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„Bromance“ die neue Liebe unter Männern

sr - 10.02.2018 - 07:00 Uhr

Echte Männerfreundschaften – Keine Angst vor zu viel Nähe

Max und Moritz sind es. Schweini und Poldi auch. Und Barney und Ted sowieso. Viele Männer tun es – sie sind Bros, also ein „brother from a different mother“. Diese Männer sind wie Brüder, obwohl sie nicht biologisch miteinander verwandt sind. Ist das wieder nur ein neuer Trend oder haben Bros wirklich eine andere und intimere Beziehung zueinander, als es die gute alte Männerfreundschaft, die unser Großvater schon kannte, beschreibt?

Johan und Sven sind auch Bros. Sven übernachtet bei seinem Bro im Bett, wenn dieser Liebeskummer hat, küsst und umarmt ihn zur Begrüßung und bei der Verabschiedung, sagt „Ich liebe dich!“ (natürlich auf eine total unromantische Art und Weise) und ist enttäuscht, wenn er von ihm versetzt wird, weil er mit anderen Freunden verabredet ist. Johan und Sven gehen zusammen auf „Brocation“ (abgeleitet vom englischen „Vacation“ = Urlaub), sind seit vielen Jahren beste Freunde , kennen sowohl die guten Seiten als auch die Macken des anderen und schenken sich gemeinsame Bro-Bilder zum „Broburtstag“. Johan und Sven führen eine „Bromance“ (Kofferwort aus „Brother“ und „Romance“) und stehen auch offen dazu. Jungs dürfen das heutzutage.
 

Jeder gestaltet sein Leben nach seinen Vorstellungen und Regeln, die man auch Moral oder Normen nennen kann. Bewusst oder unbewusst ist eine Art Verhaltenskodex tief in uns verankert, denn wir erlernen diesen von klein auf. Manch einer richtet sein Leben nach einer Religion oder wird durch andere Muster und Modelle der Sozialisation durch unser Umfeld gelenkt. In der westlichen Welt ist jeder darauf bedacht, so individuell wie möglich zu sein, aber im Grunde ticken wir in unserer Generation ziemlich gleich. Die TV-Show „How I Met Your Mother“ hat uns durch den Charakter Barney Stinson eine Bibel für Männer in die Hand gegeben. „Der Bro Code“ ist eine Sammlung von Regeln und Leitlinien, die das Leben und die Interaktion zwischen Männern vereinfachen und sogar über Jahrhunderte beschreiben sollen. Mit der Idee des Bros ist auch eine neue Intimität unter Männern entstanden.

Im übertragenen Sinne ist der Begriff „Bruder“ in vielen Kulturen zu einer Bezeichnung für den Freund einer männlichen Person geworden. Der Spitzname „Bruder“, „Brudi“ oder „Bro“ soll die Dauer und Tiefe dieser Beziehung ausdrücken. Männer sind eben anders als Frauen: Das starke Geschlecht muss einen Freund erst neu klassifizieren, bevor man als (heterosexueller) Mann eine innige Verbindung zum gleichen Geschlecht aufbauen darf. Die vermeintliche enge Beziehung unter Brüdern ist weniger verwerflich als eine liebevolle Männerfreundschaft. Die „Bromance“ ist ebenso eine Beschreibung für ein nicht sexuelles, sehr inniges Verhältnis zwischen zwei Männern. Schon die Meterosexualität hat die Gesellschaft darauf vorbereitet, dass sich das Bild des Mannes verändert hat. Männer können zusammen shoppen gehen und sie dürfen auch ihr Äußeres pflegen.

Nicht nur im Fernsehen („Scrubs“ – „How I met your mother“) bezeichnen sich zwei nicht verwandte Männer als Brüder, die „Bromance“ gibt es wirklich und das ist schon außergewöhnlich genug. Heterosexuelle Männer waren stets darauf bedacht, möglichst passgenau ihrer Männerrolle zu entsprechen und in keiner Weise von der Heterosexualitätsnorm abzuweichen. Der Ausdruck „No Homo“ ging dem neuen intimen Verbindung zwischen zwei Herren der Schöpfung voraus und wurde stets verwendet, wenn Jungs etwas getan oder gesagt haben, was vermeintlich zu schwul für eine „Hete“ war. Ständig mit der Angst im Hinterkopf, dass man selbst als homosexuell gelten könnte, soll der „No Homo“-Ausspruch gleich jegliche Interpretationsfreiräume im Keim ersticken. Man(n) steht auf Frauen.

