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Lucas // © vvg

Ausgequetscht Lucas

vvg - 21.07.2024 - 14:00 Uhr

Lucas war dabei, als erstmals bei Germany Next Top-Model männliche Kandidaten antreten durften. Er ist Entertainer, stand als Stevie bei „Köln 50667“ vor der Kamera, ist Tänzer und Model.

Lucas, wie zufrieden bist du mit Platz 9 bei der Klumschen Model-Wahl?

Ich bin sehr zufrieden. Niemals hätte ich bei der Bewerbung überhaupt daran geglaubt, mit meinen Tattoos genommen zu werden. Hätte mir damals jemand prophezeit, dass ich unter den Top10 der Männer lande, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt. Mich ärgert nur, dass die meisten Challenges, die mir gelegen hätten, wie Schauspiel, Tanz, Helicopterflug erst nach meinem Auszug kamen. Beim Nacktshooting hätte ich nicht mal einen Mantel gebraucht .

Wie unzufrieden warst du, nachdem Heidi kein Foto mehr für dich hatte?

An diesem Tag war ich gar nicht unzufrieden, weil mir mein Bauchgefühl sagte, dass heute mein Abgang sein wird. Man merkte schon bei der Produktion, dass ich in Interviews anders befragt wurde und am Entscheidungstag in den Worten der Juroren auch nie gut genug sein konnte. Es war okay. Und Heidi hat sich liebenswert bei mir verabschiedet.

Was ziehst du für ein Resümee; was hast du für dich privat gelernt?

GNTM ist eine Entertainment-Show. Was man lernt ist: Vor Kameras zu stehen und vor Publikum zu performen. Gerade vor Prominenz; wenn Heidi mich angeschaut hat, bekam ich jedes Mal Herzklopfen. Ich habe gelernt, auf mich selbst zu vertrauen und ich selbst zu sein. Man kann es nicht allen Recht machen und es ist mir egal, was für mich unbedeutende Personen von mir halten. Meiner Zeit bei der Bundeswehr - vier Jahre insgesamt - war geschuldet, dass ich viel zu „verkopft“ gelebt habe. Dort ging es nur darum, alles nach Befehl korrekt auszuführen. Heute kann ich Sachen besser aus dem Bauch herausmachen und dabei den Spaß genießen. 

Du warst immer ein klein bisschen Einzelkämpfer, oder?

Das sehe ich nicht so, weil der gesendete Anteil beträgt etwa 15% der Zeit. 85% können nicht gezeigt werden, Einiges fällt weg und Personen können ganz anders wahrgenommen oder dargestellt werden. Der Unterhaltungswert der Sendung steht im Vordergrund, stille Momente entfallen. Aber die Zeiten und die Momente in meinem engsten Umfeld mit Lea, Linus, Stella und Xenia waren einfach toll und bleiben unvergessen.

Würdest du im Nachhinein irgendetwas anders machen?

Ich hätte mehr Spaß haben sollen, da wäre ich nicht so verkrampft gewesen. Und ich würde mich nicht mehr so zurücknehmen, sondern hätte öfter mal den Mund aufmachen sollen, auch wenn dann alles nicht mehr so harmonisch abgelaufen wäre. Mir war aber der Frieden wichtiger, als dass ich meine Meinung geäußert hätte. Ich war nicht wirklich ICH.

Gibt es Unterschiede in deinem Leben: Vor und nach GNTM?

Die Zahl meiner Follower hat sich erhöht, aber ansonsten hat sich nicht wirklich viel verändert. Auf der Straße werde ich als Lucas angesprochen und nicht wie bisher als Stevie - meine Serienfigur aus „Köln 50667“. Und es gibt auf der Straße mehr Anfragen nach Selfies, was mir nicht unangenehm ist.

Gibt es vertraglich gesehen Einschränkungen?

Zum Glück nicht, nur die letzten zehn Kandidaten bleiben bei einem Modelmanagement unter Vertrag. Alle anderen sind nach dem Finale nicht mehr vertraglich bei GNTM gebunden. Ich bin ganz froh darüber, weil ich mich so breiter, eben auch als Schauspieler und Tänzer aufstellen kann. 

Aber der Weg zur Modelkariere endet ja nach einem GNTM-Aus nicht in einer Sackgasse!

Ich bleibe auf jeden Fall dran. Eine Freundin hat ein Modelmanagement. Ich stehe bei ihr noch nicht unter Vertrag, sie schaut aber, was für mich möglich ist. Und ich habe schon ein anderes Super-Management für danach gefunden.

Was fiel dir leichter: Catwalk oder Fotoshoot?

Shooting fiel mir sehr leicht. Auf dem Catwalk habe ich mich wohlgefühlt, aber wir wurden immer gecoacht mit unterschiedlichen Laufstilen, in viel zu kurzer Zeit und mit viel zu wenig Intensität, um es wirklich lernen zu können. Da hatten andere mehr Talent, das zeitlich umzusetzen.

GNTM lief fast vier Monate, wart ihr wirklich so lange unterwegs?

Anfang November waren wir drei Wochen auf Teneriffa, danach war Winterpause. Januar und Februar waren wir in LA und es wurden in einer Woche so zwei bis zweieinhalb Folgen gedreht. Für den Zuschauer sagt man „Woche“, weil GNTM einmal wöchentlich ausgestrahlt wird.
 

Lucas und Adrian // © vvg

Wenn das TV wieder anfragt; welche Sendung wäre für dich interessant?

