Homo-Heilung in Indien Konservative und Religiöse wollen Homosexuelle noch immer "heilen"!
Eine neue internationale Kampagne mehrerer LGBTI*-Organisationen will jetzt ein starkes Zeichen gegen die Konversionstherapien setzen, die in Indien noch immer angewandt werden und Homosexuelle wie aber auch queere Menschen zwingen, ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu verurteilen. Zu dem Bündnis haben sich neben der ILGA Asia und All-Out auch die Organisationen Yugantar, TransRightsNow Collective und Sahodaran Chennai zusammengeschlossen. In einer gemeinsamen Erklärung stellen sie fest: „Es handelt sich dabei um zutiefst schädliche Eingriffe, die auf der medizinisch falschen Vorstellung beruhen, dass LGBTIQ-Personen krank sind. Sie verursachen schweres Leid und führen zu langanhaltenden seelischen und körperlichen Schäden.“
„Korrigierende Vergewaltigungen“ bei Homosexuellen
In Indien komme es nach wie vor oft zu den Konversionstherapien, die in immer mehr Ländern Europas zuletzt verboten worden sind. Im zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt umfassen diese Praktiken neben spirituellen Interventionen durch religiöse Einrichtungen auch Psychotherapie, Medikamente, Hormon- oder Elektroschocktherapien, Exorzismus, erzwungene Isolation und Gefangenschaft, körperliche Übergriffe, sogenannte „korrigierende Vergewaltigungen“ und Nahrungsentzug.
Schwerwiegende Folgen und Traumata
„Die Konversionstherapie kann für Betroffene schwerwiegende Folgen haben. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Selbstverletzungen, Depressionen, Angstzustände, Schamgefühle, Selbstmordversuche, Glaubensverlust sowie langanhaltende physische und psychische Traumata. Zu den Verantwortlichen gehören private und öffentliche psychologische Dienste, religiöse Organisationen, traditionelle Heiler und Staatsvertreter. Konversionstherapien werden außerdem durch Familien- und Gemeindemitglieder, politische Behörden und andere Akteure gefördert“, so das LGBTI*-Bündnis weiter.
Konversionstherapie ist für Ärzte bereits verboten
Die Hoffnung ist jetzt groß, dass die Konversionstherapie noch in diesem Jahr auch in Indien der Vergangenheit angehören könnte, wenn der gesellschaftliche und politische Druck nur groß genug wird – im vergangenen Jahr hat die Nationale Medizinische Kommission Indiens die Konversionstherapie bereits als „standeswidriges Verhalten“ eingestuft, allerdings nur für medizinische Fachkräfte. Religiöse Einrichtungen oder auch Familienmitglieder dürfen nach wie vor die menschenverachtenden „Heilungsmethoden“ für Homosexuelle und queere Menschen vornehmen. Das Bündnis will deswegen mit einer internationalen Petition ein komplettes Verbot in Indien erreichen.
Opfer erheben ihre Stimme
Begleitend dazu erzählen mehrere LGBTI*-Menschen in Interviews über ihre Erlebnisse mit Konversionstherapien: „In der Hoffnung, dass man mich ändern könnte, wurde ich dazu gezwungen, zu verschiedenen ´Heilern´ zu gehen. Aber diese fügten mir nur Schmerzen hinzu. In jungen Jahren fühlt man sich machtlos und kann sich kaum wehren. Diese ´Therapien´ sind hier in Indien und an vielen anderen Orten in Asien und auf der ganzen Welt nur allzu häufig anzutreffen. Doch es besteht Hoffnung, dass künftigen Generationen diese schmerzhafte Erfahrung erspart bleibt! Ich erhebe meine Stimme, weil es an der Zeit ist, zu handeln und andere vor dem zu schützen, was ich und viele andere durchmachen mussten. Und in diesem Kampf ich bin nicht allein.“
Ungeheuerliche Verletzung von Menschenrechten
Im Jahr 2020 forderte bereits der unabhängige UN-Experte zum Schutz vor Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, Victor Madrigal-Borloz, ein weltweites Verbot der Konversionstherapie und merkte an, dass betroffene Länder ganz besonders zum Schutz von Kindern und Jugendlichen endlich dringende Maßnahmen ergreifen müssen: „Solche Praktiken stellen eine ungeheuerliche Verletzung der Rechte auf körperliche Autonomie, Gesundheit und den freien Ausdruck der eigenen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität dar!“