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Das Konzept Männlichkeit
Rubrik

Ein Konzept im Wandel Was bedeutet Männlichkeit heute

kk - 11.07.2020 - 10:00 Uhr

„Wann ist ein Mann ein Mann?“, fragte Herbert Grönemeyer 1984 in einem seiner berühmtesten Songs und auch über drei Jahrzehnte später stellen sich diese Frage und viele Folgefragen zum Thema immer noch: Was bedeutet Männlichkeit also heute? Wie sieht es mit Homosexualität und Männlichkeit aus? Und welche Auswirkungen hat Männlichkeit auf das Individuum und die Gesellschaft? Wie soll er denn idealerweise sein, der Mann? Machohaft oder mitfühlend? Hart oder herzlich? Oder geht am Ende sogar beides? Im Folgenden gehen wir der Männlichkeit auf den Grund und denken über die Ränder ihres Konzeptes hinaus.

Definition von Männlichkeit:
Schon zu Anfang mit der Beschäftigung wird es schwierig, denn ist Männlichkeit überhaupt noch definierbar oder in der heutigen Zeit ein überholter Begriff? Zunächst einmal beschreibt Männlichkeit eine Summe von Eigenschaften, die für Männer im westlichen Kulturraum als charakteristisch gelten. Dabei handelt es sich um physische Merkmale, die im Gegensatz zu den weiblichen positioniert werden wie Körperkraft, der die angebliche Schwäche der Frauen entgegengesetzt wird. Markante oder eckige Züge sind als Stereotype ebenso vorhanden, während weiche oder abgerundete Züge als weiblich gelten. Auch charakterliche Merkmale werden Männern zugeschrieben, wie zum Beispiel Mut, Abenteuerlust, Risikobereitschaft, Aggression, Führungsanspruch, aber auch Besonnenheit bis hin zu „Coolness“. Zudem werden Männern einige mentale Merkmale zugeordnet wie organisatorische oder technische Fähigkeit, während Frauen eher soziale Kompetenzen zugeschrieben werden. An diesen Männlichkeitsmerkmalen orientieren sich bis heute Werbung, Filme oder Mode, so dass sogar 2020 noch ein Schauspieler, der durch seine Rolle als typischer Mann in Form von James Bond, in die Kritik geriet als er sein Baby in einem Tragetuch vor seinem Bauch trug. Daniel Craig wurde mit Spott bedacht und das Schlagwort #emasculatedBond (entmannter Bond) tauchte in den Sozialen Medien auf, aber an vielen Stellen wurde das Durchbrechen von männlichen Stereotypen auch begeistert aufgenommen. In der Wissenschaft wie Soziologie oder den Gender Studies wird deshalb immer wieder darauf verwiesen, dass es sich bei Männlichkeit eigentlich um ein Konstrukt oder ein Konzept handelt, das kulturell variiert und sich historisch wandelt.

Wann ist ein Mann ein Mann?

Was bedeutet Männlichkeit heute?
Männlichkeit scheint heutzutage in eine Krise geraten zu sein: Abwertend wird von dem „alten weißen Mann“ gesprochen, der Begriff von „toxischer Männlichkeit“ macht die Runde und Gewalt wie Aggression scheint vor allem männlich programmiert zu sein. Weibliche Regierungskräfte haben Krisen wie aktuell die Corona-Pandemie besser bewältigt als Männer wie Trump, Putin oder auch Macron, die zwar in ihrem Alphatier-Verhalten die Vorstellung eines Heeresanführers vermitteln wollen, allerdings auf die Komplexität der Welt nur mit der Eindimensionalität der vermeintlich starken Hand reagieren können. Die Verunsicherung vieler Männer über den Verlust ihrer angeblichen naturgegebenen Männlichkeit, der so genannten hegemonialen Männlichkeit als z.B. Familienernährer, durch Wissenschaft, Gesellschaft und Medien hinterlässt jedoch ein Vakuum. In das bereitwillig Verfechter des Patriarchats springen oder Phänomene wie die so genannten Incels hervorbringt. Bei diesen handelt es sich um heterosexuelle Männer, die unfreiwillig keinen Geschlechtsverkehr haben und Frauen dafür die Schuld geben. Sie pochen auf ihr Recht auf Sex, notfalls mit Gewalt und gehören zur antifeministischen Männerrechtsbewegung.

Die feministischen Forderungen haben das Männerbild gehörig erschüttert und die bisherigen Rollen in Familie oder Beruf verändert. Und doch sind laut Statistischem Bundesamt in Deutschland über 90 Prozent der Väter in Vollzeit beschäftigt, aber nur an die 30 Prozent der Mütter. Frauen verbringen deutlich mehr Zeit mit Kinderbetreuung, Pflege, Ehrenamt und Haushalt. Und auch hier hat die Corona-Krise gezeigt, wie sehr die alten Rollenverteilungen greifen, wenn mühsam errungene Einrichtungen wie KiTas nicht mehr funktionieren.

Im Prinzip lässt sich also auch heute nicht pauschal sagen, was Männlichkeit ist – zu sehr variiert dieses Bild je nach Gesellschaftsschicht oder Kulturraum. Was sich jedoch verändert hat, ist das die Frage nach Männlichkeit überhaupt gestellt wird und dass dieses Konzept zwar erklärungsbedürftig, aber auch vielfältiger und gestaltbarer geworden ist.

