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Leserumfrage: Eurovision Song Contest // © instagram.com/eurovision
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Leserumfrage Eurovision Song Contest

vvg - 11.05.2019 - 07:00 Uhr

Ich bin in Istanbul aufgewachsen und lebe seit 24 Jahren in Deutschland. Mich verbindet mit dem ESC-Gesanges-Event etwas ganz Besonderes. Als ich hörte, dass Lena 2011 in Düsseldorf antritt, habe ich das Konzept „Kids Vision Song Contest“ entworfen. Es gibt seit 2003 im Rahmen des ESC den „Junior vision Song contest“ für Jugendliche. Ähnliches wollten wir mit Kindern bis 14 Jahren machen. Da war Lena, als Siegerin vom Vorjahr natürlich für die Kids eine ungeheure Motivatorin. Mit einem Verein, dessen Vorsitzender ich bis im letzten Jahr war, haben wir Kinder mit Migrationshintergrund aus 25 verschiedenen Ländern gesucht, die in NRW leben. Jedes Kind vertrat sein Land musikalisch. Wir als Verein haben es den Kindern überlassen, ob es in Deutsch oder in seiner Muttersprache singen möchte. Den damaligen Düsseldorfer Oberbürgermeister Dirk Elbers konnten wir als Schirmherren gewinnen. Das Finale fand im Stahlwerk in Düsseldorf statt. Es war eine tolle Veranstaltung im Rahmen des ESC. Die meisten Kids entschieden sich übrigens für deutsch. Davor konnte ich mich für den ESC schon begeistern. Seit 1975 war die Türkei erstmals beim ESC dabei, auch wenn sie mit Semiha Yanki bei ihrer ersten Teilnahme nur den letzten Platz belegten. Wir hatten unglaublich viel Spaß vor dem Fernseher. Aber einmal hat die Türkei 2001 mit „Everyway That I Can“ gesungen von „Sertab Erener“ auch gewonnen. 2014 ging dann noch ein Wunsch in Erfüllung. Ein Freund lud mich auf eine ESC-Party ein. Das war so unglaublich authentisch. Auf der anschließenden Party wurden dann alle Siegertitel von Anbeginn gefeiert. Wenn mir beim ESC ein Song gefällt, liegt es nicht daran, aus welchem Land der Beitrag kommt, sondern ich überlasse die Entscheidung meinem Herzen. Ansonsten wäre das auch schwierig, denn großmütterlicherseits stecken byzantinische Wurzeln in mir und die Wurzeln meines Vaters kommen aus der Türkei und Griechenland. Und ich selbst lebe seit 25 Jahren in Düsseldorf.
Aytunc Sular, Choreograph

Ich bin schon seit 1982 ein ESC-Fan, dem Jahr, als Nicole mit ihrem Lied „Ein bisschen Frieden“ im englischen Harrogate für Deutschland zum ersten Mal siegte. Zwei Jahre später in Luxemburg hießen die Gewinner Per, Louis und Richard Herrey, drei Brüder aus Schweden, die mit ihrem Song „Diggi-Loo Diggi Ley“ und der Textzeile „When I’m walking in my golden shoes, I danced in the street“ mein Herz eroberten. Ich bin eh’ jemand, der Uptempo-Nummern liebt; ich möchte von der Couch hochspringen und mittanzen. Seitdem schaue ich den ESC regelmäßig. Persönlich war ich bei Vorentscheidungen in Köln und Berlin dabei und 2010 in Düsseldorf, wo Lena nach ihrem Erfolg mit „Satellite“ vom Vorjahr mit „Taken by a stranger" den Titel verteidigen wollte. Was nicht klappte, denn es siegte Aserbaidschan mit dem Lied „Running Scared“, aber Lena kam immerhin auf Platz 10.
Ich schaue mir das Spektakel in der Regel mit meinem Mann und Freunden bei uns zu Hause an. Mein Mann ist ein noch größerer Fan als ich, der schmückt dafür die komplette Wohnung. Wir hängen alle Fahnen der teilnehmenden Länder auf und ich habe eine Zeitlang sogar Süßspeisen vorbereitet, die aus den Ländern kamen, die ich am besten fand.
In diesem Jahr war ich leider beim Vorentscheid für „Unser Lied für Israel“ nicht live dabei, weil ich in meinem Heimatdorf Jettenbach Sitzungspräsident bei der Pfälzer Fastnacht war und vorher Texte für die Prunksitzung geschrieben hatte. Mittlerweile kenne ich natürlich den deutschen Beitrag: „Sister“ von S!sters. Das Lied ist ganz okay; allerdings finde ich die blonde Sängerin noch sehr kindlich, mit ihr sollte man vorher noch etwas arbeiten. Von den Beiträgen der anderen Ländern finde ich aus Tschechien den Song „Friend of a Friend“ oder aus der Schweiz den Song „She Got Me“ toll. Mein Geheimtipp könnte aber auch das Lied aus Italien von Mahmood sein.
Christian aus Berlin

