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LGBTI*-Schulnetzwerk kritisiert Alice Schwarzer // © www.schlau.nrw

Kritik an Schwarzer Beiträge in der Streitschrift seien „trans-feindlich“

ms - 21.04.2022 - 14:30 Uhr

Die queere LGBTI*-Organisation SCHLAU NRW stellt sich nun Kritik, die im aktuellen Buch über Transsexualität, herausgegeben von Alice Schwarzer und Chantal Louis, erschienen ist.

Explizit beziehen sie sich dabei auf einen Text von Prof. Marion Felder und Prof. Bernd Ahrbeck. Felder ist Professorin für Sozialwissenschaften an der Universität Koblenz, Ahrbeck Professor für Psychoanalytische Pädagogik an der International Psychoanalytic University Berlin. In ihrer Kritik halten sie die Einflussnahme von Transaktivisten an Schulen und im Unterricht für hochproblematisch, gerade mit Blick auf den Fakt, dass die Zahl der Jugendlichen mit einer selbstdefinierten Geschlechtsdysphorie rasant ansteigt.

Ein besonderes Augenmerk legen die beiden Professoren dabei auf eine Info-Broschüre von SCHLAU NRW mit dem Titel „Trans* und Schule“.

„Wie selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche ihr, ´bei der Geburt zugewiesenes´ Geschlecht hinterfragen sollen, um den ´wahren´ Kern ihres geschlechtlichen Selbst aufzudecken (…)

Entscheidend ist vielmehr, dass ein sehr spezielles Verständnis von Transsexualität transportiert wird. An erster Stelle steht das subjektive Empfinden der Jugendlichen“, so die beiden Professoren.

Dabei verkenne die Info-Broschüre die fundamentalen Unterschiede zu einem Coming-out von Homosexuellen und setze dies mit einer Selbstdefinition als trans-Person gleich: „Die Homosexualität bezieht sich auf eine spezielle Objektwahl: Frauen lieben Frauen und Männer lieben Männer. Beide wissen um ihr biologisches Geschlecht, unabhängig davon, wie sie Geschlechtsrollen ausfüllen. Ihre Geschlechtsidentität ist nicht infrage gestellt, ihre Körperlichkeit bleibt unangetastet.

Ganz anders sieht es bei einer Transsexualität aus, die zu einem Eingriff in einen gesunden Körper führt, der lebenslange, irreversible Konsequenzen hat. Fehleinschätzungen können hier dramatische Folgen haben.“

Ein weiterer Aspekt missfällt den beiden Autoren dabei überdies – SCHLAU NRW wird auch vom Familienministerium in Nordrhein-Westfalen finanziell gefördert.

„Von einer ´aufklärenden´, für Lehrer und Lehrerinnen entwickelten Broschüre, die im staatlichen Auftrag schulisch genutzt wird, darf erwartet werden, dass sie sich den Erkenntnissen der aufgeklärten Medizin und Therapie stellt. Der in der Broschüre von SCHLAU enthaltene Verweis auf ein ´authentisches Selbst´, eine ´innere Stimme´, die alleinige Geltung beansprucht, greift zu kurz. Denn dann dürfen Transitionswünsche von Kindern und Jugendlichen nicht mehr hinterfragt werden“, so Felder und Ahrbeck weiter.

 

SCHLAU NRW bezeichnet die Ausführungen der beiden Professoren in einem offiziellen Statement nun als „trans-feindlich“.

Das Statement, die Organisation richte sich speziell an queere Jugendliche, um ihre Geschlechtsidentität zu hinterfragen, sei falsch. „Hierbei ist wichtig zu wissen, dass Geschlechtsidentität nicht für alle Menschen für immer mit dem Eintrag in ihrer Geburtsurkunde übereinstimmt. Die Möglichkeit, einer trans-Person offene Fragen zu stellen, macht Jugendliche nicht trans“, so Dr. Vera Uppenkamp, Vorstandsmitglied des Queeren Netzwerks und Fachvorstand für die Arbeit von SCHLAU NRW.

Kira Splitt, Landeskoordinatorin von SCHLAU NRW, ergänzt weiter:

„Es geht darum, alle Jugendlichen, unabhängig von ihrem Geschlecht, zu ermächtigen, sich anzunehmen und für sich einzustehen. In unseren Workshops öffnen wir Lern- und Reflexionsräume, die auf Freiwilligkeit und einem offenen Austausch basieren. Das ist keine Ideologie, sondern ein Angebot, das ein diskriminierungssensibles Miteinander stärkt.

Sowohl in unserer Bildungsarbeit als auch in unserer Publikation ´Trans* und Schule´ verweisen wir darauf, dass das Wissen um die eigene Geschlechtsidentität ein herausfordernder Prozess sein kann. Während einige Menschen viel Zeit und Unterstützung benötigen, um sich ihrer Geschlechtsidentität bewusst zu werden, haben andere cis- und trans-Jugendliche keine Zweifel.

Diese Vielfalt der Realität entsprechend darzustellen, ist Teil der Arbeit von SCHLAU NRW.“

 SCHLAU NRW ist die Vernetzung der lokalen SCHLAU-Gruppen aus Nordrhein-Westfalen. Die Organisation bietet jährlich rund 500 Workshops auch zum Thema LGBTI* für Schüler, Lehrkräfte, Jugendleitungen, Eltern und pädagogische Fachkräfte an. Zudem vernetzt, berät und begleitet das Landesnetzwerk lokale wie auch queere Gruppen.

SCHLAU ist im Bundesland an 19 Standorten vertreten, hat rund 200 ehrenamtliche Mitarbeiter und informiert in den Workshops jährlich mehr als 11.000 Jugendliche.

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