Direkt zum Inhalt
Homo-Heilung in Indien
Rubrik

Homo-Heilung in Indien Konservative und Religiöse wollen Homosexuelle noch immer "heilen"!

ms - 29.03.2023 - 14:00 Uhr

Eine neue internationale Kampagne mehrerer LGBTI*-Organisationen will jetzt ein starkes Zeichen gegen die Konversionstherapien setzen, die in Indien noch immer angewandt werden und Homosexuelle wie aber auch queere Menschen zwingen, ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu verurteilen. Zu dem Bündnis haben sich neben der ILGA Asia und All-Out auch die Organisationen Yugantar, TransRightsNow Collective und Sahodaran Chennai zusammengeschlossen. In einer gemeinsamen Erklärung stellen sie fest: „Es handelt sich dabei um zutiefst schädliche Eingriffe, die auf der medizinisch falschen Vorstellung beruhen, dass LGBTIQ-Personen krank sind. Sie verursachen schweres Leid und führen zu langanhaltenden seelischen und körperlichen Schäden.“

„Korrigierende Vergewaltigungen“ bei Homosexuellen

In Indien komme es nach wie vor oft zu den Konversionstherapien, die in immer mehr Ländern Europas zuletzt verboten worden sind. Im zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt umfassen diese Praktiken neben spirituellen Interventionen durch religiöse Einrichtungen auch Psychotherapie, Medikamente, Hormon- oder Elektroschocktherapien, Exorzismus, erzwungene Isolation und Gefangenschaft, körperliche Übergriffe, sogenannte „korrigierende Vergewaltigungen“ und Nahrungsentzug.

Schwerwiegende Folgen und Traumata

„Die Konversionstherapie kann für Betroffene schwerwiegende Folgen haben. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Selbstverletzungen, Depressionen, Angstzustände, Schamgefühle, Selbstmordversuche, Glaubensverlust sowie langanhaltende physische und psychische Traumata. Zu den Verantwortlichen gehören private und öffentliche psychologische Dienste, religiöse Organisationen, traditionelle Heiler und Staatsvertreter. Konversionstherapien werden außerdem durch Familien- und Gemeindemitglieder, politische Behörden und andere Akteure gefördert“, so das LGBTI*-Bündnis weiter.

Konversionstherapie ist für Ärzte bereits verboten

Die Hoffnung ist jetzt groß, dass die Konversionstherapie noch in diesem Jahr auch in Indien der Vergangenheit angehören könnte, wenn der gesellschaftliche und politische Druck nur groß genug wird – im vergangenen Jahr hat die Nationale Medizinische Kommission Indiens die Konversionstherapie bereits als „standeswidriges Verhalten“ eingestuft, allerdings nur für medizinische Fachkräfte. Religiöse Einrichtungen oder auch Familienmitglieder dürfen nach wie vor die menschenverachtenden „Heilungsmethoden“ für Homosexuelle und queere Menschen vornehmen. Das Bündnis will deswegen mit einer internationalen Petition ein komplettes Verbot in Indien erreichen.

Opfer erheben ihre Stimme

Begleitend dazu erzählen mehrere LGBTI*-Menschen in Interviews über ihre Erlebnisse mit Konversionstherapien: „In der Hoffnung, dass man mich ändern könnte, wurde ich dazu gezwungen, zu verschiedenen ´Heilern´ zu gehen. Aber diese fügten mir nur Schmerzen hinzu. In jungen Jahren fühlt man sich machtlos und kann sich kaum wehren. Diese ´Therapien´ sind hier in Indien und an vielen anderen Orten in Asien und auf der ganzen Welt nur allzu häufig anzutreffen. Doch es besteht Hoffnung, dass künftigen Generationen diese schmerzhafte Erfahrung erspart bleibt! Ich erhebe meine Stimme, weil es an der Zeit ist, zu handeln und andere vor dem zu schützen, was ich und viele andere durchmachen mussten. Und in diesem Kampf ich bin nicht allein.“

Ungeheuerliche Verletzung von Menschenrechten

Im Jahr 2020 forderte bereits der unabhängige UN-Experte zum Schutz vor Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, Victor Madrigal-Borloz, ein weltweites Verbot der Konversionstherapie und merkte an, dass betroffene Länder ganz besonders zum Schutz von Kindern und Jugendlichen endlich dringende Maßnahmen ergreifen müssen: „Solche Praktiken stellen eine ungeheuerliche Verletzung der Rechte auf körperliche Autonomie, Gesundheit und den freien Ausdruck der eigenen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität dar!“

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Schwulen Rückenansichten

Amüsante Spekulationen in den USA

Amüsante Spekulationen: Die US-Presse fragt sich derzeit, ob in Caspar David Friedrichs Bildern eine homoerotische Komponente mitschwingt.
Bedenken bei E-Patientenakte

Kritik von LSVD+ und Aidshilfe

Ende April kommt die E-Patientenakte bundesweit. Bedenken aus der queeren Community wurden kaum ausgeräumt, so LSVD+ und Hamburger Aidshilfe.
Forderungen an die EU

Pride-Verbot in Mitteleuropa

Wann und wie reagiert die EU auf das Pride-Verbot in Ungarn? Mehrere EU-Parlamentarier fordern jetzt ernsthafte Konsequenzen seitens der EU.
Neue Fälle der Dating-Masche

Opfer aus Hessen und Österreich

Erneut wurden zwei Schwule Opfer der Dating-Masche, die mutmaßlichen Täter sind junge Männer. Die Taten geschahen in Wiesbaden und Wien.
"Wir verlieren dadurch an Akzeptanz"

Kritik von Valerie Wilms

Die vermutlich erste trans* Frau im Deutschen Bundestag, Valerie Wilms, übt Kritik am Selbstbestimmungsgesetz sowie an den Grünen.
Haftstrafe für Gayclub-Chef

Erpressung von schwulen Gästen

Ein Schwulenclub-Betreiber in Niederbayern erpresste und betrog seine Gäste. Das Landgericht Regensburg verurteilte ihn nun zu einer Haftstrafe.
Ende im Fall Anastasia Biefang

Klage scheitert final vor Gericht

Seit 6 Jahren kämpfte trans* Soldatin Anastasia Biefang gegen einen Disziplin-Verweis, nun hat das Bundesverfassungsgericht die Klage abgewiesen.
Widerstand in der Karibik

Rufe nach mehr Homosexuellenrechten

Nachdem in Trinidad und Tobago Homosexualität wieder verboten wurde, nehmen Forderungen nach Gleichberechtigung in der ganzen Karibik an Fahrt auf.
Gefängnisse in Russland

Berichte über dramatische Lage

Berichte über die Lage in russischen Gefängnisse schockieren: Unmenschliche Bedingungen für verurteilte „Extremisten“, darunter auch LGBTIQ+-Menschen.