Dragana Mehr als nur ein Partygirl

Eine angesagte Party in Hamburg? Dann ist mittendrin garantiert Dragana zu finden: verrucht, extravagant, mysteriös, sexy... Doch wer ist diese Person? SCHWULISSIMO-Redakteur Ingo traf sich mit ihr und hat den Versuch unternommen, etwas hinter die Kulissen zu blicken.

Hallo Dragana, schön, dass du dir Zeit für uns nimmst. Möchtest du unseren Lesern – vor allen denen, die dich noch nicht kennen - ein wenig über „Dragana“ erzählen?
Hi Ingo, danke, ich freue mich sehr über deinen Besuch und das Interesse. Du fängst gleich mit der schwierigsten Frage an. Hm, es gibt ja so viele Draganas in mir. Ich würde, um es kurz und knapp zu halten, sagen: Komm, hab keine Angst und probiere ein Stück! (lach)

Ist Dragana denn eine reine Kunstfigur oder steckt auch Privates von dir in ihr?
Es ist, würde ich mal sagen, eine gute Mischung, Die Kunstfigur lebt durch die vielen Looks, aber der Inhalt ist, sogar im wahrsten Sinne, echt. Jedes meiner Outfits erzählt etwas, wofür sowohl die Kunstfigur als auch die private Dragana steht. Es ist also ein Gesamtpaket, bei dem die eine auf die andere angewiesen ist; klingt nur gerade etwas Schizo, aber es ist so.

In Hamburg bist du ja auf so ziemlich jeder angesagten Party anzutreffen. Ist es dir denn schon passiert, dass du – gerade auf schwulen Partys – auch mal für eine Drag Queen gehalten wurdest?
Oh ja, ich sehe das aber sogar als Kompliment, Drag Queens stehen für die überzogene Form der Frau, das Perfekte, Stolze und Unnahbare. Sie sind sehr inspirierend für mich. Und ja, ich habe auch noch eine von Gott gegebene tiefe Stimme; super, oder? Das macht die ganze Sache noch verwirrender! (Dragana lacht) Aber ich genieße dieses Spiel, denn es ist erstaunlich, wie vielseitig die Leute mich interpretieren.

Deine Outfits sind ja seit immer sehr speziell und vor allem extravagant. Wo holst du dir denn Anregungen und Ideen? Bei einigen deiner Fummel zieht man ziemlich schnell Vergleiche zu den Outfits einer gewissen Lady.
Du spielst auf Lady Gaga an; sie ist eine großartige Künstlerin und auch wenn ich ihre Outfits liebe, ist es mehr Grace Jones, also die Gaga der 1980er, die mich stark beeinflusst. Aber viele außergewöhnliche Künstler und Designer inspirieren mich, darunter auch solche, die nicht so berühmt sind und trotzdem Geniales leisten und ebenfalls versuchen, auf ihre Art die Welt ein Stück zu bewegen. Oftmals sind es ganze Geschichten oder Filme, die mich zu einem bestimmten Outfit führen. Die letzteren Kostüme von mir erinnern an das alte Hollywood: die Frisuren, das Make-Up, der Schmuck. Und zurzeit setze ich wieder auf Looks aus einer ganz anderen Epoche, die mich fasziniert. Ich liebe halt die Verwandlung.

Hast du persönlich irgendwelche Idole oder Vorbilder?
Starke Persönlichkeiten. Meine Oma gehört definitiv dazu, sie war eine sehr starke Frau. Sie hat mich geerdet und mir beigebracht, worauf es im Leben ankommt, das trage ich ewig in mir! Und wenn ich an die Kunst denke, dann sind es Frauen wie Frida Kahlo, Audrey Hepburn, Madonna oder Dita van Teese, die mich prägen und mit denen ich gerne für ein paar Tage den Kleiderschrank tauschen würde!
 

