neues Leben Auch in Großbritannien will der Australier gegen Homophobie im Fußball kämpfen

ms - 09.10.2025 - 14:20 Uhr
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Im Sommer dieses Jahres ist der weltweit erste offen schwule und aktive Fußballer Josh Cavallo (25) zusammen mit seinem Verlobten von Australien nach Großbritannien gezogen. Der Umzug auf die Insel und der Wechsel zu einem kleinen britischen Klub hat dem einstigen Profi-A-League-Kicker gut getan – Anfeindungen erlebt er allerdings mitunter auch heute noch. 

Wechsel in die sechste Liga 

Cavallo war 2021 der erste Fußballprofi auf der Welt, der sich während seiner aktiven Karriere als schwul geoutet hat. Der mutige Schritt hatte Konsequenzen: Einerseits wurde er weltweit zum Vorbild, andererseits erhielt er täglich Morddrohungen über Jahre hinweg. 2024 verlobte er sich mit Leighton Morrell, 2025 erfolgte nun der Wechsel, weg von seinem bisherigen Verein Adelaide United FC, der ihn stets unterstützt hat. Auf dem Spielfeld des Coopers Stadium seines Klubs hatte er seinem Freund damals den Heiratsantrag gemacht. 

Beruflich könnte man den Wechsel als Abstieg werten, denn Cavallo ging vom Profiklub zum Nicht-Liga-Verein Peterborough Sports, der im Schnitt vor etwa 400 Zuschauern in der National League North, der sechsten Liga des englischen Fußballs, spielt. Auf der anderen Seite hat er nun laut eigenem Bekunden mehr Zeit für LGBTIQ+-Themen, die ihm besonders wichtig sind. 

Weniger Angriffe von homophoben Fanatikern 

Darüber hinaus steht er jetzt vielleicht ein wenig weniger im Zentrum der Angriffe von homophoben Fußballfans und Fanatikern. „Es ging mir nicht darum, den Verein zu wählen, der auf dem höchsten Niveau spielt. Es ging mir darum, einen Verein zu finden, in dem ich mich wohlfühlen würde. Die Art und Weise, wie mir Peterborough Sports präsentiert wurde, war etwas, mit dem ich mich wohlfühlen und außerhalb des Spielfelds ich selbst sein konnte. Alle sind sehr nett. Der Respekt ist da. Ich hatte Angebote aus anderen Ländern, bevor ich nach Peterborough kam.“

Ähnlich sieht das auch Tim Woodward, Eigentümer des britischen Fußballvereins: „Es war ein großer Schritt für Josh, Australien zu verlassen, aber er hat sich wirklich gut eingelebt. Ich habe keine homophoben Beleidigungen von unseren Fans erwartet. Sie haben Josh wirklich ins Herz geschlossen, wann immer er spielt. Zudem haben wir Systeme eingerichtet, um Josh verstärkt zu schützen, falls so etwas doch passieren sollte.“

Shitstorm nach dem Coming Out

Auch die digitalen Anfeindungen haben abgenommen, allerdings bis heute nicht ganz. Noch gut erinnert sich Cavallo an die erste Zeit direkt nach seinem Coming Out, als ihm Fans erklärten, er „gehöre nicht auf diese Welt“ und er solle doch einfach „das Atmen“ aufhören. „Als ich diese Nachrichten zum ersten Mal sah, brach es mir das Herz. Niemand möchte so etwas lesen. Ich versuche, mich als Spieler zu verbessern und auf dem Platz mein Bestes zu geben, und dann werde ich wegen meiner Persönlichkeit herabgewürdigt. Das ist widerlich. Die Leute wollten mir Schaden zufügen. Die Dinge, die ich dann fortlaufend zu hören bekam, waren verletzend und abwertend gegenüber meiner Community. Ich habe nicht reagiert, weil ich wusste, dass das die Hasser nur noch mehr anstacheln würde.“

Homophobie bleibt bestehen 

Inzwischen ist etwas mehr Ruhe in das Leben des jungen Fußballprofis eingekehrt, allerdings betont Cavallo auch: „Es vergeht keine Woche, in der ich nicht von einem solchen Problem höre. Auf jeden Fall haben wir noch viel zu tun, wenn es um Homophobie im Fußball geht. Man muss sich nur ein Spiel ansehen, um die feindselige Atmosphäre und die toxische Männlichkeit zu erkennen, die das Publikum mitbringt. Ich kann nur weiter für das kämpfen, was ich für richtig halte, und darauf hinarbeiten, die toxische Männlichkeit in den Umkleideräumen des Fußballs zu beseitigen und einen sicheren Raum zu schaffen. Ich hoffe, dass die nächste Person, die sich während ihrer Karriere als Profifußballer outet, nicht denselben Weg gehen muss wie ich.“

In manchen Momenten ist der 25-Jährige dann durchaus auch heute noch niedergeschlagen, wenn er all den Hass im Sport sieht: „Viele Menschen sehen mich als einen lächelnden, positiven Menschen. Aber es gibt Tage, an denen ich mich auf meinen Verlobten Leighton stütze, und er bekommt viel von dem mit, was hinter den Kulissen passiert.“ Er würde sich wünschen, dass sich endlich auch ein aktiver Spieler in der Premier League outen würde: „Es würde Berge versetzen. Aber ich werde nichts beschönigen. Diese Person würde mit vielen beängstigenden Dingen konfrontiert werden. In der Welt des Fußballs ist es sehr gefährlich, ein offen schwuler Spieler zu sein.“

Kritik an der FIFA

2022 erhielt Cavallo die Ehrendoktorwürde der Flinders University in Adelaide in Anerkennung seiner Verdienste als Vorbild im Sport und Verfechter der Gleichberechtigung. Genau diese Vorbildfunktion würde er sich auch beim Weltfußballverband FIFA wünschen, doch offenbar vergebens, bedenkt man, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 nach Katar ging – und das Turnier 2034 in Saudi-Arabien stattfindet. In beiden Ländern droht Schwulen bis heute die Todesstrafe. 

„Es gibt Länder, die in Bezug auf Fußball und Fanbasis riesig sind und die LGBTIQ+-Menschen nicht akzeptieren. Das sind die Länder, die auch mich tendenziell ins Visier nehmen. Ist es also beeindruckend, dass die Weltmeisterschaft in Ländern stattfindet, die gleichgeschlechtliche Ehen unter Strafe stellen, wo Menschen wie ich allein dafür ins Gefängnis kommen, dass sie in diesem Land leben? Nein, das ist beängstigend! Ich bekomme Nachrichten von Menschen aus jenen Ländern, die sagen: ´Ich werde ins Gefängnis kommen, weil ich bin, wer ich bin – kannst du mir helfen?‘ Es bricht mir das Herz, dass Menschen eingesperrt werden, nur weil sie sind, wer sie sind.“

Aufgeben will der 25-Jährige trotzdem nicht und sich weiter für Gleichberechtigung, Akzeptanz und einen Fußball ohne Homophobie einsetzen: „Der Fußball hat es mir ermöglicht, Gespräche in der Umkleidekabine anzustoßen. Er hat es mir ermöglicht, mit Menschen zu sprechen und sie aufzuklären, die mehr erfahren wollen. Nicht jeder wird dich so mögen, wie du bist. Aber ich habe meine Familie gefunden. Ich habe meine Gemeinschaft gefunden. Mein Ziel ist es, Veränderungen zu bewirken. Dafür bin ich hier.“

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