Comedian, Moderator, Autor und Regisseur Ole Lehmann
ist ein ist ein deutscher Comedian, Moderator, Autor und Regisseur, den die ersten Schritte als DJ und Musicaldarsteller auf die Bühne führten. Wir trafen ihn auf seiner „Best of Solo“-Tour anlässlich seines 30jährigen Comedy-Jubiläums und stellten ihm je drei Begriffe pro Buchstabe aus dem Alphabet zur Auswahl, um uns ein Statement dazu zu geben.
Applaus – Autor – Angst
Ich habe einige Stücke geschrieben; in Bremen wurde das Musical „Zwei Apfelsinen im Haar“ auf die Bühne gebracht, es folgte die Fortsetzung „Ein Bett im Kornfeld“. Der Pandemie geschuldet, arbeite ich als Synchronbuch-Autor. Das bedeutet: ich bekomme ein Script zum Film und arbeite den Text um, dass er lippensynchron passt.
Beziehung – Berufung – Biografie
Ich liebe meine Biografie, weil ich mich immer breit aufgestellt habe. Ich habe als Musicaldarsteller angefangen und schnell festgestellt, dass es auch tolle Tätigkeiten neben und hinter der Bühne gibt. So konnte ich mich in Vielem ausprobieren. Aber ich plane keine Biografie als Buch, zumindest bisher nicht.
Community – CSDs – Comedy-Jubiläum
Gibt es sie noch wie früher oder sieht mich die junge Community nicht mehr zugehörig, weil ich zu alt bin? Ich bin ein Verfechter der klassischen Regenbogenflagge als Zeichen für Diversität. Für mich war Diversität schon wichtig, als es das Wort noch nicht gab. Bei der neuen Community-Flagge ärgert mich, dass die Verschiedenartigkeiten soweit aufgespaltet sind, das es am Ende keine Einheit mehr ist. Meine Freunde sind meine private Community, viele gehen noch auf den CSD und halten die Flagge hoch.
Ich habe acht Jahre den Berliner CSD moderiert. Eine Anekdote dazu: Beim Abmoderieren von Klaus Wowereit habe ich mir den Spaß erlaubt und ins Publikum gefragt, ob sie die Lederhose gesehen haben? Klaus kam zurück ans Mikro und sagte in tuntigem Ton: „Nein, das ist gebürstete Baumwolle!“ Klaus ist so herrlich unkompliziert, schlagfertig, humorvoll und einfach ein toller Mensch.
Diskriminierung – Drogen – Dschungelcamp
Dazu habe ich ein sehr respektvolles Verhalten. Früher war ich Gelegenheits-Kiffer; wenn einer was hatte, habe ich geschnorrt. Ich war für den eigenen Dealer zu blöd. Mein erster Kiff war bei den Proben zum Musical GREASE. Ich sagte immer mit schrillem Lachen: „Ich merke gar nichts“, was alle köstlich amüsierte. Andere Drogen habe ich nie probiert, ich bin eh schon nervös genug und rede zu viel.
Erfahrung – Erlebnis – Enttäuschung
Ich habe gelernt, dass Enttäuschungen zum Leben gehören. Sie sind mir aber mehr beruflich wiederfahren: FernsehproduzentInnen und RedakteurInnen versprechen das Goldene vom Himmel, und nichts passiert. Damit konnte ich schwer umgehen. Zum 80- Produzent sagte ich nur noch: „Erst, wenn der Vertrag unterschrieben, das Geld auf dem Konto ist und wir anfangen zu drehen, freue ich mich!“ Ich bin aber nie so enttäuscht worden, dass ich Drogen nehmen musste. :-)
Familie – Filme – Flirten
Als ich mit 21 mein Coming Out hatte, habe ich es meinem älteren Bruder erzählt. Er war cool drauf und war mir fast wichtiger als meine Eltern. Hätten mich meine Eltern dadurch verstoßen, wäre mir das ziemlich egal gewesen.
Damit eine Familie Familie ist, muss sie sich auch wie eine benehmen. Es gibt genug Menschen und Freunde, die auch Familie werden können.
