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Wally // © vvg

Wally`s Erben Die Geschichte

vvg - 07.11.2018 - 07:00 Uhr

Theater: Filmdose

Ich kam über Wallys Mann, Rolf Bührmann in die Dose, weil er mich als Servicekraft haben wollte. 1980 fing ich an; aus einem Probetag wurde ein Job, der neben Kellnern auch Musikmachen beinhaltete. Letzteres war ein Ritterschlag, weil Wally ja selbst als DJ hinter dem Pult stand. Nach 4 Jahren folgte eine Pause, bevor ich 1989 Geschäftsführer wurde. Das war die Spielzeit von „Sissy“. Ich machte die Conferencen, sorgte für den Einlass und die Regeln im Saal. Dann kam der Umzug in die Kaiserdose, wo ich in „Die Geierwally“ mitspielte. Zeitgleich fragte mich die Brauerei, ob ich nicht die Filmdose übernehmen wollte, was mir neben dem Theaterspielen irgendwie geglückt ist. Es war zunächst ein reines Speiserestaurant. Als Wally immer mehr in die Musical-Phase kam, beschlossen Jonathan Briefs, Marcos Schlüter und ich, das ursprüngliche Bockmayer-Theater wiederzubeleben. Das lief 2000 mit „Heidi, auf dem Gipfel der Lust“ ein Jahr lang im Haus Töller. Autor war der geniale Bernd von Fehrn. Danach ging es 2001 zurück in die Filmdose. Es folgten „Diana, das Mädchen mit der Arschkarte“, „Pretty Prummen“, „Vom Winde verdreht“, „Trashdance“, „Heidi 2.0“, „Exorzist, auf Teufel komm raus", „Rebecca, die Frau, die nicht viel wusste“. Das aktuelle Programm heißt „Teitänic – die tun nichts, die wollen nur cruisen“ und ist natürlich entfernt angelehnt an den Film „Titanic“. Das Ensemble besteht aus Claus Janzen und Charalampos Lavassas - und neu im Wechsel ist Manuel Rittich. Wir spielen maximal vor 80 Personen von Donnerstag bis Sonntag.
Der Charme der Filmdose besteht darin, dass wir versuchen, Theater zu machen, wie es Wally früher gemacht hat. Hier ist Tradition und Intimität gesetzt. Wally spukt noch ganz viel in den Stücken in der Filmdose herum, allerdings sind sie nicht mehr so sexistisch und unterste Gürtellinie, eher mit frechem Akzent. Marco stieg nach „Pretty Prummen“ aus, Jonathan nach „Trashdance“. Seitdem bin ich der Theaterleiter und seit „Diana“ arbeite ich mit einem hervorragenden Autorenteam aus Agma Formanns und Bernd von Fehrn.
Von Wally habe ich viele Sachen gelernt, auch unterschwellige. Wally hatte einen guten Blick und konnte die Leute schnell einschätzen. Er legte Wert darauf, dass man Mut zur Hässlichkeit bewies. Außerdem war sie eine Krämerseele: Sie hätte selbst dem Papst ein Ehebett verkaufen können. Und sie hatte immer Ideen, wie sie etwas umsetzen konnte.

Alex Moll – Filmdose Köln, www.filmdose-koeln.de

Theater : Mittelblond

Mir erzählte ein Freund, er habe ein Interview mit Wally Bockmayer im Radio gehört, in dem er zu einem Casting für ein neues Stück aufrief. Ich fuhr also von Recklinghausen nach Köln, wo ich Wally am 12. Januar 1994 bei einem Vorsprechtermin gegenüberstand und ihm u.a. die „Molina“ aus „Kuss der Spinnenfrau“ vorsprach. Danach war ich im Ensemble von „Elvira, die Samenbankmörderin von Burg Gerolstein“. Wally suchte ja keine ausgebildeten Schauspieler, weil die zu sehr am Textbuch kleben. Von ihm lernte ich vor allem, Mut zur Hässlichkeit. Man muss nicht schön sein, um Leute zu unterhalten. Er ließ jedem die Freiheit, zu spielen und zu improvisieren.
Nach 7 Jahren bei Wally habe ich mit Alex Moll und Jonathan Briefs bei „Heidi auf dem Gipfel der Lust“ weitergemacht. Da ich aber von zwei Vorstellungen pro Woche nicht leben konnte, musste ich mir etwas einfallen lassen. Nach Arbeiten, die keinen Spaß machten, kam mir mit Hilfe eines Geschäftspartners die Idee, ein eigenes kleines Theater zu eröffnen, was ich am 16. Oktober vor 10 Jahren umsetzte.
Der Name Mittelblond entstand durch meine Haarfarbe und ich bin gelernter Frisör. Nach „De Beautycase“ folgten „Cindy Rella“, „Mary Poppers“, „Mit 80 Tunten um die Welt“, „Hysterie am Neumarkt“, „Diana, das Mädchen mit der Arschkarte 2.0“, „Pretty Prummen“ und z. Zt. „Scarlett, die Stecherin aus Mechernich“; praktisch „Vom Winde verweht“ op kölsch. Wir spielen zu Dritt, aber es ist meine Entscheidung, was wir spielen. Was „Uns“ ausmacht, ist wohl das Intime, denn das Theater hat nur 48 Plätze. Trotzdem sind wir seit Jahren zu 99,9% ausverkauft. Vielleicht kommt auch die Mischung aus Improvisation, Stand up und Travestie so gut an. Außerdem baue ich das Publikum mit ein; eine(r) ist immer das Opfer des Abends. Oft bin ich selbst überrascht, was ich da an Bösartigkeiten raushaue; aber ich entschuldige mich immer auf meine Weise und sorge für Sonderapplaus. Nur: Wenn der Humor nicht dein Humor ist, hast du am Abend die Hölle auf Erden – Alle anderen lieben es.

