Fünfzehn Jahre „Um alles in der Welt - Lessingtage“
Künstlerische Positionen von Brasilien bis Georgien – von Belgien bis in die Ukraine.
Internationales Theaterfestival vom 18. Januar bis 4. Februar. Der Vorverkauf läuft.
Die Lessingtage feiern ihr 15. Jubiläum und mehr denn je geht es aber nicht nur „Um alles in der Welt“, sondern um „das Alles in der Welt“. Um eine Welt, die um eine lebenswerte oder überhaupt noch lebbare Zukunft ringt. „Wie können wir eine wünschenswerte Zukunft konstruieren? Wie die Transformation unserer Lebensverhältnisse hinbekommen? Wie nehmen wir die Verantwortung für die Welt, in der wir leben, wahr? Dies sind unser aller Fragen, besonders dringlich aber die einer neuen, jüngeren Generation in Europa, die mehr und mehr gestaltet und ihre Zukunft sucht. Noch nie waren die Lessingtage so jung! Wir präsentieren Künstlerinnen und Künstler, die aus einer Perspektive der Veränderbarkeit auf die Welt blicken, und Kunst machen für eine Generation, die sich selbst als agents of change begreift“, so Joachim Lux zur Jubiläumsausgabe des Festivals.
Das internationale Theaterfestival zeigt an 17 Tagen künstlerische Positionen von zehn internationalen Regiehandschriften, von Brasilien bis Georgien - von Belgien bis in die Ukraine. Ein Panorama von brisanten Themen und neuer Theaterformen, vielleicht so radikal vielfältig, mutig und jung wie nie.
Für die Eröffnungsrede konnte das Thalia eine ganz besondere Stimme gewinnen: Luisa Neubauer, das deutsche Gesicht von „Fridays for Future“ und sie schlägt das Generalthema an, das uns alle beschäftigt: die Zukunft unseres Planeten. Sie wird ihre Botschaft musikalisch performen, gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz. Zum Thema Klima startet auch Kübra Gümuşay ihr neues Gesprächsformat „Utopia Talks“, zu Gast ist die Transformationsforscherin Maja Göpel.
Zu entdecken sind neue Künstlerinnen und Künstler wie auch aktuelle Arbeiten von alten Bekannten am Thalia Theater.
Am Anfang der Lessingtage stehen zwei Eigenproduktionen: mit Luk Perceval eröffnet ein früher Pionier der europäisch arbeitenden Regiegeneration das Festival. Seine Inszenierung von Hans Falladas „Wolf unter Wölfen“, einem überbordenden Gesellschaftsporträt des taumelnden „Babylon“ Berlin im Ausnahmezustand, knüpft an seine berühmt gewordene Inszenierung „Jeder stirbt für sich allein“ an. Einen Tag später zeigt
Mattias Andersson, Autor, Regisseur und Intendant des Stockholmer „Dramaten“, erstmals in Deutschland Ingmar Bergmans berühmten Film „Schande“ als Bühnenfassung. Dort verschanzt sich ein Künstlerpaar vor der Realität eines Krieges und wird von der Wirklichkeit gnadenlos eingeholt…
Das erste Gastspiel kommt von Publikumsliebling Yael Ronen und dem Maxim Gorki Theater Berlin. Mit
„Planet B“ zeigt Ronen nach „Slippery Slope. Almost a Musical.“ bei den Lessingtagen 2023 nun eine bitterböse Weltuntergangskomödie mit hinreißender Musik. Mit Fragen über Transformation, Natur und Zukunft geht es auch weiter: Milo Rau, Schweizer Künstler und neuer Intendant der Wiener Festwochen, hat mit seiner belgischen Kompanie vom NTGent in Brasilien das Projekt „Antigone im Amazonas“ entwickelt: Ist Widerstand gegen Naturvernichtung möglich? Eine andere Art von Veränderung strebt ein Schaf an, in der poetischen Aufführung „The Sheep Song“ des belgischen Kollektivs FC Bergman, die im Januar 2023 mit dem Silbernen Löwen der Theaterbiennale Venedig ausgezeichnet wurden. Coronabedingt bei den Lessingtagen 2022 ausgefallen, geht es in dieser bildgewaltigen Ballade ohne Worte tatsächlich um Schafe.
Oder doch um Menschen? FC Bergman bedient sich in dieser ohne Worte auskommenden modernen Fabel einer opulenten und mitreißenden Bildsprache, die uns musikalisch und choreografisch mit einem Ur-Drama des Menschseins konfrontiert: Die Sehnsucht nach Veränderung ist ein Trieb, der nur schwer zu unterdrücken ist. Mit dabei auf der Bühne: zehn echte Schafe!
