LGBTIQIA*-Aktivist Manuel Flickinger
ist ein deutscher Reality-TV-Darsteller und LGBTIQIA*-Aktivist, der 2019 durch die Teilnahme an der ersten Staffel der Dating-Show Prince Charming ins TV-Rampenlicht rückte. Seine Bekanntheit und Beliebtheit verdankt er vor allem dem Dschungelcamp in Südafrika, wo er in seiner Art so überzeugte, dass er als stolzer Drittplatzierter die Show verließ.
Manuel, du arbeitest als Justizfachwirt am Amtsgericht in Ludwigshafen, war das dein kindlicher Traumberuf?
Ich wollte schon immer ins Büro, das habe ich somit erfüllt. Es ist zwar ein bodenständiger, konservativer Job, aber da ich auch Aerobic-Trainer, Aktivist bei queeren Veranstaltungen und oft im Fernsehen bin, ist das ein guter Ausgleich zu meinem Job, der mir die finanzielle Sicherheit bietet.
Du warst ein paar Jahre im pfälzischen Obernheim-Kirchenambach Ministrant, hast du noch Vertrauen in die katholische Kirche?
Ich bin gläubig, katholisch erzogen worden, bin getauft, habe die heilige Kommunion empfangen, wurde gefirmt und möchte irgendwann auch heiraten – bin aber mit 20 Jahren aus der Kirche ausgetreten: Um zu glauben, muss ich kein Geld bezahlen.
Hast du damals schon bemerkt, dass dich Männer interessieren?
Jaa, das war mit ein Grund, aus der Kirche auszutreten. Ich war 9 Jahre liiert und mein damaliger Partner hat mir den Grund seines Austritts erklärt und beleuchtet und so habe ich mich ebenfalls dazu entschieden, auszutreten.
Wie verlief dein Outing?
In Etappen: Als ich 2007 aus Amerika zurückkam, wusste ich, dass ich zu Männern mehr den Vibes habe, als zu Frauen. Dann habe ich das ausprobiert, das war mein inneres Outing. Bei meinem äußeren Outing reagierte meine Mutter ganz cool mit dem Satz „Ich muss `ne zweite Zigarette rauchen“, damit war das Thema vom Tisch. Bei meinem Vater war es schwieriger, der nach Fehlern in seiner Erziehung suchte, aber das hat sich mit meinem ersten Freund schnell gelegt.
2009 hast du bei DSDS eine Absage bekommen. Woran lag`s: schlechtes Lied, schlechtes Taktgefühl oder hatte Bohlen einen schlechten Tag?
Ich glaube, das Letztere. :-) Nach der Vorrunde in einem Mannheimer Hotel stand ich im Mannheimer Barockschloss vor Dieter. Nach meinem Medley, bestehend aus „Karma Chameleon“ (Boy George), „Sweet Dreams“ (Annie Lennox), “Walking in Memphis“ (Marc Cohn) und „Heaven“ (Bryan Adams) sagte er, dass es nicht reiche. Ich sei zu dünn, um so eine Power aus mir rauszuholen. Aber er hat mich nicht zur Sau gemacht! Ich habe nicht mit dem Singen aufgehört und das Witzige ist: am 28. Juli erscheint meine erste Schlagersingle.
Dann hast du 2018 bei „First Dates“ und 2019 bei „Prinz Charming“ gleich zweimal versucht, einen Traummann zu finden. War das Suche nach echter Partnerschaft oder mehr ein Versuch im öffentlichen Licht zu stehen?
Tatsächlich ein Suchen nach Partnerschaft. Es hat zwar in beiden Formaten nicht gefunkt und ich bin immer noch Single - aber ich glaube, ich habe trotzdem alles richtiggemacht. Und ich habe dadurch Freundschaften gewonnen.
Gab es keine negativen Stimmen, als du mit einer Freundin 2020 im Podcast „Loveattack“ Beziehungsprobleme thematisiertest?
Nein, dieser Podcast - zu dem es auch ein Buch gibt – lief zwei Jahre lang. Auch wenn man keinen Partner hat, so hat man trotzdem Lebenserfahrung. Ich bin ja kein Kind von gestern! :-) Und meine Freundin Sonja Tolevski ist Diplompsychologin, also eine Frau vom Fach, was das Mentale und das Zwischenmenschliche angeht.
Du bist seit 2017 ehrenamtlicher Fitnesstrainer in Mannheim und hast 2021 bei Ninja Warrior im Promi-Special mitgemacht...
... um beim RTL-Spendenmarathon Geld für Kinder zu sammeln. Ich war schon immer sportlich und bin seit meinem 18. Lebensjahr im Fitnessstudio. Ich wollte immer - wie einst Jane Fonda - vorne stehen und Menschen zum Mitmachen anspornen. Ich habe mehrere private Ausbildungen, bin im Mannheimer schwul-lesbischen Sportverein und habe 2018 meine staatliche Aerobic-Ausbildung gemacht. Und das macht sehr viel Spaß.
Dann kam 2022 unverhofft die Einladung nach Südafrika ins „Dschungelcamp“; der Königsklasse im Reality-TV, wo du den 3. Platz belegtest. Wie glaubst du, hast du die Herzen der Zuschauer erobert?
Ich glaube, die Leute liebten es, dass ich immer authentisch war; aber das ist halt meine Pfälzer Natur. Ich trage das Herz definitiv auf der Zunge. Ich hatte keine Lust auf Lästereien. Für mich war das Ganze wie eine Klassenfahrt, ich hatte vor nichts Angst. Jeder, der sich auf das Experiment „Dschungelcamp“ einlässt, weiß, was auf ihn zukommt und dass man da recht ausgefallene Essenprüfungen bestehen muss. Ich hatte Impala-Lunge und Schweinepenis auf meiner Speisekarte.
