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Absage Stunden zuvor erzürnt Pride-Community

Eklat bei Pride in Montreal LGBTI*-Aktivisten marschieren wütend auf den Straßen von Montreal

ms - 11.08.2022 - 15:30 Uhr
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Zu einem Eklat kam es beim Pride in Montreal – die beliebte Demonstration wurde nur Stunden vor der Parade abgesagt. Grund: Es gab angeblich zu wenige Sicherheitskräfte. Die kanadische LGBTI*-Community zeigte sich erzürnt und mehrere hundert Menschen setzten sich kurzerhand über das Verbot hinweg und marschierten trotzdem vom Place Émilie-Gamelin hinunter in Richtung der Esplanade des Olympiaparks. Aus den klassischen Feierlichkeiten wurde so im tatsächlichen Wortsinn ein Protestmarsch und das gleich im mehrfachen Sinn. Die Demonstranten trugen dabei Schilder mit der Aufschrift "Du brauchst keinen Polizisten, um zu laufen!"

Der Montreal Pride ist eingebettet in ein LGBTI*-Festival, wobei die Parade den Höhepunkt darstellt. In den vergangenen Jahren entwickelte sich der Montreal Pride zum größten LGBTI*-Festival in Kanada – in den rund zehn Tagen kommen jedes Jahr im Schnitt rund 2,5 Millionen Besucher in die kanadische Metropole und feiern auf zahlreichen Veranstaltungen die LGBTI*-Community. Das Festival entwickelte sich immer mehr zu einem kunterbunten Event, bei dem Demonstration, Kulturveranstaltungen und Happenings fließend ineinander übergehen. Die Absage kam erst Stunden vor dem geplanten Pride von Simon Gamache, Geschäftsführer von Montreal Pride. Er gab dem Arbeitskräftemangel in ganz Québec und darüber hinaus den COVID-19-Fällen und der Hitzewelle die Schuld an den Personalproblemen – seinen Angaben zufolge fehlten über achtzig Sicherheitskräfte. Nach Rückfrage musste Gamache allerdings inzwischen einräumen, dass eine Einstellung von Sicherheitspersonal gar nicht erst stattgefunden habe – an welcher Stelle die Organisation also tatsächlich versagt hat, soll jetzt eine Untersuchung klären. Nach Angaben des kanadischen National Observer wurde die Veranstaltung von der Stadt Montreal und der Regierung von Québec mit insgesamt 1,7 Millionen Dollar gefördert. Es ist aktuell daher auch völlig unklar, ob die Absage der Veranstaltung Auswirkungen auf die Finanzierung künftiger Pride-Veranstaltungen haben wird. Geschäftsführer Gamache erklärte abschließend kleinlaut, man hoffe in den nächsten Wochen oder Monaten “etwas anderes“ organisieren zu können, um den Pride zu ersetzen.

Die Bürgermeisterin von Montreal, Valérie Plante, zeigte sich schockiert über die unerwartete Absage und erklärte noch am gleichen Tag: "Meine Frustration besteht darin, dass offenbar Entscheidungen getroffen wurden, über die wir nicht rechtzeitig informiert wurden, und das ist enttäuschend. Wären wir über den Personalmangel oder etwas anderes informiert worden, hätten wir die nötige Energie aufgewandt, um den Pride stattfinden zu lassen!“ Auch zahlreiche Vertreter der LGBTI*-Community zeigten sich bestürzt: "Man hat uns einen Ort versprochen, an dem wir uns Gehör verschaffen können, und jetzt hat man ihn uns weggenommen. Ich finde es eine Schande, denn ob es nun ein Sicherheitsproblem ist oder nicht, man hätte es uns schon viel früher mitteilen können. Wir erleben in diesen Tagen so viel Gewalt, selbst wenn wir zu Pride-Veranstaltungen gehen. Und wir wollen diesen Ort als unser Zuhause zurückerobern!“, so der LGBTI*-Aktivist Salem Billard. Und Puelo Deir, Mitbegründer des angeschlossenen LGBTI*-Kunst- und Musikfestivals, ergänzte: "In meiner Welt kann man den Pride gar nicht absagen! Um den Pride abzusagen, bedürfte es schon eines brutalen Aktes des Universums selbst! Den Pride einfach so abzusagen wie eine ordinäre Tanzparty, das ist absolut ungeheuerlich!“

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