Anders als die Anderen Schwul, anders und Zeuge Jehova - die schwierige Jugend von Luke Evans
Den meisten Menschen dürfte der britische Schauspieler Luke Evans (45) vor allem durch seine Filmrollen in der „Fast & Furious“-Reihe, durch seine Heldenrolle in der Hobbit-Trilogie sowie durch die Serie „The Alienist“ bekannt sein – nun sprach der schwule Brite erstmals ausführlich über seine schwierige Jugend als homosexueller Sohn in einer Familie der Zeugen Jehovas.
Verknallt in den Vertretungslehrer
Er sei schon immer anders als die Anderen gewesen, so Evans gegenüber dem britischen Guardian. Von frühester Kindheit an hatte er seine Mutter Woche für Woche begleiten müssen, wenn sie mit der Bibel bewaffnet von Haustür zu Haustür ging, um andere Menschen zu bekehren.
Schwieriger wurde die Lage für ihn überdies, als er anfing zu verstehen, dass er homosexuell ist: „Das erste Gefühl, schwul zu sein – oder zumindest anders – hatte ich im Alter von acht Jahren, als unsere Klasse einen Vertretungslehrer bekam. Er spielte Rugby, hatte einen scharfen Haarschnitt und einen zweisitzigen Sportwagen. Er sah gut aus und war schick gekleidet; alle Mädchen waren von ihm angetan, und alle Jungen wollten so sein wie er. Ich weiß noch, wie ich ihn anstarrte, wie die Muskeln aus seinem Hemd hervorlugten, und ich dachte: Wow. Schon damals wusste ich, dass ich ihn anders anschaute als die anderen Jungen.“
Die Bibel und die Homosexualität
Evans wusste schon sehr früh, dass seine Homosexualität und der Glaube seiner Familie schwer in Einklang zu bringen sind: „Als ich älter wurde, entdeckte ich, dass die Menschen in Sodom und Gomorra deshalb als so abscheulich galten, weil sie homosexuell waren. Die Bibel ist nicht zimperlich, wenn es um Homosexualität geht: ´Abscheulich´ ist das Wort, das verwendet wird. ´Männer, die bei anderen Männern liegen´ stehen laut der Bibel auf einer Stufe mit Dieben, Ehebrechern und Mördern und werden mit dem Rest von Satans Bösewichten grausam sterben. Allmählich dämmerte mir, dass diese armen Menschen in meinem Bibel-Bilderbuch einen schrecklichen Tod sterben würden, nur weil sie schwul sind. Für Gott war das eindeutig Grund genug, sie lebendig zu verbrennen. Und wenn man ein Kind ist, das vielleicht gerade selbst feststellt, dass es anders ist als andere Jungen… nun, dieses Bild war mehr als genug, um einen dazu zu bringen, besser über die Angelegenheit zu schweigen.“
Jahrelange Schikanen in der Schule
Sein Geheimnis blieb den anderen Mitschülern trotzdem nicht lange verborgen, wie der Brite weiter erzählt: „Ich wurde schikaniert, weil ich schwul war, bevor ich überhaupt verstand, was das bedeutete. Ich wurde angegriffen wegen meiner Religion und meiner Homosexualität. Und so begann ein quälendes Tauziehen in meinem Kopf, das sich durch alle meine Schuljahre durchziehen sollte. Es ist ein schrecklich dunkler Ort, wenn man als Kind weiß, dass man irgendwie ´falsch´ ist, aber keine Ahnung hat, warum das so ist oder wie man es in Ordnung bringen kann. Ich habe die Schule gehasst. Kinder können furchtbar intolerant sein; manche von ihnen sind böse kleine Mistkerle. Alles, was auch nur ein bisschen anders ist, macht dich zur Zielscheibe – und ich war in fast jeder Hinsicht anders.“
Zerrbild über die eigene Wahrnehmung
Bereits 2002 als junger Theaterschauspieler im Londoner West End lange vor den großen Hollywood-Filmproduktionen outete sich Evans als homosexuell. Heute ist er für viele junge Schwule ein Vorbild, ein besonders gutaussehendes dazu. Er selbst kann Lob über sein Aussehen indes bis heute nicht richtig annehmen, wie er gesteht: „Wenn man mich heute fragt, wie ich als Kind ausgesehen habe, würde ich automatisch die Dinge aufzählen, wegen derer ich gemobbt wurde: große Ohren, dünne Beine, verwirbelte Haare. Ich fühlte mich körperlich unzulänglich, und dieses Gefühl hat mich bis ins Erwachsenenalter begleitet. Man könnte meinen, dass es geholfen hätte, berühmt zu werden, und ich habe kurze Momente, in denen ich denke: Mein Gott, die Leute halten mich tatsächlich für hübsch? Aber das alles ist so weit weg von meiner täglichen Realität, und die Stimme in meinem Kopf, die mir sagt, dass ich jünger aussehen, bessere Muskeln oder eine glattere Haut haben sollte, übertönt bis heute oft alle Komplimente, die ich mit etwas Glück bekomme. Zum Glück bin ich jetzt an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich diese negativen Gefühle in den Griff bekommen habe und mich selbst schätzen kann.“
Doch wie überlebte er für sich diese Jahre, in denen er ständig angegriffen wurde? Evans sagt dazu abschließend: „Schon in der Grundschule wusste ich, dass nicht ich das Problem war, sondern die Tyrannen. Während meiner gesamten Kindheit ging mir, wann immer etwas Schlimmes passierte, ein Refrain durch den Kopf: Das ist nur vorübergehend. Schon in jungen Jahren hatte ich diese klare Sichtweise. Sobald die Schule vorbei war, wusste ich, dass mein Leben beginnen würde.“