Trotz mangelnder Zustimmung Inge Meysel bekommt Straße in Berlin Friedrichshain
Das Bezirksamt im Berliner Stadtviertel Friedrichshain-Kreuzberg will eine bislang unbenannte Straße nach der verstorbenen Schauspielerin Inge Meysel (1910-2004) benennen, die bis zu ihrem 15. Lebensjahr in Berlin Friedrichshain wohnte. Die Benennung erfolgt jetzt, obwohl sich nur wenige Anwohnende für den neuen Namen aussprachen. Ein konkretes Datum für die Adressänderung gibt es bislang nicht.
Öffentliche Befragung
Anfang 2021 informierte das Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg darüber, dass eine bislang namenlose Straße zwischen Koppenstraße und Straße der Pariser Kommune beziehungsweise Franz-Mehring-Platz endlich benannt werden soll. Der ursprüngliche Namensbeschluss stammte laut der Berliner Zeitung aus einer Bezirksverordnetenversammlung im November 2019.
Die Menschen, die in der Straße leben und arbeiten, konnten darüber abstimmen, ob sie mit der Änderung ihrer Adresse zur „Inge-Meysel-Straße“ einverstanden waren. Die Resonanz der Betroffenen war verhalten: Von den etwa 1500 angeschriebenen Haushalten und Gewerben sprachen sich nur 32 für die neue Adresse aus. 206 wollten lieber ihre alte Adresse weiterführen. Trotzdem teilte ein Sprecher des zuständigen Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg am Montag mit, dass der BVV-Beschluss gültig bleibt.
Über Inge Meysel
Meysel wurde am 30. Mai 1910 geboren. Ihr Vater war ein jüdischer Tabakhändler, ihre Mutter war Dänin. Bereits mit drei Jahren stand Meysel das erste Mal auf der Theaterbühne, damals als Engel in der Oper „Hänsel und Gretel“. Ihr Debüt als Erwachsene hatte sie 1930 in der Erstaufführung von „Etienne und Luise“, bevor ihr von 1933 bis 1945 als „Halbjüdin“ ein Auftrittsverbot auferlegt wurde.
Ihre Theaterkarriere nahm Meysel nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Hamburg erneut auf. Daneben spielte sie auch in Kinofilmen und TV-Serien wie „Die Unverbesserlichen“, „Mrs. Harris“ und „Polizeiruf 110“. Als Schauspielerin war sie für ihre willensstarken Frauenrollen bekannt. Ob sie nun eine Putzfrau oder eine Diebin spielte, alle ihre Charaktere waren tatkräftig und bestimmt. Mütter verkörperte Meysel besonders oft, was ihr schließlich den Titel „Mutter der Nation“ einbrachte.
Nicht nur die Charaktere der Schauspielerin waren resolut – auch sie selbst war es: Sie trat aktiv gegen die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ein und sprach dabei auch ganz offen über ihre eigenen homosexuellen Erfahrungen. Meysel starb im Juli 2004 im hohen Alter von 94 Jahren.