Glanz und Elend des Rex Gildo Uraufführung von Rosa von Praunheims „Rex Gildo – das Musical“ am Theater Münster
Rex Gildo, dem großen, ungeouteten Schlagerstar der 70er Jahre hat Rosa von Praunheim nach dem Film aus dem Jahre 2022 „Rex Gildo – Der letzte Tanz“, nun das Theaterstück „Rex Gildo – das Musical“ gewidmet, dessen Uraufführung in Münster fast aus einer Hand unter der Regie des praunheimerfahrenen Heiner Bomhard über die Bühne ging. Er zeichnet nämlich auch für die Komposition der Liedtexte und das Bühnenbild verantwortlich. Dem Berliner Heiner Bomhard ist eine fulminante Inszenierung gelungen, wofür ihm aber auch exzellente Schauspieler zur Verfügung stehen und wofür Carlotta Weiss trashige Kostüme beisteuerte.
Das Rückgrat einer jeden Kleidertunte, wie Rex Gildo eine war, ist die Garderobe. Mit dem Hereinfahren einer Stangengarderobe beginnt die Aufführung. Es wird noch ein wenig herumgewitzelt und Hardcore-Fan Monika (Christian Bo Salle) besucht, beseelt von Kadavertreue, das Grab ihres Angebeteten. Für sie kann Rex Gildo nicht homosexuell gewesen sein, dafür sang er ihr zu innig. Christian Bo Salle, der sich mit zwei weiteren Schauspielern die insgesamt 18 Rollen teilt, hat die undankbare Aufgabe, in die meisten Rollen hineinschlüpfen zu müssen: Conny Froboess, die bis heute erfolgreiche Sängerin Gitte, die Cousine und Ehefrau Marion u. a.. Nicht nur hier darf ausgiebig chargiert werden.
Noch mehr Drag-Spaß gibt es mit der wunderbar wandlungsfähigen Schauspielerin Samia Dauenhauer, die den Manager und Geliebten Rex Gildos darstellt – berlinernd, machohaft, aber herzlich Fred Miekley.
Die Protagonistenrolle ist auf drei Lebensphasen verteilt. Rex Gildo tritt auf als elfjähriger Junge, als bürgerlicher Ludwig (Hofreiter) und schließlich unter seinem Künstlernamen. Julius Janosch Schulte überzeugt als Rex Gildo und singt mit tiefer Stimme allein oder mit anderen die vielen mitunter selbst klamaukigen Liedtexte. Trotzdem sind vor allem sie es, die uns immer wieder auch aus dem notorischen Klamauk à la Rosa von Praunheim retten.
Im Laufe des Abends wird aber auch Rex Gildos mangelnde Bildung und das Aufgeben seiner anfänglichen Ambitionen als ernsthafter Schauspieler als mitverantwortlich für sein finales Scheitern sichtbar. Kein zweites Standbein habend, verfällt er nach dem Tod des geliebten Managers der Alkohol- und Tablettenabhängigkeit und begeht am Ende Selbstmord.
Rosa von Praunheims Aufruf in einer Videoprojektion, Teil der Schwulenbewegung zu werden, indem Rex Gildo sich outete und somit zum positiven Role-Model für viele werden könnte, wird von Fred entschieden abgelehnt, weil es die Karriere zerstören würde. Hier im Stück ist es immerhin möglich, einige Songs zu singen, die nach einem Coming out möglich gewesen wären. Das Stück ist übrigens insofern aktuell, als dass sich nach wie vor in der Schlagerbranche heimliche Homosexuelle herumtummeln.
Herumtummeln im Stück tun sich hier zudem Rudolf Moshammer (mit Daisy) und der Bayernkönig Ludwig II. Sie komplettieren die Riege derer, die ihre wahre Sexualität verheimlichten und derer Leben mit Mord, bzw. Selbstmord endete. Sie rahmen das Stück, d. h. sie treten am Anfang und am Ende in Erscheinung und verschmelzen am Schluss mit dem Pappaufsteller Rex Gildo.
Das Premierenpublikum dankte mit großem Applaus und vielen Jubelpfiffen.