Schon als Kind habe ich mit Eltern und unseren internationalen Nachbarn den ESC angeschaut, jede Familie hat für ihr Land mitgefiebert. Seit 2013 ist die Türkei nicht mehr dabei, obwohl Sertab Erener 2003 in Riga mit „Everyway that I can“ sogar für uns den Sieg holte. Türken sind große ESC-Fans, man sieht auch heute noch im TV immer viele türkische Fahnen. Als Zuschauer war ich 2011 in Düsseldorf dabei. Ein Jahr nach Conchitas Sieg in Kopenhagen war ich 2015 in Wien, als sie dort den Green Room moderierte. 2016 in Stockholm hatte ich als Conchita 4711 die Ehre, im Europe-Camp auftreten zu dürfen. Alle wollten ein Foto mit mir, selbst der österreichische Moderator und die schwedische Sozialministerin sprachen mich an und verwechselten mich mit der echten Conchita.
Nach Tel Aviv werde ich dieses Jahr nicht fahren, ich war schon einige Male in Israel, wurde wegen meines moslemischen Hintergrund jedes Mal stark kontrolliert und musste mich bei der Ausreise bis auf die Unterhose ausziehen. Ich bin gespannt, wie der Event abläuft, weil der ESC von Israels Seite sehr politisiert wird. Es werden immer mehr Stimmen laut, ihn zu boykottieren. Etliche Künstler und Künstlerinnen aus Schweden haben das schon gemacht, weil der ESC dazu ausgenutzt wird, pro-israelische Politik zu betreiben.
Beim deutschen Vorentscheid hätte meiner Meinung nach Makeda die Chance verdient; sie hat die bestausgebildetste Stimme. An so einem historischen Ort - mit deutscher Vorgeschichte - hätte ihr Lied „The day I loved you most“ besser gepaßt. Sisters mit „Sisters“ werden nicht gut abschneiden, eine Dunkelhaarige und eine Blonde finde ich, sind ein typischer ESC-Abklatsch und für mich echt Klischee. Gute Chancen hat Mahmood mit „Soldi“ aus Italien. Den offen schwul lebenden Franzosen Bilal Hassani mit „Roi“ finde ich okay, aber ich denke nicht, dass er vergleichbar mit Conchita im Jahr 2014 Unterstützung als politisches Statement bekommt.
Conchita 4711, international erfolgreichstes Double von Conchita

Den ESC habe ich schon als Kind angesehen, damals war ich von France Gall begeistert, die – ich glaube es war 1965- mit „Poupèe de cire, poupèe de son“ gewann. Und natürlich erinnere ich mich an Nicole, die 1982 mit „Ein bisschen Frieden" zum ersten Mal den Sieg nach Deutschland holte, obwohl ich nie ein Fan von Ralph Siegel und Nicole war. Richtiger ESC-Fan bin ich durch meinem Ex-Freund Tracy geworden, einem echten Die-Hard-Fan. Zusammen waren wir 2010 in Oslo, als Lena mit „Satellite“ gewann. Auch beim Versuch ihren Titel zu verteidigen, waren wir ein Jahr später in Düsseldorf dabei. Sie landete auf Platz 10, den Sieg holten sich Ell & Nikki mit „Running Scared“. Auch für die schlecht vorbereitete Veranstaltung und Organisation konnte Germany keinen Blumentopf gewinnen. 2013 waren wir in Malmö dabei, als Emmelie de Forest mit „Only Teardrops“ siegte - Deutschland landete mit Cascada auf Platz 21 - und 2014 in Kopenhagen, als Conchita gewann. Leider ist das alles schnell vergänglich, die Songs der teilnehmenden Ländern vergisst man schnell; bis auf das Siegerlied und persönliche Favoriten. Michael Schulte, der im letzten Jahr auf Platz 4 landete, fand ich gut, das war auch mein Favorit. Beim jetzigen Vorentscheid für „Unser Lied für Israel“ fand ich eigentlich Makeda geeigneter, als die beiden, die sich Schwestern nennen, aber keine sind. Ich fand, die S!ster sehr unprofessionell und überdreht.
Natürlich schaue ich mir das Finale am 18. Mai an und wie jedes Jahr genieße ich den Abend mit vielen Freunden auf einer Party bei mir zu Hause. Selbstverständlich ist dann auch mein Ex-Freund dabei. Der bringt jedes Jahr vorgefertigte Listen mit, auf denen die Besucher ihre Punktewertung eintragen können. Mal sehen, wie sich das Gewinnerlied durchsetzen kann. Lieder an die ich mich gerne erinnere: Conchita mit „Rise like a Phoenix“, Anouk mit „Birds“ (da hat die ganze Halle getobt) und - wie sollte es anders sein - Abba mit „Waterloo“.
HaJo aus Wolfenbüttel