Wer dich allerdings nur als nettes „Party-Accessoire“ sieht, liegt ziemlich weit daneben. Du machst durchaus auch den Mund auf, wenn du etwas zu sagen hast. Wir erinnern uns beispielsweise an den CSD in Hamburg oder die Aktion „We have something to say“, die du gemeinsam mit Drag Queen Barbie Breakout gestartet hast. Erzähl uns doch einmal etwas darüber.
Das stimmt, das Nachtleben und die bunten Outfits für ein paar Stunden reichen mir nicht, ich bin kein Püppchen. Meine Stimme ist zwar rau und ich bin auch nicht die Merkel, aber ich habe das Bedürfnis, die Gesellschaft ein Stück mit in die richtige Richtung zu lenken und für Menschen zu kämpfen, die es besonders schwer im Leben haben, sich zu positionieren und frei leben zu können. Der CSD ist dafür eine Möglichkeit; er hat sich natürlich verändert und ist nicht mehr wirklich eine Demo, viele, die am Rande stehen, wollen eher die Paradiesvögel bestaunen. Dennoch ist es wichtig, dass er stattfindet, denn so was stärkt und macht Mut! Ähnlich ging es mir mit Barbie Breakout, wir wollten die Community stärken und für mehr Zusammenhalt vor allem innerhalb der Szene aufrufen. Ich stamme aus Bosnien und die Wurzeln meines Einsatzes liegen wahrscheinlich auch darin, dass ich schon früh Unterdrückung und Ausgrenzung Andersdenkender erfuhr. Dagegen ist Deutschland ein Freudenhaus. Aber mal im Ernst, wir haben hier viele Freiheiten, die wir nicht schätzen, jedoch auch immer noch viele Baustellen, an denen wir arbeiten müssen, und ich werde weiterhin an den noch besonders schweren Felsen rütteln!

Auf deiner Facebook-Seite hast du vor einiger Zeit auch an Matthew Shepard erinnert. Wie kam es dazu?
Diese Geschichte reißt mich bis heute in ein tiefes Loch der Trauer und Unverständlichkeit. Ich habe das damals in Deutschland nur am Rande mitbekommen, bis ich einige Jahre nach der schrecklichen Tat auf ein Buch und den erbitterten Kampf der Mutter des damals zu Tode geprügelten Matthews stieß. Seither verfolge ich ihren Einsatz, den sie gegen Hass auf Schwule, Lesben oder Transgender auf der ganzen Welt führt. Sie ist ein Vorbild. Leider ist es bis heute Realität: Gewalt und Mobbing gegen Minderheiten und die vielen Selbstmorde von Jugendlichen aus eben diesen Gründen. Das nimmt mich sehr mit und bewegt mich umso mehr, etwas dagegen zu unternehmen. 2015 werde ich mich diesbezüglich noch gezielter engagieren.

Nochmal zurück zu den Partys: Man hört Gerüchte über eine Party, bei der du deine Finger mit im Spiel haben sollst. Was erwartet uns hier und vor allem wann?
Ja, ich freu mich so sehr. Am 24. Mai, dem Pfingstsonntag, geht’s im Noho los. Meine erste eigene Partyreihe – STRICT. Es wird ein sehr glamouröses, wildes Fest mit vielen Überraschungen, noch mehr Extravaganz und einem DJ Line-Up, wie u.a. den PYROS Twins, bei denen sich keiner mehr zurückhalten wird - versprochen. Natürlich ist jeder willkommen, nur scheu sollte man nicht sein, denn wir werden die Hamburger Nächte revolutionieren, und dabei wird es sehr spektakulär und vor allem heiß zu gehen. Mein Motto „Celebrate Passion“ ist eigentlich nur eines von vielen, aber die restlichen verrate ich dir dann auf der STRICT (Drgana grinst frech).

Vielen Dank für das Gespräch. Wir sehen uns sicher auf deiner Party!
Es war mir eine Freude, ich hoffe, das Stück Dragana hat geschmeckt! Wir sehen uns auf der STRICT! 

WEB:
www.facebook.com/dragana.strict
www.strictbydragana.com

STRICT by DRAGANA
Pfingstsonntag, 24. Mai 2015, ab 23:00 Uhr
NOHO/Nobistor 10, Reeperbahn, Hamburg St. Pauli

Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit Dragana im April 2015 geführt.