Der Mann ist in seiner Welt starken und normativen Werten ausgesetzt. Wie schon Herbert Grönemeyer gesungen hat, ist ein Mann von „außen hart“ und wird „als Kind schon auf Mann geeicht“. Aber die Frage bleibt: Muss man sich immer konform verhalten und „wann ist ein Mann ein Mann“? Es ist wirklich schwer – für jeden Menschen – aus dem angesprochenen Verhaltenskodex oder den Geschlechterrollen auszubrechen. Ein neuer Umgang in einer Gesellschaft ist immer ein langer Prozess, aber die Veränderung ist aktuell durchaus zu beobachten. Eine ganze Generation vertritt eine neue Einstellung und eine bisher tabuisierte Nähe unter Männern kennt keine moralische Schranke mehr.

Das größte Oxymoron in der Nähe und gleichzeitigen (sexuellen) Distanz zwischen Männern ist der Fußball (und zugleich auch die meisten anderen Sportarten). Ein Stadion voll mit Testosteron und allerlei Homophobie. Aber wenn es auf dem Platz heiß hergeht, dann wird im Zweikampf auf Tuchfühlung gegangen. Fällt ein Tor und der Sieg ist eingeholt, liegen sich alle in den Armen, es wird liebevoll auf den Hintern abgeklatscht, wenn jemand eine gute Aktion gezeigt hat oder die Fans fassen sich an den Händen, um einen Fußball-Song zu grölen. Unsere Nationalspieler Schweini und Poldi sind wohl auch Bros, denn sie posten Knutschbilder nach dem Weltmeisterschafts-Finale, teilen gerne das Hotelzimmer miteinander und scheinen wie eine verschworene Einheit. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, wo die Gegensätze zwischen männlicher Zuneigung und gleichzeitiger Paradeklischees für Männerrollen und ihrer (heteronormativen) Interaktion so aufeinanderprallen.

Eine britische Studie hat herausgefunden, dass 98 % der befragten Männer schon einmal das Bett mit einem anderen Mann geteilt haben. Kuscheln, Löffelchen, Wärme spüren – 93% haben dabei auch gekuschelt oder sind eng umschlungen eingeschlafen. Aber warum kuscheln Heterojungs gern miteinander? Der Soziologe Mark McCormack, der die Studie begleitet hat, erklärt sich die Ergebnisse damit, dass sich das soziale Verhalten heterosexueller Männer verändert hat. In der zeitgenössischen Kultur nimmt die Homophobie ab, weshalb es jungen Männern leichter fällt, sich weicher, aufgeschlossener und intimer zu zeigen als früher. In der Studie war den Befragten gar nicht klar, dass ältere Männergenerationen zärtliche Berührungen als starkes Tabu empfinden.

Matt, einer der Studienteilnehmer, erklärt das Kuschelverhalten mit seinem Freund und Teamkollegen aus dem Sportverein Connor: „Ich fühle mich mit ihm wohl und wir verbringen viel Zeit miteinander. Ich bin glücklich, wenn ich auf der Couch meinen Kopf an seine Schulter lehne oder wir uns im Bett umarmen. Er ist aber nicht der einzige. Ich sehe es so, dass wir ein Haufen sehr guter und enger Freunde sind.“ Wissenschaftler betonen, dass Homophobie nicht verschwunden ist, aber von Männern wird diese nicht mehr so stark „erwartet“. Die Geschichte der „homosozialen Beziehungen unter heterosexuellen Männern“ sei äußerst komplex und von einer Vielzahl von sozialen Stigmata, Mythen, Tabus und Aggressionen durchdrungen, erklärt McCormack. Findet also eine Art Emanzipation von den traditionellen Geschlechterrollen statt?

Jenes Tabu, das zärtlichen Körperkontakt unter Männern verhindert, beruht darauf, dass liebevoll miteinander umgehende Männer traditionell als schwul galten. Und das starke Geschlecht vermeidet es, als homosexuell bezeichnet zu werden. Selbst Schwule vermeiden es sehr häufig, als „schwul“ erkannt zu werden, und Heteros spielen die Rolle des Machos. Die 80er-Generation hat noch das Bedürfnis, als hart und unschwul zu erscheinen, während die 90er-Jungs offener und freier untereinander agieren. Die liberale Gesellschaftshaltung gegenüber Homosexualität verursacht einen gelasseneren Umgang damit, wie man selbst von seinem Umfeld bewertet wird. Der jüngeren Generation ist es erlaubt, zu kuscheln, auf ihr Aussehen zu achten und ganz offen ihre Liebe zu ihren Kumpels verkünden.

Der Volksmund hat sagt schon lange, dass es wahre Liebe nur unter Männern gibt. Die Liebe unter Männern, die schon brüderliche Züge annimmt, darf endlich öffentlich gezeigt werden. Ein Mann darf heutzutage generell viel mehr als früher – sogar Gefühle zeigen. Das ganze Getue um „Bros“ und Bruder-Liebe ist von außen betrachtet affektiert und künstlich, aber es hat eine positive Wirkung auf das allgemeine Zusammenleben. Der Bro-Status erschafft den Raum und die Legalität, eine enge Beziehung zu einem anderen Mann zu haben.
 

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