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HPV: Die unbekannte Geschlechtskrankheit
Rubrik

HPV Awareness Day Kaum auf dem Schirm, und trotzdem allgegenwärtig: HPV! Wie ist der Stand der Dinge?

ms - 03.03.2025 - 16:00 Uhr

Syphilis, Chlamydien, Tripper (Gonorrhö), HIV: Wenn wir an Geschlechtskrankheiten denken, fallen uns oftmals hauptsächlich die „prominentesten“ STI-Vertreter ein. Kaum auf dem Schirm haben viele hingegen die humanen Papilloma-Viren, kurz HPV, die nicht nur leicht übertragbar sind, sondern auch vielfältige Folgen von Genitalwarzen bis hin zu einer Krebserkrankung haben können. 

Die krebsauslösenden HPV-Typen sind vor allem sexuell übertragbar, oft findet eine Infektion dabei an den Geschlechtsorganen und am After statt. Der HPV Awareness Day am 4. März soll darauf verstärkt aufmerksam machen. Doch warum wissen viele aus der Community so wenig darüber? Und was lässt sich dagegen tun? SCHWULISSIMO fragte nach bei Dr. Olaf Degen, Ärztlicher Leiter der Infektiologie des Ambulanzzentrums im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Fast jede zwanzigste Krebserkrankung in Deutschland ist auf eine HPV-Infektion zurückzuführen. Auch Genitalwarzen können auftreten, insbesondere bei Männern. Trotzdem stehen zumeist in der Community andere Virus-infektionen deutlich stärker im Fokus. Warum fristet HPV so ein Schattendasein? 

Nahezu alle sexuell aktiven Menschen stecken sich im Laufe ihres Lebens mit HPV an – ohne es zu merken. Die meisten Infektionen verursachen keine Beschwerden, sie heilen häufig aus. Bilden sich Feigwarzen, sind diese in den meisten Fällen ebenfalls schmerzfrei.  Vor diesem Hintergrund ist der Leidensdruck gerade bei Männern nicht sehr hoch. Die mit HPV verbundenen Krebserkrankungen etwa im Mund-/Rachen- oder Analbereich sind aber für die Einzelnen tragisch. Sie sind wiederum mit vielen Komplikationen verbunden, wenngleich sie im Vergleich zu den häufigeren Krebserkrankungen an Lunge und Darm seltener vorkommen. Aus diesem Grund müssen wir die Aufklärung über HPV verbessern. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir einen sehr gut verträglichen und hochaktiven Impfstoff haben, der sicher vor den meisten aggressiven HPV-Infektionen schützt.

Gerade mit Blick auf LGBTIQ+: Warum ist Prävention bei HPV besonders wichtig? Und ist eine Impfung auch als Erwachsener noch sinnvoll?

 Das HPV-Virus ist hoch ansteckend und kann sich schon bei kleinen Berührungen von Feigwarzen übertragen. Deshalb ist es so wichtig, dass Menschen mit Feigwarzen ihre Sexualpartner:innen schützen. Die HPV-Impfung ist wirksam gegen die meisten aggressiven Subtypen.  Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung allen 9 bis 14-Jährigen, bis zum 18. Lebensjahr wird sie von den Krankenkassen finanziert und in den Arztpraxen verabreicht. Bis zum Abschluss des 27. Lebensjahres übernehmen viele gesetzliche Kassen die Kosten. Ist die Impfung nicht bis zum Alter von 14 Jahren erfolgt, kann diese noch bis zum Alter von 30 Jahren nachgeholt werden. Auch wenn die Impfung in jungen Jahren am wirksamsten ist, kann sie nach ärztlicher Rücksprache ebenfalls noch für Über-30-Jährige ratsam sein. 

HP-Viren werden hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr (Stichwort Schleimhautkontakt) jeglicher Art übertragen, auch bereits beim Oralverkehr. Gibt es jenseits der Impfung anderweitig Schutzmöglichkeiten? Oder gibt es bestimmte sexuelle Varianten, die besonders gefährlich für eine Infektion sind? 

Bei intensiven Sexualpraktiken wie zum Beispiel beim Analverkehr ist das Übertragungsrisiko deutlich erhöht, auch bei Oralverkehr ist eine Übertragung durchaus möglich. Die Verwendung von Kondomen kann das Ansteckungsrisiko senken. Einen vollständigen Schutz vor einer Ansteckung mit HP-Viren gibt es jedoch nicht. Das macht Prävention umso wichtiger.

Es gibt keine direkte Therapie gegen das HP-Virus im Körper. Was kann oder sollte man trotzdem tun, wenn man sich mit HPV bereits angesteckt hat? 

Sich mit HPV zu infizieren, ist kein Grund zur Panik. Feigwarzen können gut behandelt werden; Betroffene sollten ihre ärztliche Praxis aufsuchen und dort die Infektion beobachten und therapieren lassen.

Eine Infektion verläuft oftmals ohne äußere Anzeichen oder Beschwerden. Und in 90 Prozent der Fälle heilt die HPV-Infektion innerhalb von zwei Jahren von selbst aus. Wie lange aber ist man ansteckend für andere Sexualpartner?  

Während der akuten und länger andauernden HPV-Infektion ist es möglich, seine Sexualpartner:innen mit HPV anzustecken. Insbesondere Feigwarzen sind hierfür maßgeblich. Tatsächlich kann so eine Infektion bis zu zwei Jahre lang dauern – auch wiederholte Ansteckungen sind möglich. Dies geschieht überdies oft unwissentlich, da die HPV-Infektion nicht immer Symptome verursacht.

Am 4. März hat das Universitäre Cancer Center Hamburg des UKE zusammen mit Kooperationspartnern ein breites Programm zum internationalen HPV Awareness Day zusammengestellt. Was dürfen Besucher erwarten?

Besucher:innen des Aktionstags „Hamburg klärt auf. Gemeinsam gegen HPV“ können sich über Vorträge zu den wichtigsten Fakten zu HPV, den damit verbundenen Erkrankungen und der Impfung informieren. Die Stadt Hamburg stellt außerdem ihre neue Impfkampagne vor. An Infoständen gibt es die Möglichkeit, mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen. In einer Poster-Ausstellung können Interessierte einen Einblick in aktuelle Forschungsergebnisse gewinnen und sich mit Expert:innen aus Klinik und Wissenschaft austauschen. Und: Menschen unter 18 Jahren können sich an zehn Impfstätten in ganz Hamburg von 15 bis 18 Uhr kostenlos impfen lassen. Selbstverständlich können sich auch alle anderen Altersgruppen zum Thema beraten lassen und eine Impfung gemeinsam mit den Ärzt:innen abwägen.

Herr Dr. Degen, vielen Dank für das Gespräch.

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