"Himmel & Kölle" GUIDO CANTZ
ist einer der bekanntesten Moderatoren und Komiker Deutschlands. Viele kennen ihn vor allem aus dem Format „Verstehen sie Spaß“ sowie in Köln als Redner und Moderator im Karneval.
Als die Anfrage zu „Himmel & Kölle“ kam, hast du da an die versteckte Kamera gedacht?
Nein, ich hatte im Vorfeld schon mit dem Produzenten geredet. Er hatte mich gebeten, das Stück und diese Rolle des Taxifahrers anzuschauen. So war ich darauf eingestellt. Da ich so etwas schon immer machen wollte, fand ich es toll, wenn das klappen würde. Dass es so schnell geklappt hat, habe ich nicht für möglich gehalten. Jetzt bin ich froh, dass ich es mache ...
Hattest du Muffensausen; bzw. hast du überhaupt vor irgendetwas Angst?
Na klar, ich habe vor einigen Sachen Bammel. Ich habe aber gemerkt, dass ich, seitdem ich Vater bin, wesentlich mutiger geworden bin, um als gutes Vorbild durch die Welt zu gehen. Einmal gab es eine steile Wasserrutsche, auf die ich nur als mutiger Papa mit drauf bin.
Bühnenangst habe ich nicht, aber Respekt vor dieser Aufgabe. Ich wollte das gut machen, bin natürlich vor einer Premiere noch angespannter.
Wo schlägt dein Herz mehr: In der Bütt, im TV oder wie jetzt im Musical?
Mein Herz schlägt genau für diese Vielseitigkeit. Ich habe schon immer sehr viel unterschiedliche Sachen gemacht. sonst würde mir schnell langweilig werden. Hätte ich nur Karneval oder Fernsehen, wäre mir das zu wenig.
Zwanzig Mal wirst du den Taxifahrer geben, ist dir das nicht zu wenig?
Gegenwärtig ist mir das zu wenig, weil ich gerade on fire bin. Es ist ein tolles Ensemble und ein super Team, mit dem ich auf der Bühne stehen darf. Ich bin sonst eher der Einzelkämpfer, im Stück ist es eine tolle Mannschaftsleistung. Auf jeden Fall habe ich Blut geleckt, vielleicht kann ich den Produzenten von mehr Auftritten überzeugen ...
Als Taxifahrer im Olaf-Schubert-Pullunder sächselst du, dass man in Köln nicht linksabbiegen kann, was nervt dich persönlich an Köln?
Ich habe erst gestern noch gemerkt, das man wieder mal nicht links abbiegen kann. Was mich an Köln nervt? Dass viele sich in der Kölnsuppe so aalen. Ich bin überzeugter Kölner und finde Köln auch Klasse, aber man muss auch mal die Rosa Brille ausziehen und schauen, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Da fällt mir zuallererst auf, dass die Sauberkeit ein großes Problem darstellt, gerade weil Köln auch für Touristen attraktiv sein müsste.
Apropos sächseln: Sprache ist eh dein Metier; du imitiert bekannte Prominente, gab es mal Beschwerden?
Nein, Schwierigkeiten damit habe ich noch nie bekommen. Als ich 1991 anfing Tom Gerhardt zu imitieren, habe ich ihn persönlich im Brief informiert. Er schrieb zurück, dass er das als Ehre empfindet, nachgemacht zu werden.
Du hast bei „Verstehen Sie Spaß?“ zwölf Jahre lang Leute veräppelt, was war dein liebster Gag?
Einmal haben wir im Möbelhaus Wasserbetten getestet und nur ein Laken über ein Wasserbecken gespannt. Wer sich darauf legte, landete im Nass. Eine andere Szene spielte in einer Sauna, wo der Darsteller auf dem Heizofen Würstchen grillte. Und als wir einmal Mario Barth reinlegten, hatten alle im Team Schiss vor seiner Reaktion. Seitdem sind Mario und ich gute Freunde.
Und Mark Forster lernte dich als vollbusige Lissi kennen...
Da war ich das erste Mal vier bis fünf Stunden lang in großer Maske; es war ein Riesenspaß.
Wie gehst du mit Kritik + Hass im Netz um?
Man muss wirklich viel ignorieren. Ab und zu macht es mir Freude zu antworten, aber es ist oft verschenkte Zeit. Kritisieren - wenn jemandem etwas nicht gefällt, was ich mache - ist gutes Recht; aber wie man das kundtut, ist entscheidend. Sachliche Kritik lasse ich gelten, Beschimpfungen finde ich albern.
Wann verstehst du selbst keinen Spaß?
De facto bei unverschämten Taxifahrern. Wenn ich sie bitte langsamer und vorsichtiger zu fahren und ich bekomme als Antwort: „Ich hab‘s aber eilig.“ Dann bitte ich respektvoll darum, dass sie mein Leben verschonen möchten und es doch erst eilig haben, wenn ich ausgestiegen bin. Auch die Themen Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt werden immer weniger wertgeschätzt.
Mit dir verbindet jeder Karneval – wie hat es angefangen?
Wie man so anfängt: Ich habe in der Schule Leute nachgespielt, war Klassenclown, habe moderiert und auf Familienfesten kleine Nummern gespielt. Alles was mit Fernsehen und Bühne zusammenhing, fand ich spannend, das wollte ich auch machen. 1990 bei einer Hochzeit hat mich Karnevalslegende Peter Raddaz entdeckt, er fragte mich, ob ich Lust hätte, was im Karneval zu machen. Ich war nicht abgeneigt und er hat mich dann den richtigen Leuten vorgestellt.