Da drängt sich die Frage auf: Wo liegt der Unterschied zwischen Schweinepenis und normalem Penis?
Der Schweinepenis war total kalt, die anderen sind wärmer und schmecken besser. :-)
Was hat sich seitdem in deinem Leben verändert?
Ich konnte gerade auf verschieden CSD-Demonstrationen wieder feststellen, dass mein Bekanntheitsgrad seitdem gestiegen ist und die Leute ausrasten, wenn sie mich sehen. Danach habe ich noch beim Promi-special „Hot oder Schrott – die Allestester“ gemacht und einen kurzen ARD-Beitrag über mein Leben. Derzeit stehe ich vor dem Mikrofon und der Kamera, für eine Single und das Musikvideo, welche voraussichtlich Mitte August erscheinen. Ich bin gespannt, wo mich die Reise noch hinführt.
Du hast schon als Ministrant Fummel getragen; du bezeichnest dich aber in deiner Person als Lafayette Diamond nicht als Dragqueen, sondern als Crossdresser. Wo liegen die Unterschiede?
Dem Namen nach „Drag“ - was ja „Dressed rughly as girl“ bedeutet - gehöre ich schon dazu, aber ich bin keine Queen. Lafayette Diamond ist eine männliche Kunstfigur, die lediglich weibliche Attribute integriert - wie High Heels und Make up - die sich aber nicht so aufwendig schminkt wie eine Queen. Ich brande mich als Crossdresser.
In deinen Rollen als Aerobic-Trainer und als Lafayette Diamond warst du im Schauspiel „body*“ und in „Madame Butterfly“ warst du ein Ladyboy. Du machst so viel, was liegt dir denn gar nicht?
Ich mag keine dummen Menschen, da werde ich pissig; ich kann damit nicht umgehen. Wenn ich Leute sehe, die strohdumm sind, geht mir die Hutschnur ab. Man kann doch auch Trash-Formate mitmachen und zeigen, dass man intelligent ist.
Welches Format - und welcher Promi - würde dich noch reizen?
Ich würde total gerne bei „Let‘s Dance“ mitmachen. Auch „Promi Big Brother“ würde mir gefallen. Da ist man auch 24/7 in einem Gefängnis, nur nicht wie im Dschungel in der freien Natur, sondern in einem Haus und je nach Glück im angenehmen oder im unangenehmeren Bereich. Ich bin für Games-Show zu begeistern und wenn es mit meiner Single klappt, würde ich mich über eine Einladung in den Fernsehgarten oder bei Florian Silbereisen freuen. Und ich bin ein großer Fan von Markus Lanz.
Du kämpfst als Aktivist für Respekt, Toleranz und Wertschätzung, wodurch ist dein Engagement entstanden?
Mit meiner Person als Lafayette Diamond habe ich 2013 angefangen, einfach, weil es mir Spaß gemacht hat. Nach einer Partnerschaft, in der mir die Bestätigung gefehlt hat, habe ich mir diese außerhalb der Beziehung gesucht. Wenn man dazu beitragen kann, etwas für die Community zu tun, ist das toll. Darüber wurde ich mir aber erst mit der Zeit bewusst.
Was würdest du selbst gerne an der Community verändern?
Was mich stört, dass einige homosexuelle Männer in ihrem Aussehen heterosexuell wirken möchten, damit sie mit der schwulen Szene nicht assoziiert werden. Das ist ein Bild, wo sich der Kreis für mich nicht schließt. Wir müssen an der Akzeptanz in den eigenen Reihen arbeiten. Es sind oft die, die selbst nicht zu sich stehen, die mich niedermachen, weil sie alles was feminin, Drag, Kunst oder queer ist, nicht akzeptieren. Das finde ich nicht in Ordnung. Ich würde mir für die Community wünschen, dass man viel öfter hinter die Fassade eines Menschen schaut und nicht nur nach dem Äußeren urteilt. Es gibt so viele tolle Menschen - auch außerhalb des „Beuteschemas“ - die es lohnt kennenzulernen. Vielleicht „vibet“ es für die Liebe auf den zweiten Blick.
Wie gehst du mit Hass im Internet um?
Das interessiert mich eigentlich nicht. Ich lese zwar jeden Kommentar, aber ich habe ein breites Kreuz und da prallt alles ab. Die, welche negative Stimmung verbreiten, sind doch arme Würstchen.
Früher gab es eine Szene, heute gibt es das halbe Alphabet?
Es gibt die queere Szene und wenn sich daraus andere Formen von Gender ergeben, haben die durchaus ihre Daseinsberechtigung und können sich gern in die LGBTQIA* einreihen. Mich stören weitere Buchstaben gar nicht, solange sich alle, die sich unter diesem Label zusammentun, nicht gegenseitig bekriegen.
Dein Wunsch für die Zukunft?
Ich bin angekommen im Leben, aber ein Wunsch für meine Zukunft ist, einen tollen Mann und Partner an meiner Seite zu haben. Ich habe da ein Bild vor Augen: groß, schlank, durchtrainiert. Er sollte auf sein Äußeres Wert legen: Ich gebe auf mich acht, das sollte mein Partner ebenso tun.
Welche Frage würdest du dir noch stellen, wenn du dich selbst interviewen würdest?
Die Frage hat mir auch noch niemand gestellt. :-) Ich würde mich fragen: Bin ich glücklich?
Und?
Ja, ich bin momentan völlig glücklich und mit mir im Reinen. Ich darf so viele schöne Dinge erleben, die ich unbedingt mit jemanden teilen möchte, damit sie noch intensiver werden.