Ich habe bei „Köln 50667“ eine Rolle gespielt. Bei GNTM habe ich schon 50% von mir gezeigt. Jetzt bräuchte ich eine Show, wo ich zeigen kann, wer ich wirklich bin. Ich kann mir vieles vorstellen - auch mit meinem Partner. Als lebensfroher Mensch erlebe ich gern Abenteuer. Ich kann mir „Let‘s Dance“ ebenso gut vorstellen wie „Dschungelcamp“ oder Reality-Shows wie „Kampf der Reality-Stars“ oder „Backpackers". Ich möchte mich gern in der Öffentlichkeit zeigen und meine Kreativität unter Beweis stellen.

Woher kommt deine Intension das alles umzusetzen?

Ich hatte 2019 eine Hirnhautentzündung - ausgelöst durch die Kinderkrankheit Mumps – und bin dem Tod grad so von der Schippe gesprungen. Ich musste anschließend in die REHA, hatte Konzentrationsschwierigkeiten und musste Vieles neu lernen. Ich habe für mich erkannt, dass das Leben schneller enden kann, als man sich vorstellt. Und ich möchte in meinem Leben so Vieles noch anstellen und erleben, wie es mir gegeben ist. Alles ist endlich! Darum verwende ich dafür all meine Energie.

Hast du Vorbilder?

Vorbilder rein persönlich habe ich nicht. Ich finde mich gut, so wie ich bin. Hätte ich Vorbilder, würde ich ja noch irgendetwas vermissen, was ich nicht habe. Berufliches Vorbild ist ganz klar Heidi Klum. Was sie geschafft hat, ist der Wahnsinn.

Wie war es, als schwuler Mann bei der Bundeswehr zu dienen?

Bundeswehr und Schwulsein passen nicht zusammen. In der Grundausbildung habe ich es geheim gehalten; zum Glück. Einmal hatte ich mir graues Haarwachs in die Haare gemacht, es folgten sofort Sätze wie: „Bist du eine Schwuchtel?“ oder „Das machen doch nur Schwule“. Ich wurde aufgefordert, das wieder zu entfernen. Damals war ich siebzehn und habe mich noch nicht getraut, dazu zu stehen. Es wurde immer schlimmer: Ich wurde nicht mit Namen, sondern als Stabsgefreiter „Schwuchtel“ vorgestellt und angesprochen. Und aus dem Playboy klebte ein Poster an meinem Spind mit den Worten „Gute Besserung!“. Das war Mobbing auf hohem Niveau. Es war die Hölle und nur mit „Augen zu und durch" habe ich diese vier Jahre überstanden.

Dank GNTM kennen wir auch deinen Schatzemann. Wie lange seid ihr zusammen und wie hat er dich getröstet?

Wir sind seit dem 20. Feb. 2020 zusammen; mit einem halben Jahr Pause. So nach dem Motto: „Was du liebst, lass gehen, wenn es zurückkommt, hast du es für immer.“ Und getröstet werden, musste ich gar nicht, aber er war stets für mich da. Derzeit suchen wir eine gemeinsame Wohnung in Hamburg.

Wann war dir bewusst, Männer zu lieben und wie verlief dein Outing?

Ich war 13 und hatte damals eine Freundin, mit der aber außer Petting und Küssen nichts lief. Wir spielten „Wahrheit oder Pflicht“ und mit in der Runde war ihr schwuler Freund. Ich sollte ihn küssen und bemerkte dabei, dass sich bei mir etwas rührte. Ich habe mit meiner Mutter und Family gesprochen und da wurde mir klar: Ich steh auf Männer. Das war mein Outing in der Familie, bei meinen Freunden zwei Jahre später. Als wir in eine andere Stadt umzogen und ich in eine neue Schule kam wurde ich dort wegen meines gestylten Aussehens und meiner Homosexualität heftig gemobbt. Ich stand zu mir, habe in Social-Media darübergeschrieben und es ging danach besser. Ich kann nur jedem empfehlen: Habt keine Angst euch zu outen; danach geht es euch besser. Traut ihr euch nicht, lebt ihr ein ständiges Versteckspiel, das euch beruflich und persönlich stark behindert und letztendlich kaputt macht.

Wie stehst du zur Community

Ich habe lange Zeit für Dragqueens getanzt, auf CSDs und auf vielen Gay-Veranstaltungen. Es ist wichtig, dass man für die Community einsteht und zeigt, ich gehöre dazu ich bin queer. In der Community untereinander darf sich aber gern etwas ändern. Es gibt Gruppierungen und wenn man nicht dazu gehört - oder einer anderen angehört - wird halt viel gelästert. Das aber nie direkt, sondern stets hinter dem Rücken. Es gibt viel Neid über Materielles und Äußerlichkeiten. Auf CSDs und Prides sind wir als Family wahrnehmbar, darüber hinaus weniger.

Der Hass im Netz und im täglichen Leben wird immer homophober.

Ich habe richtig Angst vor der Zukunft. Persönlich fahre ich in kein Land, in welchem staatliche Homophobie praktiziert wird. Da habe ich viel zu viel Angst um meine Person. Außenstehende meinen oft: „Es ist doch gar nicht so schlimm mit der Homophobie.“ Aber wenn man nicht persönlich betroffen ist, kann man es auch nicht so direkt spüren. Die Euro-wahl und deren Ausgang hat meine Angst noch verstärkt.

Wir wünschen dir einen Weg ohne Angst und viele Model-, Tanz- oder TV-Anfragen.

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