Du warst früher rothaarig, inzwischen bis du platinblond, wie ist diese Verwandlung passiert.
1997 haben wir unter Kumpels gewettet, mit blonden Haaren in den Skiurlaub zu fahren, um den Mädels und Freundinnen zu imponieren. Da fielen wir natürlich auf.
Es war gerade die Zeit, als es bei mir mit TV losging. So wurde es mehr zufällig zu meinem Markenzeichen. Niemand kannte Guido Cantz, aber alle erinnerten sich an den blondgefärbten Burschen aus Porz. Meine Frau und mein Sohn kennen mich gar nicht anderes und so habe ich gar keine Chance mehr, das zurückzufärben :-).
Du und Birgit Schrowange seid die einzigen hellen TV-Köpfchen ...
Sozusagen JA! Ich gehe alle vier Wochen zum Friseur, zu einem Kumpel, den ich schon seit Jugendtagen kenne und verbinde das Angenehme mit dem Nützlichen, dass wir uns regelmäßig sehen und ein bisschen quatschen.
Was hat dich gereizt Humor-Dienstleister zu werden?
So eine generelle Sehnsucht, dass ich gern im Mittelpunkt stehen möchte. In der Schule war ich der kleinste, der jüngste und der rothaarigste; mit meinem Mundwerk habe ich das kompensiert.
Hattest bzw. hast du Vorbilder?
Otto Walkes ist natürlich ein großes Vorbild. Es gibt da viele die ich bewundert habe: Rudi Carell, Harald Schmidt und ich bin ein großer Fan von Gerhardt Poll und Hape Kerkeling.
Heute absolvierst du bis zu 200 Auftritte in einer Session. Ist das nicht Stress?
Oh ja, ich merke, dass auch ich älter werde. Früher habe ich bis dreihundert Auftritte geschafft, das habe ich schon gedrosselt. Es ist anstrengend, aber auch schön. Ich passe auf mich auf, trinke keinen Alkohol und lebe so gesund wie möglich, um das durchzuhalten.
Gibt es etwas, was du an Karneval nicht magst?
Wenn Leute sich wie die Axt im Walde benehmen, mit Flaschen durch die Gegend werfen und an alle Ecken urinieren. Feiern ist toll, ich feiere selber gerne, aber es muss in einem Maße sein, dass es auch für die Allgemeinheit erträglich ist.
Du hast aber auch sehr früh die Hölle durchlebt, linksseitige Herzinsuffizienz und 2 Stimmband-OPs - ist dadurch deine Beziehung zum - den du im Buch „der da oben“ nennst - entstanden?
Mit 25 Jahren bin ich schwer krank geworden, lag von einem Tag auf den anderen auf der Intensivstation. Da glaube ich ja an den lieben Gott, dass da einer ist, der auf mich aufpasst. Es ist mir klargeworden, dass ich mich auf das konzentrieren sollte, was ich machen möchte, Das war so der letzte Impuls zu dem, was ich heute mache.
Kölle ist – wie im Musical zu sehen - ein himmlischer Hotspot für die LGBTI*-Community, was leider von der katholischen Kirche nicht gerne gesehen wird ...
Ich finde es nicht nachvollziehbar, dass die katholische Kirche da so engstirnig ist, vor allem da es so viele queere Menschen gibt, die dadurch außen vor bleiben. Da sollte sich die Kirche öffnen.
Wen man liebt und mit wem man ins Bett geht, sollte doch der Kirche egal sein. Der Glaube sollte die Menschen einen.
Bist du selber in Köln nie angebützt worden?
Nein eigentlich nicht oder ich habe es nicht gemerkt. Ich kenne aber viele, die in meiner Branche arbeiten. Ich bin auch einige Male beim Christopher-Street-Day am Straßenrand gestanden.
Lustig war, als ich mir bei einer Veranstaltung die Garderobe mit den Travestiestars Claudia Cardell und Fine de Cologne geteilt habe. Da habe ich auch fürs Leben gelernt, dass sie eine große Kunst machen.
Was wäre, wenn dein Sohn sich irgendwann mal outet?
Dann hoffe ich, dass er einen netten Mann mit nach Hause bringt. Er soll machen, was er für richtig hält, da werde ich ihm nicht reinreden.
… und wenn er in deine Fußstapfen tritt?
Das glaube ich gerade nicht, er ist eher ruhiger und musikalischer veranlagt.
Höhen und Tiefen, worauf hättest du im Leben gern verzichtet und auf was auf gar keinen Fall?
Niederlagen muss man nicht haben, aber der Erfahrungsschatz daraus bringt einen dann auch weiter. Ich habe bestimmt nicht alles richtiggemacht und hätte mir nur vielleicht die sechs Semester meines BWL-Studium sparen können.
Was steht noch auf deiner Bucket-List?
Da steht: lernen besser Spanisch zu reden, einen Bootsführerschein machen und Kanada kennenzulernen im Sommer und im Winter.
Danke für das Gespräch, wir wünschen viele begeisterte Besucher in „Himmel & Kölle“ und noch mehr Vorstellungen mit dir.