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KLuST Was ist los mit dem Kölner CSD?

vvg - 04.02.2017 - 10:00 Uhr

Im Dezember gab es eine außerordentliche öffentliche Mitgliederversammlung des Kölner Lesben- und Schwulen-Tag e.V. (KLuST). Der KLuST organisiert seit 1991 den Cologne Pride und hat knapp 300 Mitglieder. Fünf ehrenamtliche VorständlerInnen, ein Team Ehrenamtler und ein hauptamtlich Beschäftigter arbeiten ganzjährig für den Verein. Das Jahresbudget lag 2015 bei rund 170.000 Euro. In der öffentlichen Presse wurde über Misswirtschaft des ehrenamtlichen Vorstandes geschrieben, und die Angst geschürt, dass es 2017 vielleicht keinen CSD in der Domstadt gibt. Seitdem gehen die schlimmsten Gerüchte durch die Szene. Wir wollen klarstellen, wie es wirklich aussieht. Wir sprachen mit Markus Danuser, Mitglied im Lenkungsteam und langjähriges Vorstandsmitglied.

In Köln brodeln die Gerüchte, was ist die Ursache?
Gerüchte beruhen ja meist weniger auf Tatsachen, sondern auf Vermutungen, eigenen Erfahrungen und Wertungen. Manchmal werden sie auch gestreut oder verstärkt, um verborgene Interessen zu befördern. Im Falle des KLuST ist es aber tatsächlich so, dass da im letzten Jahr zehntausende Euro durch den Schornstein gegangen sind, die besser auf dem Vereinskonto geblieben wären.

Die gute Nachricht dabei: der CSD 2017 mit Straßenfest, Parade und zweiwöchigem Rahmenprogramm wird stattfinden, Köln wird Anfang Juli wieder die Vielfalt und Stärke der Community feiern.

Wie kam es zu der finanziellen Schieflage, gibt es schon erste Erkenntnisse?
Für endgültige Aussagen ist es noch zu früh, aber es zeichnen sich zwei Hauptursachen ab. Zum einen gab es offenbar kein echtes Controlling, also keine regelmäßig überprüfte Finanzplanung. Und dann wurden wohl auch Budgets deutlich überzogen, also zu viele Ausgaben produziert, ein großer Brocken scheint hier das Bühnenprogramm zu sein.

Hinweise auf kriminelle Selbstbedienung, wie sie immer wieder kolportiert werden, haben sich hingegen bisher nicht verdichtet, eine Räuberpistole dürfte aus der KLuST-Krise also eher nicht werden.

Besteht die Gefahr einer Insolvenz des KLuST?
Es ist Aufgabe des amtierenden Vorstands, diese Frage zu beurteilen und nötigenfalls die Konsequenzen aus der Antwort zu ziehen. Nach der jetzigen Einschätzung des Lenkungsteams steht eine Insolvenz durchaus als Möglichkeit im Raum. Ob sie Realität wird, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, ob die Gläubiger des KLuST bereit sind, ihre behaupteten Forderungen gegenüber dem Verein zu reduzieren.   

Wie geht man die Probleme an?
Der Vorstand stellt sich seiner Verantwortung und arbeitet die Fehler der Vergangenheit auf. Dazu gehört die Sichtung von Unterlagen, die Aufarbeitung von Prozessen, die im letzten Jahr teilweise einfach durchgerauscht sind, und die Bewertung von Forderungen und Verbindlichkeiten des Vereins. Das sind keine vergnügungssteuerpflichtigen Aufgaben, und daher habe ich hohen Respekt vor den vier derzeit agierenden Menschen, die das ja immer noch ehrenamtlich und in ihrer Freizeit machen.  

Du bist jetzt in einem sogenannten Lenkungsteam. Wer ist da noch drin und was sind eure Aufgaben?
Beate Killing als Verwaltungsleiterin der Aidshilfe Köln ist noch dabei, dann Patrik Maas, der Geschäftsführer der Aidshilfe NRW mit jahrzehntelanger Erfahrung in verschiedenen Community-Funktionen, und Matthias Eiting, der als Szene-Gastronom und schwuler Unternehmer super vernetzt ist und früher einige Jahre mit mir im KLuST-Vorstand saß.