Was ist Männlichkeit heute?

Wie sieht es mit Homosexualität und Männlichkeit aus?
Der sogenannte „moderne Mann“ ist also jemand, der nicht in Stereotypen daherkommt und dennoch gibt es einen Bereich, in dem „Männlichkeit“ wiederum eine große Rolle spielt: Denn im Verhältnis zur Homosexualität zeigen Heterosexuelle ein oft widersprüchliches Verhalten, aber auch Homosexuelle selbst haben ein widersprüchliches Verhältnis zum Konzept der Männlichkeit.

Schwulsein passt offenbar immer noch nicht zu dem traditionellen Männlichkeitsbild. Die starke Abgrenzung zur Weiblichkeit bei „echten Männern“ einerseits und die Zuschreibung vieler weiblicher Verhaltensmuster oder Optiken bei Homosexuellen andererseits, führt dazu, dass alles, was als unmännlich gilt, schwul ist. Bei Jugendlichen ist es ein Schimpfwort und so wird der Status der eigenen männlichen Hierarchie verfestigt. Dennoch änderte sich ein wenig mit der Veränderung von körperlichen Normen als Prominente wie David Beckham oder Brad Pitt mit dem Männlichkeitsbild spielten und eine Ästhetik der Metrosexualität vorantrieben. Vermeintliche Schönheitsideale von Schwulen wurden so zum Mainstream und dennoch ist es immer noch nicht denkbar, dass ein Fußballstar sich als homosexuell outet. Bei Politikern sind hingegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften weitgehend gesellschaftlich akzeptiert. Woran liegt das? Daran, dass homosexuelle Beziehungen offenbar immer nur dann toleriert werden, wenn sie sich an Hetero-Werten orientieren. Fußballer stehen immer noch als Symbol der „alten“ Männlichkeit“ und „dürfen“ deshalb einfach nicht schwul sein.

Paradoxerweise pflegen Homosexuelle in Sachen Aussehen ebenfalls dieses alte hergebrachte Männerbild und so kommt es, dass es vor allem auf Dating-Portalen zu einer gewissen Homonormativität kommt, also eine bestimmte Norm, nach der sich Schwule auch meistens richten. Und das idealisierte Körperideal lautet dann schlicht: Möglichst männlich – also athletisch, definiert und durchtrainiert. Das Problem an diesem Ideal ist aber, eigentlich ist es doch ziemlich Hetero. Diese Homonormativität der Vorlieben bringt dann auch Hass und Hetze gegen all jene hervor, die anders sind und einem fiesen Bodyshaming ausgesetzt werden. Auch in der homosexuellen Szene bringt das verfestigte Männlichkeitsbild also auch immer noch viel unnötigen Frust mit sich.

Männlichkeit und Homosexualität

Welche Auswirkungen hat das Konzept der Männlichkeit?
Was sind nun also die Auswirkungen von Männlichkeit für das Umfeld eines Mannes und auf den Mann selbst, wenn er nicht männlich genug ist bzw. gar nicht weiß, was Männlichkeit genau bedeutet? Wie oben bereits erläutert, kann es dazu führen, dass Männer zu noch radikaleren Konzepten greifen wie Patriarchats Ansprüchen, die Ausgrenzung von nicht „typischen Männern“ forcieren oder an vermeintliche Führungsgestalten glauben.

Andere Männer nutzen jedoch das inzwischen fluide Konzept der Männlichkeit und erlauben sich, ihre „weiblichen“ Seiten auszuleben, sei es in der Berufswahl oder bei Hobbys, aber auch im sozialen Verhalten. Die #MeToo-Bewegung hat hier zum Beispiel auf eine große Sensibilisierung in Sachen Sexualität und Macht geführt – und dies über Geschlechtergrenzen hinweg, denn das Problem gibt es sowohl im heterosexuellen als auch im homosexuellen Bereich.

Der Umgang mit unterschiedlichen Formen als Mann sein Leben zu leben, muss also nicht als Verunsicherung wahrgenommen werden, sondern kann als Freiheit gesehen werden, unterschiedlichste Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Erst wenn sich diese Sicht bei Männern allgemein durchsetzt, wird es auch im Alltag und der Gesellschaft zu wirklich wichtigen strukturellen Weichenstellungen kommen, die dann wiederum Auswirkungen auf das Leben aller haben – Frauen, Männer, Kinder, Heterosexuelle, Homosexuelle und die gesamte LGBTI*-Szene.

Männlichkeit sollte nicht verunsichern, sondern befreien

Männlichkeit ist letztendlich also nicht nur eine gesellschaftliche und politische Frage, sie ist vor allem immer auch eine Frage der individuellen Praxis, die oft nicht wissenschaftlich beantwortet werden kann: Jeder Mann definiert letztendlich Männlichkeit für sich und damit auch, was für ihn Gleichberechtigung oder eine sinnvolle Lebensgestaltung ist – und dies im Einklang mit seinem Selbst- und Fremdbild als Mann.

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