Knacki Deuser im Interview Mitbegründer der Deutschen Comedyszene
Klaus Jürgen „Knacki“ Deuser gehört zu den Mitbegründern der Deutschen Comedyszene. Bekannt wurde er deutschlandweit mit seinem Format „Waschsalon“, in welchen er den erfolgreichen Beginn für die Karrieren der zweiten Generation der Comedy-Szene bereitete. Seit letztem Jahr steht er wieder mit einem Soloprogramm auf der Bühne.
Wenn man liest, was du alles kannst, stellt sich die Frage: Was kannst du eigentlich nicht?
Ich kann nur mittelmäßig kochen, das ist nicht unbedingt meine Kernkompetenz. Ich versuche es zwar immer wieder, aber es gibt Leute, die sind besser als ich. Ich esse aber sehr gerne. J
Was von alledem wolltest du schon als Kind machen?
Mein Berufswunsch in der Grundschule war Lehrer und Hilfs-Beatle. Später kamen als meine InteressShowbusiness und Sport hinzu, ich hab ja viele Jahre Leichtathletik gemacht. In meiner Familie hatte niemand etwas mit dem Show-Geschäft zu tun gehabt. Mir ist alles sehr einfach gefallen, egal ob das Sport, mein Studium oder Theater war. Irgendwann musste ich mich aber entscheiden, um wirklich gut zu werden. Ich finde, ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass man sich mit viel Leidenschaft und sehr harter Arbeit ein vernünftiges Leben aufbauen und seine Träume und Ziele erfüllen kann.
Du bist in Kaiserslautern geboren, in Koblenz aufgewachsen und lebst in Köln, selbst dein Künstlername fängt mit „K“ an. Wie ist der Name „Knacki“ entstanden?
Meine Schwester nannte mich immer Knacks, was ursprünglich aus einem Kinderreim stammte. Andere Kinder haben ein i drangehängt und dann hieß ich ein Leben lang Knacki. Irgendwann hat der Oberbürgermeister meine Eltern sogar mal mit Herr & Frau Knacki vorgestellt, weil er dachte, das wäre mein wirklicher Nachname.
Du hast 1983 mit Ralf Günther und Wolfgang Lüchtrath Deutschlands erste Comedy-Theater-Gruppe „Die Niegelungen“ gegründet. Ihr seid in elf Jahren 1.500 Mal aufgetreten. Was war der „schönste“ Moment und was ist dir „nie gelungen“?
Wir drei kannten uns von der Schule und sind da einfach so reingerutscht. Schön war‘s, weil das total unsere Erfüllung war, weil wir das machen konnten, was wir wollten. Nie gelungen ist, den letzten Schritt zu schaffen: Wir sollten eigentlich das Urensemble von „Samstag Nacht“ werden, man hat sich dann aber doch für Schauspieler entschieden. Wir waren geprägt von Monty Python, waren sehr visuell, absurd und total lustig. Aber im Fernsehen kam das nicht so rüber. In den 1980ern gab es ja mehrere Gruppen: die Shy Guys, die kleine Tierschau, aus der das Schmidt entstanden ist, die Berliner Preddy Show Company, das Frankfurter Fronttheater. Das waren alles alternative Ensemblegruppen. Im Grunde waren wir die jüngsten Vorfahren der Comedy-Szene.
Im Niebelungenlied ist Siegfried nur an einer lindenblatt-großen Stelle verwundbar. Was ist deine empfindliche Stelle?
Ich kann mich schnell über Sachen aufregen, die ich als ungerecht empfinde oder wenn ich das Gefühl habe, ich renne gegen eine Wand. Ich bin ja froh, nicht in Ländern zu leben, wo man ständig permanenter Ungerechtigkeit ausgeliefert ist und man nichts dagegen machen kann. Wenn ich sehe, wie die Mädchen im Nahen Osten behandelt werden, kommt mir die Galle hoch. Oder bei den Grenzstreitigkeiten in Israel und Palästina, wo man nichts dagegen machen kann, wenn einfach dein Haus weggebaggert wird. Da ist eine unfassbare Willkür im Spiel und Willkür ist so etwas, was mich sehr aufregt. Eine große Schwäche ist sicher auch, dass ich sehr impulsiv sein kann.
1993 warst du Teilnehmer der RTL-Show „Showmaster“. Was macht denn einen guten Showmaster aus?
Wenn er ein guter Gastgeber der eigenen Party ist. Wenn alles perfekt läuft, braucht dich kein Mensch; wenn es aber nicht läuft, fällt alles auf dich zurück. Du bist der Feuerlöscher und hast da zu sein, wenn es brennt. Ein guter Showmaster muss sich zurücknehmen, muss in sich ruhen. Stars sind immer nur die Künstler, was bei einigen Mastern schnell zu einem Egoproblem führen kann. Thomas Gottschalk war ein guter Showmaster, obwohl er am Ende ein bisschen zu selbstverliebt war und zu sehr der Star sein wollte. Aber mit seiner Grundsouveränität lief die Sendung. Zu einem Showmasterjob gehören Selbstbewusstsein und Sensibilität.