Gesundheit – Gefühle – Gesellschaft
Ich merke jetzt als Fünfziger, dass ich mehr auf Gesundheit achten muss. Zum Glück bin ich robust und habe gerade erst Tabletten gegen Bluthochdruck bekommen. Jetzt treibe ich wieder Sport und stelle die Ernährung um, vielleicht komme ich wieder von den Pillen weg. Inzwischen achte ich auch bei Freunden auf ihre Gesundheit.
Homofröhlich – Homophobie – Homo-Ehe
Seit September bin ich verheiratet. Als mein jüngerer Mann fragte, wie das mit der gegenseitigen Absicherung sei, ahnte ich, worauf er hinauswollte und erwiderte, dass wir doch eine befreundete Anwältin haben, die ein paar Schriftstücke aufsetzen könne. Er schaute mich mit großen Augen an und ich ergänzte, oder wir könnten heiraten. Dann prusteten wir vor Lachen los, weil wir beide pragmatisch sind und Hochzeiten nicht mögen
Intimität – Internet – Intrigen
Internet ist eine der besten Erfindungen der letzten Jahre, birgt aber auch Gefahren. Ich habe im Netz viel Hass, Ausgrenzung und Rassismus mitbekommen, weil es anfangs ein rechtsfreier anonymer Raum war. Wir müssen lernen, damit umzugehen, denn wir können es nicht „zurückerfinden“. Was würden wir heute ohne Internet machen? Ich habe einen Freund, der in Australien lebt; über Mail, Face Time und Zoom halten wir den Kontakt. Internet ist Fluch und Segen zugleich.
Jugendsünde – Jury – Jubiläum
Ich hätte nie gedacht, als ich Thomas Hermanns als Regisseur beim Musical „GREASE“ 1993 kennenlernte, dass ich mal Stand-up-Comedian werde. Der Comedy-Club war da 3 Monate alt. Wow - im Mai habe ich schon mein 30jähriges Bühnenjubiläum. Wer hätte gedacht, als das Format aus Amerika zu uns kam, dass es so erfolgreich werden würde.
Kindheit – Kritik – Krönung
Ich bin in Norderstedt bei Hamburg aufgewachsen, hatte eine unbeschwerte Kindheit und war viel in der Natur. Für Urlaub hatten wir kein Geld, ich habe aber nie etwas vermisst. Es gab aber ein Freibad, mit zwei Schwimmbecken und einer riesigen Liegewiese - und zur Nord- und Ostsee war es auch nicht weit.
Lampenfieber – Langeweile – Labrador
Ich habe ein Buch über unseren Labrador Charlie geschrieben, der aus dem Rheinland zu uns kam. Bei Nightwash im Bonner Pantheon saßen wir Backstage, schwatzen und kamen über Kinder auf Hunde. Ich flaxte, dass ich seit langem liebäugle, mir einen Hund anzuschaffen. Eine Freundin des Fotografen fragte: „Meine Stiefmutter züchtet Labradore, willst du einen?“ Sie zeigte mir Fotos vom letzten Wurf. „Zwei Rüden sind noch frei?“ Alles Weitere, was mit Charlie in 16 Jahren passiert ist, kann man nachlesen :-).
Midlifecrisis – Mutprobe – Mailbox
Ich bin keiner, der zu Depressionen neigt, schnell wehmütig oder melancholisch wird. Aber ich schau schon auf mein Leben, ärgere mich, dass mein Hüftspeck nicht verschwindet, keuche beim Treppensteigen und frage mich, warum die Lust auf Sex weniger wird. Aber ich lebe im Hier und Jetzt und habe so viel Gutes und so wenig Schlechtes erfahren, dass ich für die bisher erlebte Zeit dankbar bin.
Notlüge – Neid – Neugier
Ein großes Problem der Menschheit ist, dass sie so wenig neugierig ist. Bei allem, was wir durchmachen, worüber man sich aufregt und kritisiert, fehlt mir einfach die Neugier mal „über-den-Tellerrand-zu-schauen“, um den Horizont zu erweitern. Zum Glück wird die Generation Z cooler und offener. Ältere Menschen hält die Neugier jung, weil sie am Zeitgeist bleiben.
