Ausgequetscht Markus, Mr. Fetisch NRW 2015
Markus, du bist seit gut zwei Monaten der amtierende „Mr. Fetisch NRW 2015“. Welche Erfahrungen hast du bis jetzt gemacht?
Eigentlich nur positive: Ich wurde von den amtierenden und ehemaligen Schärpenträgern sehr nett in die Familie aufgenommen. Und ich hatte mit dem diesjährigen CSD ein wunderbares Erlebnis und durfte u.a. mit Conchita bei den Kerzenlichtern als Vertreter der Szene auf der Bühne stehen. Da ich lange in der Kölner Community sowie der Aids Hilfe gearbeitet habe, sehe ich wirklich die Möglichkeit, dass ich etwas ändern kann. Ich möchte es schaffen, dass die Abscheu in der „otto-normal-schwul-lesbischen“ Welt verschwindet ist und dass man nicht direkt in Schubladen gepackt wird. Innerhalb der eigenen Reihen gibt es sehr viel Kritik, Häme und unfaires Behandeln. Wir sind Teil der Community, die sich selbst erst wieder den Namen verdienen muss. Genau diese Community zusammenzuführen, versuche ich auf der Fetisch-Schiene, für die ich in NRW spreche.
Wie viele Anwärter gab es und wie hast du die Herzen des Publikums erobert?
Ich hatte zwei Mitbewerber, mit denen ich mich sehr gut verstanden habe und zu denen ich auch weiterhin Kontakt pflege. Ich habe den Oldie „Down Town“ mit dem von Dany Frede umgeschriebenem Text „Darkroom“ gesungen, der sehr gut beim Publikum ankam.
Gehst du denn jetzt auch mit Schärpe in den Darkroom?
Es gibt Verhaltensregeln, die die Mister unter sich auferlegt haben: mit Schärpe in den Darkroom ist ein komplettes No-Go. Da würde man sofort von einigen Seiten einen Rüffel dafür bekommen. Aber natürlich kenne ich Darkrooms aus persönlicher Erfahrung.
Wann hast du dein Fetisch-Outing gehabt?
Das Interesse war schon sehr früh vorhanden. Im Urlaub habe ich einen Gleichaltrigen kennengelernt, der mir Mut machte. Ich war damals Anfang 20 und es dauerte noch eine Weile, bis ich mich dazu aufraffte, auch mal alleine damit auszugehen. Da man sich aber bei ONS oder flüchtigen Bekanntschaften nicht so fallen lassen kann, ist die größte Entwicklung erst mit meinem Partner gekommen, mit dem ich gemeinsam neue Grenzen auskitzeln und testen kann.
Viele ehemalige Mister haben ihren Titel genutzt, um in der Musikbranche Fuß zu fassen. Werden wir auch von dir musikalisch was hören?
Ich wusste bisher nicht, dass daraus auch Musikkarrieren entstanden sind. Ich sehe meine Aufgabe in erster Linie darin, die Community zu vertreten, die mich gewählt hat. Natürlich bleibe ich auch Privatperson mit eigenen Interessen. Zurzeit bin ich mit meiner gestalterischen Arbeit ganz happy. Vielleicht werden ja auch nicht nur Bilder von mir geschossen; vielleicht kann ich auch selber mal Bilder malen und sehen, ob ich damit ein Zeichen setzen kann und sich eventuell ein weiterer Karriereweg daraus entwickeln wird …
Du spielst darauf an, dass du vor 14 Tagen unter die Designer gegangen bist?
Ich habe die Möglichkeit bekommen, eine T-Shirt-Kollektion zu gestalten, die verschiedene Fetische aufgreift. Das Prinzip: in humorvoller Art, mit kurzen Schlagworten und einer kleinen Illustration einen Fetisch umreißen, sodass man das Shirt auf eine amüsante Art im Alltag tragen kann. Momentan sind zwei Motive im Handel, neun Motive sind insgesamt geplant. Alle zwei Monate werden neue Farbvarianten oder neue Prints erscheinen.
Die Motive zeigen Fetisch-Spielarten. Legt man da nicht seine Neigung offen zur Schau?
Ich finde es schön, von vorneherein klar machen zu können, – wenn man es denn möchte – worauf man steht. Das gab es ja früher schon als Hankycodes. Man kann es ja auch tragen, wenn man nicht unbedingt ein Fetisch-Outfit tragen will, weil das vielleicht unpassend wäre.
Man bringt Fetisch gerne mit Drogen in Verbindung. Was meinst du dazu?
Durch meine Arbeit bei und mit der Aids Hilfe weiß ich, dass Drogen auf sexuell angehauchten Partys vorhanden sind. Es ist in meinen Augen okay, wenn Menschen sich das geben, solange sie sich und andere nicht in Gefahr bringen. Aber das ist ein schmaler Grat. Was ich halt schlimm finde, ist, dass der Sicherheitsgedanke und die Prävention vor sexuell übertragbaren Krankheiten durch Drogenkonsum oft verloren gehen. Ein Problem ist Hepatitis C als sexuell übertragbare Krankheit, das ist im Moment eine riesige Welle.
Wird man(n) als Titelträger nicht zu einer Trophäe, vor allem, wenn man so gut aussieht wie du?
Danke für die Blumen. Ich sehe mich aber nicht als Trophäe. Ich merke auch nicht, wenn mich jemand anmacht. Ich sehe den Menschen im Vordergrund; höre auf das, was er mir zu sagen hat und achte weniger auf Äußerlichkeiten. Mir fällt dann nicht auf, wenn ich angeflirtet werde. Offen für neue Kontakte im normalen Umgang bin ich sehr gerne. Ich freue mich immer, neue Leute und neue Ansichten kennenzulernen. Aber ich bin mit meinem Partner sehr glücklich und das soll auch so bleiben. Mein Freund begleitet mich ja überall hin und ich kann mich sehr auf ihn verlassen. Wir machen das gemeinsam, ohne ihn wäre ich nicht so, wie ich als Mr. Fetish NRW bin. Er nennt sich ja spaßeshalber „First Lady“, ohne ihn wäre ich aufgeschmissen. Wir sind jetzt seit eineinhalb Jahren zusammen, kennen uns aber schon seit ca. sechs Jahren.
Werdet ihr heiraten?
Das Gespräch dazu gab es schon ein paar Mal. Ich warte jetzt darauf, ob er den Kniefall macht, oder ob das meine Aufgabe sein wird. Ich gehe mal vom Zweiten aus.
Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit Marcus im Juli 2015 geführt.