Im Interview Cops 4 Colours
Marco ist Ansprechperson für LSBTI* bei der Polizei Hamburg. „Schwule Sau!“, „Scheiß Lesbe!“, „Du Schwuchtel!“, „Scheiß Transe!“. Ihr habt diese Begriffe schon einmal gehört? Genau an dieser Stelle fängt die Arbeit von Marco Burmester-Krüger und seiner Kollegin Christine Osbahr an. Um Vertrauen zu schaffen und zu verdeutlichen, dass die Polizei Hamburg für alle da ist, stehen zwei Ansprechpersonen für LSBTI* bereit. Marco hat sich Zeit genommen und mit uns über seine Arbeit bei der Polizei Hamburg zu reden.
Was genau ist deine Aufgabe als Ansprechperson für LSBTI*?
Wir haben einen sehr großen Aufgabenbereich, das fängt bei Community-Netzwerk-Arbeit an und hört bei der Aufnahme von Strafanzeigen auf. Wir führen vertrauensbildende Maßnahmen in der Community durch und wollen uns durch eine Pro-aktive Kontaktaufnahme bekannt machen. Wir zeigen, dass wir von der Polizei da und ansprechbar sind, wenn irgendetwas vorgefallen ist. Außerdem führen wir Beratungsgespräche durch, vermitteln an Hilfsorganisationen und nehmen Strafanzeigen auf.
Wie sieht dein typischer Arbeits-Alltag aus?
Das kommt immer darauf an, was gerade so anfällt. Wenn ich einen „normalen Bürotag“ habe, trinke ich erstmal meinen Kaffee und gehe dann das Postfach durch. Wir arbeiten sehr viel mit dem Medium E-Mail und sind somit auch jeder Zeit unter LSBTI@polizei.hamburg.de erreichbar. Per E-Mail bekommen wir alle möglichen An- und Nachfragen. Es werden aber auch Sachverhalte angezeigt. Diese werden von mir beantwortet und weiterbearbeitet. Dann schaue ich in den Medien nach, ob etwas für meinen Aufgabenbereich relevantes vorgefallen ist. Außerdem nehme ich an regelmäßigen Besprechungen teil. Ich gehöre auch zum Team für Kriminalprävention und des Opferschutzes im Landeskriminalamtes Hamburg. Dazu kommen Pressetermine , Beratungsgespräche oder die Betreuung von Zeugen und Opfern. Des Weiteren gebe ich Dienstunterrichte an Polizeidienststellen, an der Polizeiakademie und besuche Hilfsorganisationen, bei denen ich mich und meine Arbeit vorstelle. All das mache ich zusammen mit meiner Kollegin Christine Osbahr.
Seit wann gibt es überhaupt einen Ansprechpartner für LSBTI* bei der Polizei?
Seit 1996 gibt es Ansprechpersonen bei der Polizei Hamburg. Dieser Aufgabenbereich steckte damals aber noch in den Kinderschuhen. Das Konzept wurde mehrmals modifiziert. Zunächst gab es Polizist*innen, die die Aufgabe im Nebenamt ausgeführt haben und seit dem 01. Juni 2016 gibt es zwei hauptamtliche Ansprechpersonen, die im Landeskriminalamt Fachstab 32 für Kriminalprävention und Opferschutz organisatorisch angebunden sind.
Was hast du vorher gemacht?
Ich habe 1997 bei der Polizei angefangen, im Februar werden das somit 22 Jahre. Damals habe ich an der damaligen Landespolizeischule meine Ausbildung gemacht. Danach war ich bei der Bereitschaftspolizei, am PK 15, also an der Davidwache und letztlich am PK 44 in Wilhelmsburg. Ab 2006 habe ich mein Studium absolviert und die Laufbahn des gehobenen Dienstes eingeschlagen Anschließend habe ich viele Jahre in Harburg am PK 46 und erneut bei der Bereitschaftspolizei gearbeitet bis ich mich auf die Stelle als Ansprechpartner für LSBTI* beworben habe.
