Wenn Videospiele Queer werden Level 2: Die große Coming Out Welle
Spätestens im letzten Jahrzehnt hat die Spielewelt ihr Coming-out erlebt: Immer mehr Games integrieren offen LGBTIQ+-Charaktere und -Beziehungen – teils im Zentrum der Story. Ein Meilenstein war zweifellos The Last of Us: Part II (2020), ein Action-Drama mit einer lesbischen Protagonistin und einer trans* Figur. Der Kuss zwischen Hauptfigur Ellie und ihrer Freundin Dina prangte stolz in Trailern und auf Magazincovern und sorgte für hitzige Diskussionen.
Viele feierten die authentische Darstellung queerer Charaktere in einem AAA-Titel als Durchbruch, während manche Stimmen – sowohl homophobe Trolle als auch kritische Teile der Community – das Spiel mit Argusaugen beurteilten. So monierte eine trans* Journalistin, die Figur Lev existiere nur, um Transleid zu präsentieren; andere entgegneten, Lev sei trotz einiger Schwächen ein wichtiger Schritt, weil er nicht auf sein trans* sein reduziert werde.
Die Debatten zeigen: Repräsentation ist endlich da, wird aber aufmerksam begleitet – ein Zeichen dafür, wie bedeutsam sie vielen Gamern ist.

Nicht nur Nischentitel, auch große Studios öffnen sich inzwischen der Vielfalt. Entwickler wie BioWare integrierten in ihren Rollenspielen Dragon Age und Mass Effect fest mehrere queere Begleitfiguren, die man romantisch umwerben kann – oder die von vornherein als queer angelegt sind, wie der schwule Magier Dorian in Dragon Age: Inquisition (2014). Im Shooter-Game Overwatch wurden nachträglich beliebte Helden wie Tracer und Soldier: 76 als queer geoutet, was von der Community überwiegend positiv aufgenommen wurde. Selbst Nintendo, nach dem Tomodachi-Fiasko von 2014 zunächst in der Kritik, hielt sein Versprechen und ermöglichte in Fire Emblem Fates (2015) erstmals gleichgeschlechtliche Beziehungen im Spiel. Zudem bieten neuere Games ihren Spielerinnen und Spielern mehr Freiheiten bei der Charaktergestaltung: In Die Sims 4 wurde 2016 per Update das Geschlechtssystem geöffnet, sodass Kleidung, Aussehen und sogar stimmliche und körperliche Merkmale frei wählbar sind – erstmals konnten auch trans* Charaktere erstellt werden. Diese Entwicklungen tragen dazu bei, dass sich immer mehr Menschen in virtuellen Welten authentisch wiederfinden.
Natürlich gibt es weiterhin Gegenwind von konservativer Seite – manche Releases mit LGBTIQ+-Inhalten werden mit Boykottaufrufen oder homophoben Kommentaren bedacht. Doch die Verkaufszahlen und Auszeichnungen solcher Spiele sprechen eine andere Sprache. Sichtbare queere Helden sind in Games anno 2025 kein exotisches Experiment mehr, sondern zunehmend ein selbstverständlicher Teil guter Geschichten.