Rosa von Praunheims neues Werk "Satanische Sau": Film zeigt schwule Perspektiven auf Alter
Die Grenzen des Alterns durchbrochen: „Satanische Sau“ von Rosa von Praunheim.
Filmische Tabubrüche im Spätwerk
Kaum ein Regisseur hat Filmkultur im deutschsprachigen Raum derart radikal geprägt wie Rosa von Praunheim. Mit „Satanische Sau“ legt der inzwischen 83-Jährige sein vielleicht schonungslosestes Werk vor, ein filmisches Spiel mit Identität, Körperlichkeit und Vergänglichkeit, das auf keinen Skandal aus ist, aber dennoch bewusst Sehgewohnheiten reizt. Wer beim Titel an eine weitere grobe Provokation Praunheims denkt, wird überrascht sein über die subtile Weise, in der er hier Tod, Sex und Alter philosophisch und zugleich lakonisch zusammenführt.
Der Doku-Film beginnt schon im doppelten Boden – Armin Dallapiccola verkörpert Armin Peter von Mehl, der wiederum das Alter Ego des Filmemachers mimt. Mit offenen Worten und Nacktheit inszeniert sich die Hauptfigur als „dicker alter Schwuler“, dabei durchaus selbstironisch und niemals frei von Witz. Von Anfang an ist klar: Das ist kein gewöhnlicher Film, sondern ein von Praunheim inszeniertes Theater, das sich mehr mit der Lust am Leben nach dem Tod beschäftigt als mit der Angst vor dem Ende.
Szenen – etwa ein Mann im Negligé, umringt von jungen Männern in Windeln, oder der Moment, in dem Rosen überraschend neue Verwendungen finden – treiben die Absurdität auf die Spitze, ohne je platt oder rein pornografisch zu werden. Vielmehr zelebriert Praunheim wieder einmal eine radikale Schamlosigkeit, die an frühere provokative Projekte ("Ein Virus kennt keine Moral", 1986) anschließt und dennoch altersmilde wirkt.
„Ich glaube an den Sex nach dem Tod.“ – Rosa von Praunheim, B.Z. anlässlich der Berlinale (Februar 2025)
Trash, Tod und Triumph: Was bleibt?
Bereichert wird das bunte Treiben durch Auftritte von Katy Karrenbauer, Archivmaterial und die schmerzhaft kurze, aber emotionale Geschichte eines Nachbarn, der nach 50 Jahren Partnerschaft trauert. Für „Satanische Sau“ gab es bereits einen Teddy-Award, und die queere Community feiert Praunheims Lust an der Grenzüberschreitung – gerade jetzt, da Konformität oft den Diskurs bestimmt.
Was bleibt am Ende? „Satanische Sau“ ist ein lustvoller, aber nie verklärender Blick auf Liebe, Körper, Tod und das Recht, das Älterwerden schwuler Menschen sinnlich zu erzählen. Praunheim bleibt damit eine Ausnahmegestalt. Wie lange noch, wird offen gezeigt – und doch sind Lust und Lebenskunst in diesem Spätwerk so präsent wie selten. Bleibt die Frage: Wer folgt, wenn die Letzten der Radikalen abtreten?