Erstmals zu Gast sind zudem drei junge Regiestars ihrer Generation:
Die belgische Regisseurin Lisaboa Houbrechts, Mitglied des radikal verjüngten Leitungsteams am Toneelhuis Antwerpen und kürzlich erstmals an die Comédie-Française in Paris eingeladen. In „Grandpa
Puss; or how God disappeared“ blickt die Regisseurin in die dunkle Vergangenheit ihrer eigenen Familiengeschichte, mit der großartigen niederländischen Schauspielerin Elsie de Brauw. Ein emotional bewegendes musikalisches Theater über das Verschwinden von Gott als heilender Instanz, verwoben mit Bachs Johannes-Passion. Auch die Protagonistinnen von „Green Corridors – Vermessung eines Krieges“, das von einer brillanten ukrainisch-deutschen Besetzung von Frauen auf der Flucht nach Europa erzählt, versuchen aus einer Spirale der Gewalt auszubrechen. Mit dieser Arbeit präsentiert das Thalia erstmals den deutschen Regisseur Jan-Christoph Gockel in Hamburg, der ein Spezialist für transnationale Kollaborationen ist. Die dritte neue Regiehandschrift bei den Lessingtagen ist der cineastisch geprägte polnische Künstler Łukasz Twarkowski mit seinem Science- Fiction Thriller „The Employees“, das von den Angestellten der Zukunft und den Humanoiden um sie herum erzählt. In der Gauß erwartet das Publikum mit dieser visuell intensiven Produktion eine neue Form des Theaters: die Menschen sind eingeladen, sich frei durch den Raum zu bewegen und so komplett in die Welt des Stückes einzutauchen.
Erstmals als Regieteam präsentieren sich auch Evgeny Kulagin und Ivan Estegneev mit der Uraufführung von „Apocalypse Tomorrow“, einer tanzchoreografisch-schauspielerisch geprägten Arbeit aus der im Aufbau befindlichen Truppe „Kirill & Friends“, rund um Thalia Artist-in-residence Kirill Serebrennikov. Was tust Du ein paar Tage vor dem Weltuntergang? Sechs fremde Menschen, unterschiedlichsten Alter, Nationalität und sozialen Status, warten gemeinsam auf das vermeidliche Ende und nähern sich - konfrontiert mit dem eigenen Tod - an. Eine lustige, dramatische, tragische und lyrische Geschichte der letzten Tage der Apokalypse.
Das letzte Gastspiel in der Gaußstraße zeigt die preisgekrönte Theaterautorin Nino Haratischwili erstmals als
Regisseurin am Thalia Theater. Je drei deutsche und drei georgische Schauspielerinnen aus Tbilisi spielen
Aglaia Veteranyis legendären Roman „Warum das Kind in der Polenta kocht“ – ein Abend über das Fremdsein nach der Flucht, über den Versuch einer rumänischen Zirkusfamilie, im westlichen Exil zu überleben.
Den Abschluss des Festivals bildet erneut die „Langen Nacht der Weltreligionen“, die Diskussionsrunden, Musik, Performance und Lesungen aus den Bereichen Religion, Philosophie, Wissenschaft und Literatur verbindet – diesmal zum Thema „Macht euch die Erde untertan? Religion, Mensch und Natur“. Mit der Meeresbiologin Prof. Antje Boetius und dem Historiker und Autor Philipp Blom („Die Unterwerfung.
Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur“) sowie mit dem Ensemble des Thalia Theater u.v.a.
Thalia Jung & mehr geht im Rahmen der Lessingtage 2024 mit Schülerinnen und Schülern auf
Entdeckungsreise, befasst sich mit den unterschiedlichen Regiekonzepten und gibt mit Recherche- und Schulprojekten Einblicke hinter die Kulissen des großen Festivals. Mit der Open-Air-Kunstaktion „Schutz und shelter“ am Gerhart-Hauptmann-Platz zeigen 1000 Schülerinnen und Schüler aus Hamburg und der Metropolregion wen oder was sie in ihrem direkten Lebensumfeld für wertvoll und schützenswert halten. Am Thalia Theater werden diese Entwürfe und Forderungen zu Natur- und Klimaschutz großformatig auf Fassadenbannern präsentiert.
Das vollständige Programm der Lessingtage 2024 und das Programmheft zum Durchblättern finden Sie unter thalia-theater.de/lessingtage.
Der Vorverkauf hat begonnen. Tickets gibt es online (thalia-theater.de/lessingtage), telefonisch unter 040.32814444, per Email an theaterkasse@thalia-theater.de und an der Tageskasse am Alstertor.
