Genussvoll Essen Mehr Zeit gemeinsam verbringen
Fürs Kochen bleibt vielen heutzutage keine Zeit. Sie greifen daher immer öfter auf Fertiggerichte oder den Lieferdienst zurück und schlingen ihr Mahl anschließend hinunter – die Nahrungsaufnahme wird zur Nebensache. Gesund ist das jedoch nicht: Einseitige Ernährung und schnelles Essen legen den Grundstein für zahlreiche Zivilisationskrankheiten. Auch geht das Wissen um die Herkunft von Lebensmitteln zusehends verloren: Oftmals wissen Großstadtkinder gar nicht, dass Milch nicht etwa aus dem Tetrapak kommt, sondern von der Kuh.
Genussvolles Essen nutzt die gesamte Bandbreite der Sinne, denn nur mit dem Geschmackssinn können wir Speisen gar nicht richtig beurteilen. Neben Schmecken gibt es da noch Sehen, Tasten, Hören und Riechen. Da Genuss die Eindrücke aller Sinne vereint, braucht es dazu Zeit und Ruhe. Genießer essen bewusst und hören auf ihren Körper: Sie wissen, worauf sie Appetit haben und hören auf zu essen, wenn sie satt sind. Die gute Nachricht: Die Sinne und den Genuss kann man trainieren.
Der erste Blick ist nicht nur beim Daten entscheiden: Beim Einkauf frischer Lebensmittel achten wir auf deren Form, Farbe und Frischegrad. Beim Essen erfreuen wir uns an stimmiger Tischdeko und schmackhaft arrangierten Speisen. Der Sehsinn und die eigene Erinnerung entscheiden, was gekauft oder gegessen wird. Besonders anregend auf das Auge wirkt eine Mischung aus verschiedenen Farben und Formen.
Beim Tasten erspüren wir Texturen und ob etwas heiß, kalt oder potenziell gefährlich ist. Beim Einkauf erkennen wir schon beim sanften Anfassen, ob die Paprika noch frisch und knackig ist oder ob sie schon schrumpelige oder gar weiche Stellen aufweist. Auch bei Früchten wie Kiwis erkennen wir den Reifegrad durch Tasten. Beim Essen erspüren Zunge und Mundschleimhaut die Konsistenzen der Speisen.
Auch das Ohr hilft dabei, die Frische von Lebensmitteln zu bestimmen. Man denke nur an das herzhafte, knusprige Knacken eines frisch gebackenen Brötchens. Ob die Melone schon reif ist, prüft man gemeinhin durch Klopfen und das charakteristische „Plopp-Geräusch“ markiert die frisch geöffnete Marmelade als zweifelsfrei genießbar. Beim Essen lenken laute Geräusche von anderen Sinneseindrücken ab – daher sollte man dabei auf den Fernseher, laute Musik und Streitereien verzichten.
Alleine der Duft lockt uns oft schon ins nächste Café. Auch beim Kauen werden Aromen freigesetzt, die von dort an die Riechschleimhaut gelangen und zusammen mit dem Eindruck der Zunge den Geschmack ergeben – nicht umsonst schmecken wir bei Erkältungen so wenig. Die Nase ist ebenso wichtig, um die Genießbarkeit von Speisen zu beurteilen: Wenig verdirbt den Appetit so schnell wie der Geruch verdorbener Milch.
Die Zunge unterscheidet vier Geschmäcker: Süß, salzig, bitter und sauer. Babys bevorzugen anfangs evolutionär bedingt Süßes, da Zucker schnell in Energie umwandelbar ist. Die Abneigung gegen Bitteres lässt sich ebenso mit Überlebens-Instinkten erklären, denn Bitteres ist in der Natur oft giftig. Durch langes Kauen verändert sich der Geschmack mancher Lebensmittel – Brot zum Beispiel.
Neben Zeit, ungeteilter Aufmerksamkeit und aktivem Erleben gehört zum Genießen auch die Selbstkontrolle. Der Verzicht kann dabei vielfältig sein: Mancher isst nur, worauf und wenn er Appetit hat. Oder konsumiert Früchte und Gemüse ausschließlich innerhalb der Erntezeit, wenn alle Inhaltsstoffe voll enthalten sind. Mit der Zeit entdeckt der Genießer, was ihm besonders gut schmeckt und was ihm in welcher Menge gut bekommt. Das bewusste Essen hilft so dabei, viele Krankheiten zu lindern oder gar zu verhindern.
Kinder sollten sich schon von Anfang an genussvoll mit Lebensmitteln auseinandersetzen. Sie besitzen von Natur aus einen Entdecker-Drang, der sie ihre Umwelt mit allen Sinnen aktiv erfahren lässt. Eltern sollten diese natürliche Neugierde fördern, indem sie immer neue Obst- und Gemüsesorten auf den Tisch bringen und mutig die Küche des Urlaubslandes probieren. So haben ungesunde Essgewohnheiten erst gar keine Chance.