Ab 1995 hast du in TV-Filmen wie „Schlank bis in den Tod“, „Schwurgericht“ und „Ballermann“ gespielt. Was ist dir lieber: Bühne oder Kamera; live oder Konserve?
Ich trete unglaublich sehr gerne live vor das Publikum, das ist mein Kerngeschäft. Live und selber produzieren.
Wie lebst du zurzeit? Bist du Single oder hast du eine Beziehung?
Ich bin verheiratet und habe eine 15jährige Tochter.
Das heißt, du brauchst dich nicht um die alltäglichen Dinge wie Waschen und Bügeln zu kümmern. Wie kamst du denn darauf, im Jahr 2000 das Comedy-Projekt „NightWash“ zu gründen?
Ich saß in NY fest, kam nicht weg und da habe ich überlegt, was machst du noch im Leben? Was ich wollte, war auf der Bühne zu bleiben. Ich fand Comedy gut und stellte fest, dass es das zwar in Deutschland gibt, aber nicht so präsent wie in Amerika oder England. Da gibt es Stand-up-Clubs, wo sich mehrere Künstler am Abend ausprobieren. Ich überlegte, wie ich das starten könnte. Dazu musste ich das ganz junge Publikum mit Orten und Formaten ansprechen. Da habe ich Orte überlegt, wie eine Bushaltestelle, eine Metzgerei, die Drehtür eines großen Hotels und u.a. auch einen Waschsalon. Und es kam der Zufall zu Hilfe. Als ich in Chelsea war, sah ich in einem Waschsalon einen Lyriker, der Gedichte vortrug, den aber eigentlich alle peinlich fanden und dem niemand richtig zuhörte. Aber dieses Bild hat sich mir so eingeprägt, dass ich nun wusste, wo es stattfinden wird. Ich hatte „NightWash“ nur für zwei Termine geplant und dann ging das so ab. Da habe ich mich spontan entschlossen, weiter zu machen.
Weißt du denn überhaupt, wie man eine Waschmaschine programmiert?
Mittlerweile natürlich, aber ich bin früher viele Jahre immer zu meiner Mutter gefahren. J
Du hast mit „NightWash“ vielen Comedians ihre ersten Auftrittschancen geboten. Erinnerst du dich an die erfolgreichsten und bist du für deine Schützlinge eine Art Vorbild?
Ob ich ein Vorbild bin, kann ich selbst nicht beantworten, aber ich habe zu vielen Künstlern noch sehr guten Kontakt. Ich hatte in den ersten sechs Shows Leute wie Johann König, Mario Barth, Hennes Bender, Ausbilder Schmidt oder Marius Jung dabei. Ich war erstaunt und sagte mir, wenn ich jetzt schon so viele Talente habe, muss es doch noch viele andere in Deutschland geben. Da gab es so viele, die danach gegiert haben, durch Auftrittsmöglichkeiten Erfahrungen zu sammeln. Und es war mein großes Glück, dass ich eine Plattform gerade im richtigen Zeitpunkt anbieten konnte. Ich wollte ja früher mal Lehrer werden und so eine gewisse Form der Förderung fehlte in Deutschland. Wir haben hier oft nur ein nach unten Treten. Aber immer werden junge Leute nachwachsen, die besser sind. Das ist in jedem Beruf so. Man will doch in keiner Gesellschaft leben, die stehen bleibt. Da muss mich doch jemand überholen, das erwarte ich sogar, selbst wenn das im ersten Moment weh tut.
2003 und 2005 warst du Headcoach bei „Star Search“. Haben Castingkandidaten überhaupt Chancen, einen Fuß in die reale Showwelt zu bekommen?
Ich weiß es nicht und bin hin- und hergerissen. Die erste Sendung war ganz gut im Comedybereich besetzt, da hatte ich auch viel Mitspracherecht und Ingo Oschmann ist ja heute noch bekannt. Bei der zweiten Staffel hat sich der Sender meiner Meinung nach zu sehr eingemischt, ohne wirklich Ahnung zu haben, das war keine gute Qualität mehr. Zurück zu anderen Castingshows. Es gibt so eine Faustregel: So schnell wie man aufsteigt, so schnell fällt man. Und das stimmt. Wenn man langsam wächst, baut man sich ein Netzwerk auf aus Freunden, Bekannten, das einem lange Zeit Unterstützung gibt. Geht das zu schnell, bist du oben ganz allein und niemand hält dich. Es ist doch auch bezeichnend, das international nicht die Sieger bekannt werden, sondern schwächer Platzierte, wie Olli Murs zum Beispiel. In solchen Sendungen interessiert die Quote mehr als die Künstler. Froh bin ich, dass es da einen Dieter Bohlen gibt, der den jungen Leuten ehrlich gegenübertritt und ihnen sagt, woran sie sind.
Im April 2013 lief nach zwölf Jahren deine letzte „NightWash“ Sendung. Sie wurde vom jüngeren Luke Mockridge übernommen. Kommt da der Hollywood-Effekt hoch: Wenn man alt wird, muss man Jüngeren Platz machen?
