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John Riot

Im Interview John Riot

id - 03.09.2019 - 07:00 Uhr

John Riot (26) nahm 2016 an der Casting-Show „The Voice of Germany“ teil, schaffte es allerdings nicht durch die Blind Audiditions. Dennoch hat er seinen Traum von der Musik weitergelebt und Songs veröffentlicht. SCHWULISSIMO traf sich mit ihm auf ein Gespräch über seine Musik, sein Schwulsein und die Unterstützung der LGBTI*-Community.  

John, 2016 hast du an der sechsten Staffel von „The Voice of Germany“ teilgenommen. Doch leider hat sich keiner der Juroren wie Samu Haber, Yvonne Catterfeld, Andreas Burani oder der beiden Fantas umgedreht. Was war das für dich für ein Gefühl?
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht enttäuscht war. Dennoch war ich absolut zufrieden mit meiner Leistung und dem Auftritt. Ich bin zum Casting von „The Voice of Germany“ ohne jegliche Erwartungshaltung und hätte niemals damit gerechnet, es überhaupt in die Blind Auditions zu schaffen – das war für mich wie ein kleiner Ritterschlag, auch wenn es dann nicht für die nächste Runde gereicht hat. Es war trotzdem eine tolle Erfahrung und eine Zeit, an die ich gern zurückdenke.

 

Du hast ja den Song „Wunder“ der Gruppe Staubkind performt. Doch TVOG war nicht das Ende dieser Geschichte, oder?
Dieser Song war ein großer Türöffner für mich – die Jury konnte ich zwar damit nicht überzeugen, aber die Band Staubkind dafür schon. Sie haben meine Performance im TV gesehen und mich daraufhin zu ihrer Tour eingeladen. Dort durfte ich dann das Lied „Wunder“ gemeinsam mit der Band performen. Das war ein ganz besonderer Moment – die Leute sind ausgeflippt. Da wusste ich, du kannst jetzt nicht aufgeben.

 

Entmutigen lassen hast du dich dadurch ja nicht und weiter deinen Traum von der Musik geträumt. Zwischenzeitlich gab es ja bereits mehrere musikalische Kollaborationen von dir mit anderen Künstlern, so beispielsweise „My Pride“ oder „Allergrößter Fan“. Magst du uns dazu ein bisschen etwas erzählen?
Nach meiner Teilnahme bei TVOG sind einige Produzenten auf mich aufmerksam geworden. Ich habe mit super vielen Leuten zusammengearbeitet und jede Chance genutzt, um im Studio aufnehmen zu können oder auch mit anderen Künstlern Songs zu schreiben. Im Musikbusiness ist es super wichtig sich gut zu vernetzen, mit möglichst vielen Leuten zu arbeiten und so genug Erfahrungen zu sammeln.

Die Single „My Pride“ ist genau aus so einer Kollaboration entstanden. Ich habe den Song innerhalb von zehn Minuten geschrieben. Es war ein Experiment, denn die meisten Popsongs bestehen aus Vers, Bridge und Chorus – dieser Song aus drei Zeilen. Aber wir hatten Glück, innerhalb kürzester Zeit konnten wir mehr als 200 Tausend Streams bei Spotify erzielen und das ohne Major Deal, sondern alles selfmade. Darauf bin ich sehr Stolz, denn der Song transportiert eine ganz wichtige Botschaft: Liebe dich selbst! Egal ob schwul, lesbisch, bi oder trans*. Ich wollte eine Hymne für die LGBT*-Community schaffen, einen Song, der  jedes einzelne Individuum feiert und zu dem man tanzen kann. Nach „My Pride“ habe ich an meinen Songwriting Skills gearbeitet und mich auch mit der deutschen Sprache beschäftigt. Ich finde vor allem bei deutschen Texten ist es unheimlich schwer, nicht plump zu klingen.

„Allergrößter Fan“ ist auf einer Songwriting Session in Berlin entstanden und eine Liebeserklärung an meinen Freund. Den Song habe ich mit vier anderen, sehr talentierten Writern geschrieben. Als dass Demo fertig war sind wir damit auf Label-Suche gegangen. Alle großen Musiklabels haben uns eine Absage erteilt. Obwohl der Song noch nicht released war sind dennoch DJ Größen wie Gestört aber Geil, Anstandslos und Durchgeknallt  und Stereo Act auf den Song aufmerksam geworden und haben diesen dann auf ihren Konzerten gespielt. Das hat einen unheimlichen Hype ausgelöst, sodass wir uns dazu entschlossen haben, den Song auf eigene Faust zu veröffentlichen. Und auch hier hatte ich Glück, wir sind schon am ersten Tag auf Platz 35 der iTunes Charts eingestiegen.

 

Interessant dabei ist ja, dass du dich scheinbar sowohl mit deutschen, als auch mit englischen Texten anfreunden kannst. Ist es dir wichtig, auch international Gehör zu finden?
In Deutschland gibt es nicht viele Künstler die auf zwei Sprachen auch wirklich Songs veröffentlichen. Schon von vielen Produzenten musste ich mir anhören, dass das nicht geht und ich mich entscheiden muss – aber ich lasse mich nicht gern in eine Schublade stecken. Ich mache mir auch vorher nie darüber Gedanken, schreibe ich jetzt einen deutschen oder einen englischen Song. Das ist abhängig von meiner Stimmung und welches Gefühl ich dabei habe. Trotzdem ist es mir wichtig auch international Gehör zu finden. Als Künstler möchte ich mit meiner Musik für mehr Toleranz und Akzeptanz gegenüber der LGBTI*-Community sorgen. Auf Englisch verstehen das einfach mehr Leute. Und wenn ich damit einem Teenager aus Russland oder einem anderen Land Mut machen kann zu sich selbst zu stehen, dann ist hier bereits meine Mission erfüllt.