Marcos Schlüter – Mittelblond Köln, www.mittelblond.com
 

Theater : Scala

Ralf lernte Wally 1998 beim Vorsprechen für das Stück „La Traviata - die Binde war ihr Schicksal“ für das Kaiserhof-Theater kennen und arbeitete seitdem in den Nachfolgestücken und in sämtlichen Scala-Produktionen bis zu Wallys Tod 2014 mit ihm zusammen. Arne kam 2006 mit dem Stück „Quo Va Driss“ ins Ensemble, spielte aber auch an anderen Bühnen u.a. 4 Jahre im Mittelblond. „Wally lehrte uns, angstfrei zu spielen, und machte uns klar, dass einem auf der Bühne nichts passieren kann. Er war egozentrisch, hatte aber keine Starallüren“, so die beiden. Ralf saß mal mit ihm an der Kartenkasse, als ein Zuschauer fragte: „Lebt dieser Herr Bockmayer eigentlich noch?“ Wally antwortete nur: „Keine Ahnung, den kenne ich nicht!“
Das Scala Theater existiert seit 2003 - vorher besaß Wally zunächst die Filmdose, danach das Kaiserhof-Theater mit der Kaiserdose - und erfreute dort mit witzigen, kultig-trashigen Komödien die Herzen der Kölner. Wally inszenierte 2014 noch das Stück „Aape op Jöck“ und sprach bei der Premiere am 25. September von der Bühne zum letzten Mal zu seinem Publikum, bevor er 12 Tage später verstarb. Seitdem führen Arne und Ralf mit Stolz quasi das „Mutti-Haus“. Natürlich spukt Wally noch mit seinen geflügelten Redensarten im Theater herum; mit Sätzen wie: „Lieber schwul als ein altes Wollkleid“, „Tun wir’s doch mal lesen“, oder weil Wally gerne und viel häkelte: „Wenn’s jetzt nicht losgeht, fang ich noch `nen Topflappen an.“
Seit 2015 standen die Stücke „Dä Floch von Königswinter“, "Dreimol Null es Null" und "Kaffeebud - La kölsche Vita“ auf dem Spielplan. Zur Zeit amüsiert sich Köln über das 4. Stück „Do laachs do dich kapott“ in dem es um „Die ganz große Liebe“ geht.
Wally schrieb seine Stücke in den USA, auch Ralf schreibt die Stücke selbst, allerdings bringt er seine Gedanken und Ideen in Zandvoort/NL zu Papier. Und auch erst, nachdem er mit seinem Mann Arne über den Inhalt gebrainstormt hat. Das Scala Theater macht aus: „Kölsche Deftigkeit“ und „dat mer dat Hätz om rächte Fleck han“, sagen Ralf und Arne. „Natürlich stehen wir selbst mit auf der Bühne - oft sogar in Doppelrollen – außerdem zählen noch elf weitere Schauspieler-Innen zu unserem Ensemble. Das Theater liegt zentral, unmittelbar am Ring und bietet 260 Zuschauern Platz. Wir sind stolz, sagen zu können, dass wir über Monate im Voraus ausgebucht sind und dafür danken wir unseren Besuchern!“

Ralf Borgartz & Arne Hoffmann - Scala Theater Köln, www.scala.koeln
 

Georg Schnitzler

„Für unser neues Stück suchen wir noch Schauspieler“, las ich auf einem handgeschriebenen Plakat in der Filmdose. Und ich dachte, eigentlich mehr aus einer Bierlaune heraus: die suchen mich! Ralf Morgenstern hat hinter der Theke gearbeitet. Von mir auf das Plakat angesprochen, notierte er Wallys Nummer auf einem Zettel. Drei Tage später war ich mir sicher, dort tatsächlich anrufen zu wollen - tat es und bekam einen Termin zur Vorstellung. In diesem völlig unspektakulären Gespräch habe ich dann Wally kennen gelernt. Ein paar Tage später überreichte er mir das Textbuch zu „Sissi - Beuteljahre einer Kaiserin“ mit dem Kommentar: „Deine Rollen sind unterstrichen“. Das war alles! Kein Vorsprechen. Kein Vorspielen. Nichts. Damals war ich mir der Tragweite dieser Entscheidung überhaupt nicht bewusst. Aus heutiger Sicht hat Bockmayer - haben wir - Theatergeschichte geschrieben. 2 1/2 Jahre Spielzeit, davon 1 1/2 Jahre Deutschland Tournee, 555 ausverkaufte Vorstellungen! Wir standen auf allen großen Bühnen, darunter nicht nur Privattheater wie etwa der Schlachthof in München oder das Schmidt-Theater in Hamburg sondern auch städtische Bühnen und Schauspielhäuser. Man kann fast sagen, dass es kaum jemanden unserer Generation gibt, der uns damals nicht auf der Bühne gesehen hat. Es war phantastisch all diese Bühnen kennen zu lernen und all die Kontakte, auch zu prominenten Kollegen knüpfen zu können. Von Rolf Bührmann - Wallys Partner - habe ich alles gelernt, was nötig war, um selbst ein Theater zu gründen. 1994 habe ich das Erste Kölner Wohnzimmertheater eröffnet, das inzwischen selbst Theatergeschichte geschrieben hat. Die letzten 10 Jahre hat es mich allerdings zu meinen Wurzeln zurückgezogen und ich habe mein Kunststudium nochmals aufgenommen, zum Abschluss gebracht und bin heute als Bildender Künstler tätig und als solcher auch erfolgreich. Internationale Auszeichnungen und eine Dozentenstelle an der Kunstschule sind das Ergebnis meiner Arbeit.

Georg Schnitzler www.georg-schnitzler.de

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