Kann man sagen, dass die Community Angst hat, mit „normalen“ Polizeibeamten zu reden oder warum gibt es dein Amt?
Es gibt Studien darüber, dass es ein sehr großes Dunkelfeld gibt im Zusammenhang mit Straftaten homophoben bzw. transphoben Hintergrund., Die Frage ist hierbei ist: Warum werden diese nur selten angezeigt? Eine Vermutung ist, dass es möglicherweise Vorbehalte gegenüber der Polizei gibt und dass sich viele nicht trauen, Anzeige zu erstatten. Vielleicht mögen Menschen einfach nicht an einer beliebigen Polizeidienststelle äußern, dass sie Trans*, inter, lesbisch, bi oder schwul sind. Sie haben vielleicht Angst, dass sie nicht ernst genommen werden, oder sogar ins Lächerliche gezogen werden könnten.
Um diese Vorbehalte abzubauen, gibt es Ansprechpersonen für LSBTI*. Ich lebe ja zum Beispiel auch offen schwul. Vielleicht schafft das eine bessere Vertrauensbasis. Das ein oder andere, was der junge Mann, die junge Frau dann erlebt hat, das hat man eventuell auch selbst schon mal erlebt. Man kann sich mit seinem Anliegen aber natürlich jederzeit auch an jeden anderen Polizeibeamten wenden. Das sollte kein Ausschlusskriterium sein!
Ihr seid ja zu zweit. Kann man jetzt sagen, dass du für die Schwulen zuständig bist und Christine dann für die Lesben?
Nein, wir sind ja Ansprechpersonen für den gesamten Bereich LSTBI*. Wir sind jetzt neu in der Besetzung, sodass wir eine Kollegin und einen Kollegen haben.
Hattest du auch selbst ein wenig Angst dich zu outen, als du bei der Polizei begonnen hast?
Ich war gerade 17 Jahre alt, als ich bei der Polizei angefangen habe und habe mir das ganze auch erstmal angeschaut, um es mal ganz salopp zu sagen. Wenn man gerade für sich selbst mit dem Outing durch ist, fragt man sich schon, wie das bei einem Beruf ankommt, der ja auch Medien zufolge vorbehaltlich eine „Männerdomäne“ ist oder wo nur „harte Kerle“ arbeiten. Nachdem ich festgestellt habe, dass man sich auch in diesem Beruf offen zu seiner Sexualität bekennen kann, habe ich das auch getan. Ich habe hier wirklich noch nie negative Erfahrungen gemacht.
Mit welchen Straftaten hast du es zu tun, wenn es dazu kommt?
Es gibt Beleidigungen, Nötigungen und Körperverletzungsdelikte. Das sind die häufigsten Anzeigen. Ansonsten kommt es auch mal zum Diebstahl im Stricher-Milieu.
Was muss sich deine Meinung nach noch verändern, damit deine Stelle vielleicht irgendwann nicht mehr nötig sein wird?
Dass wir alle offen und vorurteilsfrei miteinander umgehen. Dahingehend versuchen wir von der Polizei auch unsere Mitarbeiter*innen zu sensibilisieren. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass man uns als Polizeibeamte vielleicht auch erstmal offen
und vorurteilsfrei begegnen sollte. Doch bis meine Stelle nicht mehr benötigt wird, könnte es noch eine Zeit lang dauern. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe!
Möchtest du den Lesern noch etwas sagen?
Ja, wenn es zu einer Straftat oder ähnlichem gekommen ist, soll man bitte keine Angst haben, zur Polizei zu gehen. Wenn es einen akuten Anlass gibt, dann bitte immer die 110 anrufen. Wenn man angegangen wird, dann sollte man sich aus der Gefahrensituation herausbegeben, auf sich aufmerksam machen und auch andere Personen um Hilfe bitten. Die Polizei wird auch wirklich kommen und helfen. Wenn etwas passiert ist, dass ihr anzeigen möchtet, könnt ihr gerne zu uns kommen. Wir sind für alle da. Am wichtigsten ist: Keine Angst vor der Polizei haben.