Wir haben von der Mitgliederversammlung und vom Vorstand ein zweiteiliges Mandat bekommen. Erstens sollen wir notwendige Verhandlungen zur Sicherstellung der erfolgreichen Durchführung des CSD 2017 mit bestehenden oder potentiellen Vertragspartnern sowie allen relevanten politischen und gesellschaftlichen Akteuren führen. Zweitens sollen wir Vorschläge für eine Optimierung der Vereinsstruktur und die Positionierung des KLuST innerhalb der Kölner LGBTI-Community machen.

Aktuell führen wir zum Beispiel Gespräche mit den Firmen, die mit der Organisation des Straßenfestes und der Gewinnung von Sponsoren beauftragt sind, zugleich bemühen wir uns, mit anderen Vereinen, Institutionen oder engagierten Einzelpersonen ins Gespräch zu kommen und um Unterstützung für die Konsolidierung und vielleicht auch Neuausrichtung des CSD Köln zu werben.

Seid ihr dem Vorstand ein "übergeordnetes" Gremium?
Wir stehen weder über, noch unter dem Vorstand. Uns ist ganz wichtig, dass unser Mandat sich direkt aus einem Votum der Mitgliederversammlung ableitet, dort hinein werden wir auch über unsere Arbeit berichten und Vorschläge unterbreiten, über die dann abgestimmt werden kann. Eine gewisse Distanz zum Vorstand ist notwendig, um glaubwürdig eine Zukunftsperspektive entwickeln zu können. Zugleich sind wir auf Informationen angewiesen, die nur der Vorstand liefern kann.

Was kann die Szene selbst dafür tun, dass auch 2017 der Kölner CSD wieder zu einem Event der Superlative wird?
Ob es nach einer solchen Krise gleich wieder ein CSD der Superlative sein muss, weiß ich gar nicht. Größe ist nicht so entscheidend wie Qualität, und da kann die gesamte Community jede Menge tun. Eine inhaltliche Veranstaltung in das zweiwöchige ColognePride-Rahmenprogramm legen, einen Infostand auf dem Straßenfest betreiben und einen mottobezogen gestalteten Wagen zur Parade anmelden, sollte Standard für jeden Verein und jede Gruppe sein. Freunde aus anderen Ländern und Städten zum CSD Köln einzuladen und in den sozialen Netzwerken Werbung für die Veranstaltung zu machen, anstatt irgendwelche schrillen Gerüchte zu kommentieren, wäre genau so simpel wie wirkungsvoll, um den CSD zu stärken.

Der CSD Köln ist die Summe der Menschen und Initiativen, die als Teil einer vielfältigen Gemeinschaft Lust dazu haben, sich einmal im Jahr selbst zu feiern und damit zugleich der ganzen Welt Stolz und Stärke zu zeigen.

Besonders im Jahr einer Bundestagswahl, die von Megathemen dominiert wird, die weitab von LGBTI-Interessen liegen, ist so ein Signal wichtig, und daher sollte sich jede und jeder 2017 beim CSD Köln einbringen, KLuST-Krise hin oder her.

Du hast ganz am Anfang gesagt, der CSD 2017 wird stattfinden wie gewohnt, zugleich sprichst du von einer KLuST-Krise. Wie passt das zusammen?
Nochmal: der KLuST ist zwar ein wichtiger und traditionsreicher Verein, aber die Durchführung des CSD hängt nicht von seiner Existenz ab. Die Kölner Community ist so stark, diese Veranstaltung mit vereinten Kräften in jeder Lage erfolgreich durchzuführen. Als Lenkungsteam haben wir sofort und spontan zahlreiche Unterstützungsangebote bekommen, diese positive Energie gilt es jetzt zu nutzen und ins Werk zu setzen.   

Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit KLuST im Januar 2017 geführt.

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