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Laute Kritik an DeSantis
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Laute Kritik an DeSantis Floridas Gouverneur hat es mit seinem LGBTI*-Bashing offensichtlich übertrieben!

ms - 06.07.2023 - 14:00 Uhr

Kommentar

Ron DeSantis hat es nicht leicht – vielleicht sollte man die ganze Angelegenheit einfach einmal aus seinem Blickwinkel betrachten? Als „neue Sheriff“ in Florida, wie er sich selbst gerne bezeichnet, kämpft er doch nur eisern dafür, dass alle Homosexuelle wieder „back in the Closet“, also zurück in die Unsichtbarkeit, gedrängt werden und die gute alte US-Familie samt Einfamilienhäuschen, Hund und faulem Finanzkredit wieder zu ihrer glorreichen Blüte findet – ganz wie in den guten alten Zeiten. Einmal im Jahr gehen dann alle zu Disney World und der US-Bundesstaat Florida verdient gut mit dabei.

Kämpfer für die alten US-Werte?

Als Bewahrer des Wahren, Schönen und Guten hat er wohl auch deswegen ganz uneigennützig vor einem Jahr ein Komplettverbot von Homosexualität an allen Schulen des Sunshine-States durchgesetzt. Eltern können wieder wie in der guten alten McCarthy-Ära frohgemut denunzieren, wenn ihnen etwas nicht passt – dieses Mal nur nicht mehr vermeintliche Kommunisten, sondern Unterstützer von Homosexuellen. Und sowas wird man in Florida sehr schnell, ein falsches Hemd in Regenbogenfarben, schon steht man unter Generalverdacht als Lehrer.

In diesem Jahr nun hat DeSantis noch einmal nachgelegt und erlaubt gesetzlich seitdem auch allen Ärzten in seinem sonnigen Bundesstaat, dass sie Homosexuelle als Patienten ablehnen können, wenn das nicht in Einklang zu bringen ist mit ihrem Glauben. Da würden sogar die Taliban und die Islamisten dem lieben Ron freudig applaudieren, wenn sie es mitbekommen hätten.

Kampf der Giganten? Ron gegen Don?

Natürlich ist Rons Wirkungsstätte leider auf einen Bundesstaat begrenzt, das geht natürlich nicht, denn ganz Amerika soll doch zurück in die guten alten Zeiten, in denen Homosexuelle noch heimlich an Aids starben oder man am besten gar nicht erst über diese Sodomiten sprach. Also, DeSantis for Präsident. Er hätte in seiner Partei wohl auch durchaus gute Chancen, als Kandidat 2024 aufgestellt zu werden, wenn es da nicht einen Gegenkandidaten gebe, der seit Jahren dem Wahnsinn in seiner Perfektion ein Gesicht gibt – Donald „The Orange Man“ Trump. Der blonde Wüterich, der seine kleinen Hände mit einem übergroßen Ego kompensiert. Gegen Donald hat Ron leider keine Chance. Also, was tun?

LGBTI*-Freund Trump?

Kurzerhand bezichtigte Ron den lieben Donald deswegen als LGBTI*-Freund, weil dieser es gewagt hatte, sich 2016 nach dem bisher größten Attentat auf LGBTI*-Menschen in der US-Geschichte mit 49 Toten dazu hinreißen zu lassen, zu sagen, er wolle als künftiger Präsident auch Homosexuelle und queere Menschen vor Terroristen schützen. Für einige Republikaner wie Ron ist so ein Spruch beinahe so schlimm, als würde Trump nackt und mit Regenbogenfahne beim New Yorker Pride mitlaufen. Das blieb Ron erspart – und uns zum Glück auch.

Volle Breitseite für DeSantis

Mit dieser Attacke hat es der liebe Ron nun offensichtlich aber übertrieben – und er versteht die Welt nicht mehr. Im Kampf gegen Disney, dessen Unternehmensführung sich letztes Jahr gegen das Verbotsgesetz an Schulen (Don´t Say Gay) ausgesprochen hatte, unterlag er bisher ein aufs andere Mal, zuletzt erklärte ihm vor wenigen Tagen erst der Oberste Gerichtshof, dass er nicht einfach rechtsgültige Verträge gesetzlich für nichtig erklären lassen könne, um Disney juristisch in die Pfanne zu hauen. Menno, aber auch! Man konnte beinahe hören, wie der kleine Ron, sein inneres Kind, wutschnaufend herumtrampelte! Voll gemein – und das, obwohl die Mehrheit der Richter am Supreme Court stark konservativ und selbst nicht gerade Verbündete der Gay-Community sind.

Doch jetzt hagelt es auch noch Kritik aus den eigenen Reihen – schwule Republikaner wenden sich seit einigen Tagen medial und lautstark von DeSantis ab und versagen ihm jedwede weitere Unterstützung, denn das Werbevideo gegen Trump inklusive einer Selbstinszenierung als Schreckensherrscher im Kampf gegen die LGBTI*-Community geht selbst den Republikanern zu weit.

Schwule Republikaner distanzieren sich!

Schwule Republikaner verlassen den Gouverneur von Florida und Präsidentschaftskandidaten 2024 in Scharen. Die Angst ist groß, dass dieses Hass-Pamphlet dem Image der Partei massiv schaden könnte, selbst bei den konservativen Anhängern der Partei – denn die Mehrheit von ihnen steht den Rechten von Schwulen und Lesben inzwischen positiv gegenüber. DeSantis habe zudem jeden republikanischen Politiker, der sich für LGBTI*-Rechte einsetzt, zum Gespött gemacht und „die ganze Partei um Jahrzehnte zurückgeworfen“, erklärte so auch Yvonne Dean-Bailey, ehemalige republikanische Abgeordnete in New Hampshire. Viele Parteimitglieder schlossen sich diesem Statement an.

Selbst der republikanische schwule Lügenbaron George Santos, gegen den Trump wie ein Verfechter der reinen puren Wahrheit wirkt, nahm Abstand zu seinem einstmals „Best Buddy“ Ron und erklärte, hinter DeSantis´ Gesetzen stecke „eine perverse Agenda“. Und weiter: „Ich beginne DeSantis als das zu sehen, was er ist. Seine Rhetorik zielt darauf ab, die Rechte von Menschen wie mir zu beschneiden und abzuschaffen, und das kann ich nicht weiter unterstützen. Ron DeSantis und sein Team können den Unterschied zwischen vernünftigen Schwulen und den radikalen linken Aktivisten nicht erkennen. Für ihn sind sie leider alle gleich. Seine naiven politischen Positionen sind gefährlich und politisch dumm.“

Der einsame Cowboy

Wenn selbst die durchgeknallten und schizophrenen Irren deiner Partei nicht mehr zu dir halten, was bleibt einem dann noch übrig? Gerade mal noch knapp 20 Prozent seiner Parteifreunde können sich ihn als neuen Präsidenten vorstellen, Trump hingegen befürworten aktuell fast 53 Prozent. Ron hat es also wahrlich nicht leicht, es wird einsam um den selbsternannten Sheriff, der doch nur die guten alten amerikanischen Werte des Wilden Westens aufrechterhalten will.

Eines vergisst Ron dabei vielleicht: In jenen Tagen war die Lebenserwartung eines Sheriffs nicht sehr hoch – entweder landeten sie in einer Holzkiste oder sie ritten als Vertriebene aus der Stadt allein dem Sonnenuntergang entgegen. Vielleicht sollten seine letzten Parteifreunde Ron schon einmal ein Pferd schenken.  

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