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Kinderwunsch // © kuppens fotografie

Marc Scheijven Kinderwunsch - So klappt es mit dem eigenen Kind

nb - 12.02.2017 - 10:00 Uhr

Innerhalb der letzten 10 Jahre hat sich der Wunsch nach Kindern bei Schwulen und Lesben stark erhöht. Dieser Kinderwunsch ist realisierbar durch die Befruchtung von Frauen, durch Insemination.

So bezeichnet man die Übertragung des männlichen Samens in den Genitaltrakt der Frau, die nicht über den Weg des Geschlechtsverkehrs stattfand. Dies ist die gängigste Methode zur künstlichen Befruchtung.

Wünschen sich Homosexuelle Kinder, kann das durch die Möglichkeiten, welche Nij Geertgen, ein Zentrum für Fruchtbarkeit in den Niederlanden bietet, Erfüllung finden. Schwulissimo sprach dazu mit dem Direktor Herrn Marc Scheijven.

Homosexuelle Menschen, welche Kinder möchten, haben es nicht so leicht, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Welche Möglichkeiten gibt es für Lesben und welche für Schwule?
Lesbische oder auch alleinstehende Frauen haben die gleichen Möglichkeiten wie hetero Paare. Es besteht die Möglichkeit mit eigenem Partner, eigenem Spender oder Spendersamen von einer Samenbank schwanger zu werden.

Aufgrund der aktuellen Gesetzgebung ist eine Leihmutterschaft in den Niederlanden nicht zulässig. Daher besteht zurzeit keine Möglichkeit für Schwule über unser Zentrum ein Kind zu bekommen.

Gibt es bestimmte Dinge, welche beachtet werden müssen? Kann sich Frau/Mann jeden Alters den Kinderwunsch realisieren?
Im Gegensatz zu vielen anderen Kliniken in den Niederlanden, haben wir nur wenige Voraussetzungen für eine Aufnahme als Patient in unserer Klinik. Das Lebensalter spielt allerdings eine Rolle. Wir behandeln Damen in der Regel bis 42 Jahren. Nach persönlichen Gesprächen und Untersuchungen werden evtl. Ausnahmen gemacht und bis zum 45. Geburtstag behandelt.

Falls die Anwendung von Keimzellenspenden nötig ist, werden Gespräche mit einer ausgebildeten Kinderwunschberaterin geführt, die über die Zustimmung zur Behandlung mitentscheidet.

Gibt es rechtliche Einschränkungen, wenn man als Interessent aus Deutschland kommt
Wenn man eine Kinderwunschbehandlung in den Niederlanden ausführen lässt, gilt für die Behandlung die Niederländische Gesetzgebung. Wenn das Kind von deutschen Eltern/Erzeugern abstammt und in Deutschland geboren wird, muss z.B. für die sog. Stiefkind Adoption das geltende Deutsche Recht beachtet werden.  

Gibt es gesundheitliche Dinge, die geklärt sein müssen?
Nein, alle notwendigen Untersuchungen können z.B. auch bei uns im Behandlungszentrum durchgeführt werden.

Was kostet die Realisierung einer Schwangerschaft – als Gesamtsumme? Wovon sind Preisunterschiede abhängig?
Eine Gesamtsumme zu nennen ist schwierig, weil die individuellen Entscheidungen, die die Patienten zusammen mit dem Arzt treffen, diese Summe beeinflussen.

Als Beispiel kostet die Indikation für die Intra-Uteriene Insemination (IUI), das heißt für die Einbringung der Samenzellen rundum den Zeitpunkt des Eisprunges in die Gebärmutterhöhle für Gespräche und Behandlung - ca. 1.200 Euro - exkl. Spendersamen.

Die In-Vitro-Fertilität (IVF), was wörtlich bedeutet „Befruchtung im Glas“  bzw. Reagenzglasbefruchtung kostet für Gespräche und Behandlung mit ggf. frischem Embryo Transfer (ET) ca. 2.720 Euro exkl. Spendersamen. Medikamente werden individuell berechnet.

Wir haben eine eigene Apotheke im Haus und die notwendigen Fertilitätsmedikamente sind vorrätig. Wir versenden die Medikamente auch auf Wunsch,  wobei die Kosten deutlicher günstiger als in Deutschland sind.
 

Marc Scheijven // © Archiv

Haben Sie als Leiter des Instituts Informationen darüber gesammelt, woher die Interessenten stammen? Sind bestimmte Regionen und/oder Städte interessierter als andere?
Unsere deutschen Patienten kommen hauptsächlich aus NRW. Dieses Bundesland grenzt direkt an die Niederlande und wir sind dadurch mit dem Auto gut zu erreichen. In NRW geben wir auch regelmäßig Informationsabende und arbeiten mit verschiedenen Vereinen, Selbsthilfegruppen, der Lesbenberatung und dem Kinderwunschberatungsnetzwerk zusammen.

Wir haben auch mehrere Patienten aus Berlin, Hamburg und sogar aus Bayern.

Wie schnell ist es realisierbar, einen Samen- bzw. eine Eispenderin zu finden und dann den Prozess der Entwicklung eines Embryos zu erleben?
Es besteht keine Wartezeit auf den Erhalt von Spendersamen. Aufgrund des Mangels an Eizellenspenden besteht eine derzeitige Wartefrist von ca. 6 Monaten.

Wer kommt zu Ihnen – mehr Lesben oder Schwule? Woran kann das liegen – im jeweiligen Falle? Kommen auch Transgender mit Kinderwünschen?
Zur Zeit sind es Lesben und auch Transgender. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in den Niederlanden untersuchen wir die Möglichkeiten der Erfüllung des Kinderwunsches für Schwule. Wir haben inzwischen Fortschritte gemacht, möchten aber zurzeit noch keine offizielle Aussage machen.

Noch ein paar Fragen zum Spendermaterial. Ist das anonym?
In den Niederlanden werden nur nachvollziehbare Spender und Spenderinnen verwendet. Das bedeutet, dass das entstandene Kind das Recht hat, zu erfahren vom wem es abstammt. Die Daten des Spenders/der Spenderin werden gekoppelt an die Wunschmutter und bei der Stiftung ‚Donorgegevens‘ gemeldet. Die Daten werden 80 Jahre lang bewahrt. Das Kind kann ab 16 bzw. 18 Jahren die Daten des Spenders/der Spenderin anfragen. Ein evtl. Treffen kann auch psychologisch begleitet werden.

Kann man z.B. Sperma auswählen unter bestimmten Kategorien, wie z. B. Hautfarbe, Haarfarbe etc.?
Ja. Es ist möglich einen Spender nach seinen äußerlichen Kennzeichen auszuwählen. Es ist auch möglich, mehr Hintergrundwissen zu erfahren, wie z. B. Schulausbildung, Hobbys. Teilweise ist es sogar möglich Kinderfotos zu sehen oder Stimmproben zu hören. Nach ausführlicher Beratung entscheidet die Patientin sich selbst für die für Sie passende Option für Spendersamen

Wird das Spendermaterial untersucht, z. B. auf Erbkrankheiten?
Ja. Es gelten europäische Richtlinien für die Untersuchung und Beratung von Spendern. Alle Spender / Spenderinnen die wir verwenden entsprechen diesem Standard.

Herzlichen Dank Herr Scheijven für das interessante Gespräch. Da kann man ja nur hoffen, dass sich auch die Möglichkeiten für homosexuelle Männer künftig noch verbessern werden. Es gibt ja ebenfalls schwule Paare, die ein eigenes Kind haben möchten.

Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit Marc Scheijven im Januar 2017 geführt.

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