John Riot

Jüngst ist ja eine weitere Single von dir auf den einschlägigen Plattformen wie Spotify und iTunes namens „Looking for You“ gemeinsam mit Vescu erschienen. Sie ist ein flotter Popsong, der durchaus auch von einem der derzeit angesagten Stars stammen könnte. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Vescu und ich haben uns via Instagram kennenglernt. Nach einer Weile haben wir dann auch einen Termin für eine Studio-Session gefunden. Ich bin dafür nach Frankfurt am Main gefahren und es hat sofort gepasst. Dennoch war es ein langer Weg. Wir haben über sechs Monate an dem Song gearbeitet. „Looking for you“ handelt von einer Liebe, über die man immer noch nicht hinweg ist. Ich denke viele kennen das Gefühl, wenn eine Beziehung in die Brüche geht und man einfach noch nicht loslassen kann. Auch ich musste als Teenager diese Erfahrung machen.

 

Ist denn in der nähren Zukunft auch ein komplettes Album geplant?
In naher Zukunft ist leider kein Album geplant. Aber natürlich wäre das der nächste Schritt – ich denke 2020 ist realistisch, bis dahin müssen sich meine Fans noch ein wenig gedulden.

 

Kommen wir einmal auf dein Schwulsein zu sprechen. Gemeinsam mit deinem Freund machst du auf Instagram oder auf deiner Homepage ja keinen Hehl daraus. Wie kommt dieses denn bei deinen Followern an. Oder gibt es auch mal Hate-Kommentare?
Ich habe wirklich Glück, dass es auf meinem Kanal kaum Hate gibt. Das würde ich aber auch nicht zulassen. Ich zitiere hier immer gern meine Freundin Nicolette: Du hast dich auf meinem Kanal zu benehmen, so wie bei mir Zuhause eben auch. Mich erreichen täglich Nachrichten von jungen Leuten, die in Ländern wohnen, in denen Homosexualität noch strafbar ist oder die sich nicht vor ihrer Familie outen können – das zerbricht mir das Herz. Trotzdem bedanken sich diese Menschen bei mir, weil ich ihnen auf eine gewisse Art und Weise Mut mache, ihnen zeige, dass sie eben nicht alleine sind und das mit ihnen alles okay ist. Das bereichert mein Leben ungemein.

 

Glaubst du, dass es für die jüngere LGBTI*-Community wichtig sein kann, Künstler zu finden, die beispielsweise schwul oder lesbisch sind? Und wenn ja, inwieweit können diese Vorbilder sein?
Wir leben in einer Zeit, in der es wichtiger denn je ist auch homosexuelle Künstler und Vorbilder zu haben – wer sonst macht der jungen Generation Mut? Ich habe mich oft alleine gefühlt und hätte mir als Teenager solche Vorbilder gewünscht. Durch Social Media hat sich hier bereits viel getan. Trotzdem ist es für viele Leute noch immer ein „Problem“. Deshalb ist es mir auch so wichtig, mich nicht zu verstellen, sondern für unsere Rechte zu kämpfen. Wir sind alle gleich!

 

Dass es für Jugendliche nicht einfach ist, wenn sie sich „anders fühlen“ zeigt sich ja leider besonders in den USA, wenn hier Betroffene so gemobbt werden, dass sie keinen Ausweg mehr sehen und in den Selbstmord getrieben werden. Wie siehst du diese Problematik?
Mich macht das einfach nur sehr traurig, wenn ich darüber nachdenke, wie verzweifelt diese Kids sein müssen. Aber ich kann mich auch gut an eine Zeit erinnern, in der ich selbst von solchen Gedanken geplagt war. Ich habe nicht verstanden, warum ich so sein muss, warum ich nicht einfach „normal“ sein kann. Es war furchtbar. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen genau diesen Menschen mit meiner Musik, mit meiner Botschaft als Künstler, weiterzuhelfen. Aber natürlich spielt hier auch die Politik und das Thema Aufklärung an sich eine sehr große Rolle – und da muss man leider sagen, dass selbst Deutschland hier noch einiges aufzuholen hat.

 

Auch in Deutschland wird der Ton ja wieder rauer. Vieles, was vor einigen Jahren noch nicht aussprechbar galt ist heute leider auch dank AfD & Co. wieder gesellschaftsfähig geworden. Wie betrachtest du diese Entwicklung?
Von solchen Entwicklungen bekomme ich richtige Bauchschmerzen. Ich sehe das sehr kritisch, denn vor allem junge Menschen werden dadurch in die Enge getrieben und können sich nicht frei entfalten. Ich bin schockiert wie diese Parteien in den einzelnen Bundesländern abschneiden. Daher sage ich auch immer, geht wählen, nutzt eure Stimme – lasst uns keine Fehler aus der Vergangenheit wiederholen.

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