ESC-Fan war ich schon länger, ESC-Hardcorefan bin ich seit 2002, als ich live bei der Ausscheidung in der estnischen Hauptstadt Tallinn dabei war. Ich hatte bei Jörg Pilawa’s „Das Quiz“ im Internet mitgemacht und zwei ESC-Karten gewonnen. Damals belegte Deutschland mit Corinna May und dem Lied „I can't live without music“ leider den viertletzten Platz; Siegerin wurde Marie N. mit „I wanna“. Übrigens auf Platz 13 landete Belgien mit dem Titel „Sister“. Das fiel mir jetzt beim Vorentscheid ein, denn gerade wurde entschieden, das Sisters mit ihrem Song „Sister“ für Deutschland in Israel an den Start gehen. Ich war erstaunt, mir kam das ein bisschen so vor, als habe ihr Song schon von Anfang an als das Gewinnerlied festgestanden. Große Chancen gebe ich den beiden nicht, aber ich muss gestehen, ich hatte Michael Schulte im letzten Jahr auch nicht auf dem Schirm. Vielleicht, weil wir in den letzten Jahren immer unter „ferner liefen“ abgeschnitten hatten. Ich habe auch nicht verstanden, warum 20 Vertreter anderer Länder für uns ein Lied durch Stimmabgabe voten, das sind doch unsere Konkurrenten. Suchen die tatsächlich ein Lied, dass ihrem Land gefährlich werden könnte?
Leider war mein erstes auch das einzigste Live-Erlebnis. Ich weiß andere Jungs sind jährlich dabei, wo immer auch der ESC stattfindet. Das Spektakel fällt meist zeitgleich mit dem CSD in Las Palomas zusammen. Da ich auf Gran Canaria die La-La-Bar betreibe, habe ich zu der Zeit voll zu tun, denn an den Abenden geht echt die Post ab. Gerade Schwule lieben ja diesen Schlagerwettbewerb, da steigt mit viel Stimmung, guter Laune und lautem Gesang eine grandiose Party. Ich werde natürlich an dem Abend auch „Daumen drücken" und da ich zwei habe, drücke ich den einen für mein Heimatland Deutschland und den anderen für das Land, in dem ich jetzt lebe: Spanien. Ob es nützt? Ich bin gespannt, wer das Rennen macht.
Oliver aus Gran Canaria

Schon als kleiner Bub war ich ein ESC-Fan. Ich saß mit meinem Kasettenrecorder vor dem Fernseher und habe die Lieder aufgenommen; damals hieß das noch „Grandprix de Eurovision de la Chanson“. Ich kann mich noch gut an den deutschen Beitrag „Dschinghis Khan“ aus dem Jahr 1979 erinnern. Leider habe ich es bisher noch nicht geschafft, einmal live bei einem ESC-Event dabei zu sein, es steht aber ganz oben auf meiner Wunschliste. Bisher habe ich den Abend meist bei Freunden gefeiert, die eine ESC-Party organisiert hatten. Ich glaube, dass besonders schwule Männer ESC-süchtig sind, da sie eine besondere Affinität zu guter Musik und ausgefallenen Shows haben. Es geht beim ESC um Vielfalt und Toleranz und auch darum eine gute Party zu feiern. Der besondere Reiz dieser Veranstaltung liegt im friedlichen Miteinander von Menschen aus ganz Europa oder sogar der ganzen Welt, denn seit Australien mit dabei ist, lieben auch viele meiner Freunde aus Australien diesen Event.
Die Show zum diesjährigen Vorentscheid habe ich am Fernseher verfolgt. Ich finde, wir hatten schon schlechtere Songs. Wenn wir mit S!sters wieder unter die Top 5 kämen, fände ich das Klasse. Nur das Auswahlverfahren zum Siegertitel gefällt mir nicht. Ich bin ein Fan vom Telefonvoting. Die breite Masse sollte entscheiden. Die Expertenjury wählte dieses Jahr komplett anders als das Publikum. Ich frag mich immer, ob da nicht manchmal auch Taktik oder Kalkül hinter steckt.
Dass andere Länder „Unser Lied für Israel“ bewerten sehe ich weniger als Konkurrenz. Beim Finale in Israel stimmen ja auch die anderen Länder über unseren Beitrag ab. Von daher finde ich es nicht schlecht, hier einen „Gradmesser“ zu haben.
Ich habe auch schon in einige Lieder anderer Länder reingehört. Mein Mitfavorit ist Roko aus Kroatien, er hat eine tolle Stimme. Das Kostüm könnte ich mir aber eher als mein Karnevalskostüm 2020 in Kölle vorstellen.
Stephan aus Stuttgart

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