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30 Jahre LSVD+ in Hamburg
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30 Jahre LSVD+ in Hamburg Wie geht es der Community in der Hansestadt?

ms - 14.03.2025 - 14:00 Uhr

Viel erreicht und viel zu tun – so bringt der Hamburger Landesverband des LSVD+ seine Arbeit der letzten 30 Jahre auf den Punkt. 2008 haben Barbara Mansberg und Wolfgang Preussner den Vorstand übernommen und setzen sich seitdem für die Community ein. Welche Themen aktuell zum besonderen Jubiläum unter den Nägeln brennen, haben sie im SCHWULISSIMO-Interview verraten. 

Beginnen wir mit einem Blick zurück: Was waren in den letzten Jahren die größten Aufgaben, denen ihr euch habt stellen müssen?

Als wir 2008 die Vorstandsposten übernommen haben, war es ein ziemlicher Kraftakt, dem LSVD Hamburg neues Leben einzuhauchen. Wir mussten viel Zeit und Energie aufwenden, um Vertrauen in der Community aufzubauen und uns zu vernetzen. Das gilt ebenso für die Landespolitik. Uns ist das in all den Jahren sehr gut gelungen und wir haben viele Erfolge für die queere Community in Hamburg miterstritten. Die Arbeit ist nie weniger geworden und das wird sie auch in Zukunft nicht. Eine große Herausforderung ist für uns die Frage, wie es uns gelingen kann, Verstärkung für die vielfältigen Aufgaben und Unterstützung in der Vorstandsarbeit zu gewinnen.

Wie blickt ihr auf die LGBTIQ+-Politik in Hamburg?

Wir können schon sagen, dass Hamburg auf einem guten Weg ist. Natürlich sind wir nicht am Ziel, wir haben da noch dicke Bretter zu bohren. Aber wir sehen auch, was sich schon bewegt hat und wie wir durch unsere „kritische Begleitung“  dabei mitgewirkt haben. Es geht nicht nur darum,  Forderungen an die Politik zu stellen und dann abzuwarten, was passiert. Wir nutzen die Dialogbereitschaft, stellen unsere Expertise zur Verfügung und bringen uns aktiv in partizipative Prozesse ein. Mit „wir“ meinen wir nicht nur uns, sondern auch viele andere Akteur*innen der Hamburger Community. Erfolgreiche Beispiele sind da: Durch das Einbringen von LSBTIQ+ in das Senior*innenmitwirkungsgesetz 2018 sind mehrere Projekte LSBTIQ+ und Alter entstanden, die auch für 2025/2026 eine Förderung erhalten sowie der Denk-Ort sexuelle und geschlechtliche Vielfalt „Pavillon der Stimmen“ in 2025 an der Hamburger Binnenalster.

Ihr setzt euch auch für einen Vertretungssitz im NDR-Rundfunkrat ein. Warum ist dieser so wichtig? 

Fast alle Rundfunkanstalten haben Diversität in ihren Räten,  um auch an der Programmgestaltung für queere Themen und Vielfalt mitzuarbeiten. Der NDR hat 2021 nichts unternommen, allerdings sind hier auch vier Länder beteiligt. Wir haben die Politik aufgefordert und werden nach der Wahl mit den vier Ländern beraten und dann Forderungen an den NDR herantragen. Es war uns schon immer wichtig, dass queere Themen einem breiten Publikum näher gebracht werden. Gerade in diesen Zeiten, wo unsere schon sicher geglaubten Rechte bedroht sind, müssen wir noch dringlicher dafür kämpfen.

Das stimmt, die Zeiten werden rauer, gerade für LGBTIQ+. Wie blickt ihr auf die kommenden Jahre und was macht euch Mut? 

Wir haben uns nie bei erzielten Erfolgen zurückgelehnt. Seit 30 Jahren fordert der LSVD die Ergänzung  des Artikel 3 GG. Auch das ist keine Garantie, aber Errungenschaften können uns nicht so schnell genommen werden. Die queere Community ist ja keine homogene Gruppe – was für die einen ein Erfolg ist, weil sie nur ihre Blase im Kopf haben, ist für andere nur ein Teilerfolg oder sie existieren gar nicht. Wir brauchen für die Zukunft viel mehr Solidarität und Vernetzung – sowohl in der Community als auch in der Gesellschaft. Mut macht uns, dass derzeit viele Menschen auf die Straße gehen, um solidarisch miteinander für die Werte unserer Demokratie einzutreten. 

Seit 15 Jahren gibt es auch den internationalen Jugendaustausch mit queeren Aktivisten aus Russland, seit 2022 auch Estland. Ein besonders bemerkenswertes Projekt!

Das ist ein sehr komplexes Thema, da wir unsere bilateralen Jugendaustausch mit LGBTIQ+-Aktivist*innen in einem autokratisch regierten Land durchgeführt haben. Durch die repressive Gesetzgebung war der Austausch erst mit 18+ möglich. Jüngere Queers gibt es in Russland nicht. So will es die Politik und die Mehrheit der Gesellschaft teilt das. Viele unserer Teilnehmenden aus den Projekten in St. Petersburg konnten mit unserer Hilfe dem Krieg entfliehen und sich (vorerst) ein neues Leben in Deutschland/Europa aufbauen.

Barbara und Wolfgang, ihr seid die Gesichter des LSVD+ Hamburg. Gibt es einen besonders schönen Moment, der euch durch den Kopf geht, wenn ihr an eure bisherige Arbeit zurückdenkt? 

Wolfgang: Für mich sind die vielen Begegnungen mit den russischen Jugendlichen immer in meinem Herzen. Aber auch die Projekte in Hamburg mit der Community bleiben in Erinnerung. Sei es der nun in diesem Jahr zum siebzehnten Mal stattfindende Rainbowflash, die vielen CSDs oder die Ehe für Alle. 

Barbara: Es gibt für mich so viele schöne Momente,  da fällt es schwer, nur einen zu nennen. Auf jeden Fall gehören dazu die Begegnungen mit den russischen Aktivist*innen, die den Weg ins Exil geschafft haben, der Pride Award, den das Lesbennetzwerk Hamburg für den Dyke*March erhalten und vieles mehr. 

Barbara, Wolfgang, vielen Dank für das Gespräch und euren Einsatz.

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