Der neue schwule Lüneburger Heidekönig Adam I. kämpft für Akzeptanz für LGBTI*-Menschen
Zum neunzehnten Mal wurde jetzt der schwule Lüneburger Heidekönig gewählt – den Sieg errang der gebürtige Syrer Adam Hasan (22). Er möchte sich nicht nur für Akzeptanz einsetzen, sondern auch ein Bindeglied zwischen Muslimen und LGBTI*-Menschen sein.
Adam, wie war es für dich, die Wahl zu gewinnen?
Es war natürlich ein sehr schönes Gefühl. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Schritt machen würde. Nicht, weil ich Angst hatte, sondern weil ich viel hinterfragt habe, zum Beispiel, was ist, wenn meine Verwandten in Lüneburg erfahren, dass ich homosexuell bin? Wie würden meine Eltern reagieren? Aber letztendlich ist es mein Leben und meine Entscheidung, frei zu leben, wie ich es will. Ich habe auch erst nach rund zwei Tagen realisieren können, dass ich nun der neue schwule Lüneburger Heidekönig bin.
Ziel des Heidekönigs ist es, für Offenheit, Gleichstellung und Akzeptanz einzutreten. Wo setzt Du deine Schwerpunkte?
Ich möchte erreichen, dass Menschen sich trauen, sich zu outen und es so rüberbringen, dass andere Menschen es akzeptieren und verstehen, dass Homosexualität „normal“ ist. Den Begriff „normal“ benutze ich an dieser Stelle ungern, weil jeder Mensch es anders definiert. Meine Schwerpunkte setze ich tatsächlich bei Sichtbarkeit und Toleranz, gerade auch für Menschen mit Migrationshintergrund und/oder aus einer konservativen Familie, die sich nicht trauen, sich zu outen. Sowas ist nicht einfach und braucht viel Kraft und Mut – ich spreche aus eigener Erfahrung, denn ich komme selbst aus einer konservativen Familie und habe Migrationshintergrund. Ohne meine Freunde, die für mich da waren und immer noch da sind, hätte ich es nicht geschafft, mich zu outen. Sie haben mich akzeptiert, wie ich bin und dafür bin ich dankbar.
Du bist ein gebürtiger Syrer – magst Du uns ein wenig von deinem bisherigen Leben erzählen?
2011 bin ich mit meiner Familie kriegsbedingt aus Syrien in den Libanon geflüchtet, dort haben wir zwei Jahre gelebt. Anfang 2014 ging es in die Türkei, dort habe ich als Schuhmacher gearbeitet, sechs Tage die Woche und fast 15 Stunden am Tag. 2016 bin ich mit meiner Mutter und zwei Geschwistern per Familienzusammenführung dann nach Deutschland geflogen und ich war sehr froh darüber, nicht mehr arbeiten zu müssen, sondern endlich wieder zur Schule gehen zu dürfen. Als ich hier in Deutschland zur Schule gegangen bin, war ich ängstlich und wurde aufgrund meiner Sprachbarriere in der Schule ausgegrenzt und gemobbt, das hat mich aber motiviert, die Sprache schnell zu lernen, um Freunde zu finden. Zuletzt war ich Klassenbester und habe nach meinem Realschulabschluss erfolgreich eine Ausbildung zum Pflegefachmann an der Psychiatrischen Klinik Lüneburg abgeschlossen. Im Jahr 2022 wurde ich eingebürgert und hatte mein Coming-Out – ich musste von zu Hause ausziehen und habe keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, weil ich homosexuell bin und sie das nicht akzeptieren, sie empfinden mich als Schande für die Familie. Ich kann heute aber sagen, dass ich stolz auf mich selbst bin, weil ich den Mut hatte, mich zu outen, trotz meiner Familie.
Da hast Du wirklich schon sehr viel erlebt in jungen Jahren. Ist für dich deine Wahl auch ein politisches Statement, gerade auch mit Blick auf die Lage von Homosexuellen in Syrien, die immer noch als „widernatürlich“ gelten?
Ja, man kann es schon als ein politisches Statement sehen, aber das ändert für homosexuelle Männer in Syrien leider nichts. Ich finde es so traurig, dass Menschen nicht so leben dürfen wie sie es wollen und dass Homosexualität als Krankheit gesehen wird in Syrien und einigen Nachbarländern. Die Menschen dort sind nicht aufgeklärt und wurden anders erzogen. Ich bin sehr dankbar, dass ich in Deutschland bin und die Möglichkeit habe, so zu leben, wie ich es will. Wäre ich noch in Syrien, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich unglücklich mit einer Frau verheiratet.
Du verstehst dich auch als Bindeglied zwischen der LGBTI*- sowie der muslimischen Community in Deutschland. Blicken wir auf die aktuellen Zahlen der Polizei, sehen wir, dass viele Angriffe und Hassverbrechen gerade auf Homosexuelle oftmals auch von jungen Muslimen ausgehen. Wie sieht Du das?
Ich verstehe ehrlich gesagt die Menschen nicht, die nach Deutschland kommen und sich nicht anpassen und Hassverbrechen begehen. Ich habe mich so oft gefragt, warum die Menschen nicht in Frieden leben können. Muss es ständig Prügeleien und Stress geben? Das Leben wäre ohne Hass viel schöner und bunter – das klappt aber nur dann, wenn ein Mensch akzeptiert wird, wie er eben ist, egal ob schwul, lesbisch, non-binär, bisexuell oder transsexuell.
Adam, vielen Dank Dir für das Gespräch und alles Gute für deine Zukunft!