Ja, natürlich, ich habe das insgesamt 13 Jahre lang gemacht; davon zwölf Jahre im TV. Wir waren zuerst im WDR, wo man mich total hat machen lassen. Diese Freiheit hat dafür gesorgt, dass ich die ganz großen Leute gefunden habe. Danach saßen wir bei EinsFestival, und je kleiner ein Sender wird, desto mehr Leute reden rein. Das war ein enormer Druck und ich musste um jeden Künstler kämpfen. Irgendwann fiel der Satz „Der hat ja Falten.“. Darauf hatte ich dann keinen Bock mehr. Natürlich bin ich auch ein Ästhet, aber in diesem Fall ist doch viel wichtiger, dass er lustig ist. Diese Entscheidung wollte ich treffen. Mehr Erfahrung als ich hat kaum jemand in Deutschland; da kommt lediglich noch Thomas Herrmanns dran. Mir war klar, dass man auch Mal was beenden muss. Ich habe noch geholfen, einen Nachfolger zu finden und habe mit Luke einen jungen engagierten Newcomer gefunden, damit das eine komplett neue Note ist. Ich halte auch weiterhin schützend meine Hand darüber, weil es ja schließlich mein „Baby“ ist, aber ich musste die Sache beenden, um etwas Neues für mich zu beginnen.
Wärst du heute gerne noch einmal jünger?
Wenn ich manchmal morgens aufstehe und merke, dass die Achillessehne oder das Knie schmerzt, hätte ich schon nichts dagegen, zehn oder 15 Jahre jünger zu sein. J Ansonsten bin ich total zufrieden. Ich mache mir aber heute viel mehr Sorgen als früher; wenn ich mir also etwas zurückwünschen könnte, wäre das eine gewisse Grundlässigkeit.
Zwei deiner Tour-Titel hießen „Mist, mir geht‘s gut“ (2009) und „Deuser steht auf“ (2006). Was ärgert dich und was bringt dich wieder auf Trab?
Ich bin ein kleiner Perfektionist, der sich ärgert, wenn er etwas nicht so hinkriegt, wie er es gerne hätte. Wenn ich dann mal Luft ablassen muss, treibe ich Sport, lese viel oder gehe in meinen Garten, wo ich mich austoben kann. Und in meinem Garten blüht es wirklich immer an irgendeiner Stelle; ich liebe Blumen und Farben.
Wie passen die Themen Homosexualität und Comedy zusammen?
Vor ca. 15 Jahren war das noch ein echtes Thema: Es gab Comedians, die haben ihre Homosexualität auf der Bühne zum Thema gemacht. Ich fand das okay, aber für mich war das nicht wichtig. Du musst nur den Job machen, das Publikum zu unterhalten, und dabei ist es völlig egal, ob man grün, schwarz oder schwul ist. Man kann es zum Thema machen, aber man muss es so bringen, dass man darüber lachen kann. Jeder Entertainer erzählt ja aus seiner Erfahrungswelt und das muss so geschehen, dass er die Leute packen kann. Zum Beispiel diese Diskussion um Thomas Hitzlsperger: Ich finde es gut, dass er sich geoutet hat. Aber ich finde es erstaunlich, wie viele Überschriften er dafür bekommt und wie viel darüber gesprochen wird. Das zeigt doch, dass man mit diesem Thema echt noch ein Problem hat. Ich denke, die Presse ist da viel bornierter, die meisten Menschen reagieren doch eher nach dem Prinzip „Na und?“, lediglich die Presse bauscht es auf.
Hat dich nie ein homosexueller Mann angemacht?
Doch, ich mochte meinen Englischlehrer, aber das war nach der Schulzeit. J Ich war auch sehr oft mit Jungs tanzen, was immer sehr spannend war, weil bei den Jungs die Post einfach besser abgeht. Aber zu weiterem ist es nie gekommen und ich wusste immer, wann es Zeit zum Gehen war; Frauen waren mir dann doch wichtiger.
Was wäre, wenn dir deine Tochter gestehen würde, eine Frau zu lieben?
Ich kann das gar nicht genau und ehrlich beantworten. Pragmatisch wie ich bin, würde mir wahrscheinlich zuallererst der Gedanke kommen, wie das dann mit den Enkelkindern wäre. Aber letztendlich wäre es nicht schlimm; Kinder könnte man auch adoptieren.
Du gehst 2014 wieder auf Tour. Was steht an?
"Nicht jammern – klatschen“ ist der Titel meines aktuellen Programms, mit dem ich im Frühjahr und Herbst auf Tour sein werde. Leute, die es schon gesehen haben, sagen: „Bow, eh – das ist total lustig!“ und ich kann auch nur sagen: Schaut es euch an – Lachen ist live. Es ist für mich wichtig, dass man mich nicht nur als Moderator kennt. Termine findet man unter www.knacki-deuser.de und auf Facebook. Da gibt es auch eine Videokolumne, wer das mag.