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Herrinnen // © Oliver Fantitsch
Rubrik

Theater Kontraste Herrinnen

js - 23.02.2018 - 07:00 Uhr

Am 28. Februar feiert das Theaterstück „Herrinnen“ von Theresia Walser, Premiere im Theater Kontraste im Winterhuder Fährhaus.
Herrinnen bietet viel Raum für Spekulationen und lässt die Zuschauer ordentlich nachdenken und philosophieren. Hier paaren sich Witz, Ironie und Schauspielerei, die so gar nicht die typischen Klischees erfüllt. Mit Meike Harten, der Regisseurin von Herrinnen, haben wir über das Aufbrechen von Geschlechterrollen, „Pimmel-Lyrik“ und natürlich das Theaterstück Herrinnen gesprochen.

Worum geht es in Herrinnen?
Herrinnen beginnt damit, dass fünf Frauen für den Staatspreis für weibliche Lebensleistung nominiert sind. Sie warten bis die Veranstaltung beginnt. So fängt das Stück an. Wir sehen fünf unterschiedliche Frauen, zwei Topmanagerinnen, die sich aber auch stark unterscheiden, von ihrem Werdegang. Die eine hat sich von ganz unten hochgearbeitet, als Sekretärin und ist jetzt weltweit mit einem Betonmischunternehmen unterwegs. Die andere ist so eine Superfrau, die trotz vier Kindern, „Drei Buben hat sie selbst gepresst“ (So spricht sie davon), den südamerikanischen Markt mit Instant-Pulver versorgt. Man sieht hier schon, dass sie in ihrer Beschreibung sehr überspitzt sind. Dann gibt es eine Transgender-Frau, die als Mathematikerin auch nominiert ist. Sie spricht über die Bolzmann-Gleichung. Dann gibt es noch eine Inklusions-Kindergärtnerin, die diese Form von Kindergarten erfunden hat. Die letzte im Bunde ist eine Juristin, seit 165 Jahren die erste Frau, die diese ganzen Männer-Etagen aufgeräumt hat und nun an der Spitze steht und so zu sagen dafür gesorgt hat, dass es auch Frauen- und Behindertentoiletten auf allen Etagen gibt, nicht nur unten rechts. Sie hat den Namen Kettensägen-Menke, weil sie so radikal vorgegangen ist und einige Leute gefeuert hat. Das sind alles sehr expressionistische Figuren, die nicht ganz realistisch sind. Zwischen diesen fünf Frauen in dieser Warteposition, entspinnt sich ein Sticheln unter der Konkurrenz. Ein Abschätzen, wer hat die beste Chance, wer hat die größten Opfer gebracht.

In diesem Gemenge stellt sich später heraus, dass es sich hier um vier Schauspielerinnen und einen Schauspieler handelt, die genau dieses Stück proben. Also ein doppelbödiges Stück.


Also entspricht Herrinnen nicht den typischen Geschlechterrollen, die es gesellschaftlich ja immer noch gibt?
Theresia Walser, die Herrinnen geschrieben hat, stellt gerne alles auf den Kopf, weil diese Debatten ja teilweise so skurril und aufreibend sind. Was man teilweise auch im TV an Diskussionen sieht, wo man denkt „Was löst das für Emotionen aus?“. Daher hat sie sich glaube ich einfach inspirieren lassen und ein Chaos in diese beiden Ebenen gebaut. Sie ist eine tolle Autorin, die gerne mit Worten und Bildern spielt. Das Stück hat eine gewisse Ironie, doch die Schauspieler auf beiden Ebenen, nehmen sich unwahrscheinlich ernst.

Was denkst du persönlich über Karrierefrauen?
Ja, was sind Karrierefrauen? Das sind doch einfach nur Frauen, die ihren beruflichen Weg gehen. Oder ist Karriere gleichzeitig mit Erfolg, dem Ansehen oder einem hohen Verdienst verbunden? Wann beginnt Karriere und warum ist das bei Frauen so ein Schimpfwort? Diese Frage beantwortet die Gesellschaft. Das ist genau wie der Staatspreis für weibliche Lebensleistung. Der ist für mich genauso absurd wie das Wort Karrierefrauen. Ein Mensch geht seinen Weg und hat Erfolg damit, aber im Prinzip ist das ja unabhängig davon, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Das ist „Pimmel-Lyrik“, wie es im Stück heißt.

Ist Herrinnen einen Hauch feministisch, oder sollte man auch dieses Wort ablegen?
Egal ob man Feminismus oder Emanzipation sagt, man ist sofort in einer Schublade drin. Wir nutzen diese Worte und jeder hat eine vollkommen andere Vorstellung davon. Die eigentlichen Definitionen sind viel weitreichender, als „Feminismus, aha. Da möchte man den Männern ihre Rechte aberkennen“. Aber das kommt im Stück auch vor, klar. Es wird sich zum Beispiel gefragt warum, der eine Schauspieler mehr verdient. Wir Frauen spielen seit hunderten von Jahren „Pimmel-Lyrik“ und irgendwann ist es auch mal genug. Das sind alles Themen in diesem Theater-Stück, aber ohne, das es moralisch wird. Unterm Strich geht es um mehr Toleranz und Entfaltungsmöglichkeiten. Es geht nicht darum, dass eine Frau keine Frau mehr sein darf oder ein Mann nicht mehr ein Mann.

Wie ist die Transgender-Rolle charakterlich? Was macht sie aus?
Da muss man unterscheiden. Die Rolle, die gespielt wird, Brenda die Mathematikerin ist sehr weich und typisch feminin. Schöngeistig, gar nicht, wie man sich typische Mathematiker vorstellt. Darunter verbirgt sich eigentlich ein Macho, und zwar der Schauspieler, der nicht damit zurecht kommt, dass er jetzt Brenda spielen muss. Er hat riesige Probleme, weil er hier auch mit zwei Frauen Beziehungen hat, was dann rauskommt. Er kommt mit der Rolle als Transgender nicht zurecht, weil er nicht weiß, wie er das spielen soll.

Sieht man auf der Bühne noch mehr Darsteller, als nur diese fünf Frauen?
Nein nur diese fünf. Und es ist auch etwas Besonderes, dass man im Theater nur Frauen sieht. Das ist ja gar nicht so üblich, weil die ja auch alle, ab einem bestimmten Alter von der Bühne verschwinden. Eigentlich hat bei Theresia Walser wirklich alles einen Hintergedanken.


Wie oft probt ihr für das Stück?
Wir haben eine sehr kurze Probenzeit von vier Wochen. Bis auf Sonntage und manche Samstage proben wir täglich.

Was hast du vor Herrinnen gemacht?
Ich bin Schauspielerin und dann bin ich nach einiger Zeit Regisseurin geworden. Ich inszeniere hier im Theater Kontraste, aber auch an anderen Theatern.

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