Oberflächlich – Outing – Optimismus
Optimismus ist gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig. Ich bin ein großer Optimist, der das Glas mehr voll als leer sieht. Pessimismus ist furchtbar, weil es oft unbegründet ist.
Podcast – Promis – Promiskuität
Was wir hier in Deutschland Promis nennen, sind oft Menschen, die ich googeln muss, um zu wissen, was sie machen oder geleistet haben. Sie haben einen Stellenwert, der mich amüsiert. Nur wer einmal im Dschungel war, ist noch lange kein Promi.
Quasselstrippe – Quatsch-Comedy – Quickies
Ein Quickie kann total schön sein. Ich bin eher der Streichelsextyp, der keine weiteren Spielsachen benötigt. Mein Sex ist in letzter Zeit weniger geworden und die Dauer vom Longie zum Quickie hat sich inzwischen angeglichen :-).
Respekt – Rivalität – Risiko
Respekt wird mir immer wichtiger! Ich selbst war nicht immer respektvoll: Auf der Realschule gab es einen Typ im Billy-Idol-Style, den wir gemobbt haben. Kinder und Jugendliche können sehr gemein sein. Als ich mich erstmals in einen schwulen Club traute, stand plötzlich dieser Billy-Idol-Typ auch da und grinste mich an. Ich bin aus dem Club raus und habe auf dem Heimweg geheult, weil ich mich so schämte. Später habe ich mich entschuldigt - der Typ hatte das gar nicht mehr auf dem Schirm - mir aber war die Entschuldigung wichtig!
Schwulissimo – Sex – Shitstorm
Es ist furchtbar, dass Menschen einfach Sachen kommentieren dürfen und damit Shitstürme auslösen, ohne dass man sich im Angesicht gegenübersteht. Ich hatte noch keinen Shitstorm, ignoriere aber auch schlechte Kommentare oder Kritiken und freue mich weniger über gute.
Toleranz – Tabus – Tränen
In den letzten Jahren sind wir so politisch korrekt geworden. Als öffentliche Person, ist es schwierig, sich zu äußern, ohne dass sich irgendwer verletzt fühlt. In der Comedy sollte es jedoch kaum Tabus geben, denn Satire und Ironie nutzen dieses Mittel als Fingerzeig für Kritik. Mein Tabu in der Comedy ist, mich über Leid anderer Menschen lustig zu machen.
Unterhaltung – Unsinn – Umwelt
Warum muss man zwischen dem ernsthaften künstlerischen Anspruch und gekonnter Unterhaltung unterscheiden. Ich möchte mich gern Thomas Hermanns Meinung anschließen: „Zwischen E und U bin ich das EU.“
Vorbild – Vorlieben – Verehrer
Ich habe Vorlieben und Leidenschaften, die weit auseinandergehen. Ich gehe stundenlang spazieren, backe gern und bin leidenschaftlicher Kinogänger. Seit „Pacman“ liebe ich Videospiele. Eine weitere Vorliebe, von der niemand weiß: seit zwanzig Jahren schaue ich die US-Sendung „Surviver“, die es leider nicht erfolgreich ins deutsche Format geschafft hat.
Wut – Wünsche – Wagnis
Ich habe viel gewagt und bin oft auf die Fresse gefallen. Wenn ich etwas wage, will ich das perfekt machen. In der Pandemiezeit habe ich mich drangesetzt meine EP und Singles zu verkaufen, da ist inzwischen ein Geschäft draus geworden. Mein größtes Wagnis in meinem Leben war, dass ich auf die Musical-Fachschule gegangen bin.
Extreme – XXL – Ex-Partner
Zu einigen meiner Ex-Partner, es waren jetzt nicht so viele, habe ich heute noch guten Kontakt.
BoYs – PartYs – Disc-JockeY
DJ war ein toller Job, ich habe damit die Schauspielschule finanziert. Ein Wochenende auflegen, schon hatte ich Geld für den Monat zusammen. Heute könnte ich nicht mehr bis morgens in der Kanzel stehen.
Zukunft – Zaster – Zum Schluss
Als Optimist freue mich auf die Zukunft, auch wenn viele denken, dass die aussichtslos ausschaut. Wenn man neugierig, optimistisch und respektvoll bleibt, wird auch die Zukunft gut sein.