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Hassverbrechen in Österreich
Rubrik

Hassverbrechen in Österreich Drei Mal so viel österreichische Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung wie in Deutschland

ms - 25.07.2022 - 14:00 Uhr

Es sind bittere Zahlen, die jetzt in Österreich zum Thema Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen veröffentlicht worden sind. So kam es nach dem offiziellen Hate-Crime-Jahresbericht für 2021 zu insgesamt 376 Hassverbrechen wegen der sexuellen Orientierung – mehr als eine Tat jeden Tag. Epizentrum der Angriffe mit rund 130 Fällen ist dabei die Landeshauptstadt Wien.

Österreich liegt so bedauerlicherweise “im Trend“ – auch in Deutschland und der Schweiz werden starke Anstiege der Fallzahlen beobachtet. In Österreich werden erst seit kurzem Gewalttaten speziell gegenüber LGBTI*-Menschen von den Behörden festgehalten. Ähnlich wie in Deutschland gehen die Experten auch in Österreich davon aus, dass die tatsächlichen Übergriffe um ein Vielfaches höher liegen dürften. Auch europaweite Studien der letzten zwei Jahre belegten, dass rund 90 Prozent aller Hassverbrechen gegenüber LGBTI* gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden.

Rund sieben Prozent aller Hassverbrechen in Österreich (insgesamt rund 5.500) werden aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers begangen, so der Jahresbericht des Innenministeriums. Ähnlich wie in Deutschland werden auch in Österreich die Übergriffe noch einmal detaillierter aufgesplittet, einer der größten Aspekte dabei sind 93 Taten, die als sogenannte “strafbare Handlungen gegen Leib und Leben“ definiert sind, also direkte Gewalttaten mit der Absicht, das Gegenüber schwer zu verletzen oder zu töten. In weiteren Fällen geht es um “Taten gegen die Freiheit“ (84), “Handlungen gegen fremdes Vermögen“ (104) sowie auch “ehrverletzende“ Beleidigungen (13). Nebst Wien sind weitere Hotspots in puncto Gewaltverbrechen gegenüber Homosexuellen gerade auch mit Blick auf die Einwohnergröße Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg und Tirol. Die meisten Tatverdächtigen waren nach Angaben des Innenministeriums dabei häufig jugendliche oder strafunmündige junge Männer.

Der Gleichbehandlungssprecher der SPÖ, Mario Lindner, rief aufgrund der hohen Zahlen die Regierung zu einem sofortigen Handeln auf und forderte abermals einen Nationalen Aktionsplan gegen Hass sowie ein umfassendes Diskriminierungsverbot, welches bisher beispielsweise Homosexuelle nach wie vor noch nicht schützt. Die Bundesregierung hatte Forderungen in diesem Zusammenhang immer wieder mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie keine Probleme erkennen könne. Wie dramatisch indes die Lage ist, zeigte sich zuletzt auch bei mehreren Pride-Events dieses Jahr in Österreich, bei denen Teilnehmer immer wieder angegriffen oder beschimpft worden waren. Im direkten Vergleich mit Deutschland zeigt sich, dass die Hasskriminalität gegenüber LGBTI* in Österreich selbst nur bei Einbezug der offiziellen Zahlen ohne Berücksichtigung der hohen Dunkelziffer ein massives Problem im ganzen Land ist. Im Vergleich: Deutschland verzeichnete bei rund 83 Millionen Einwohnern im Jahr 2021 offiziell 1.051 Taten von Hasskriminalität aufgrund der sexuellen Orientierung. Österreich mit gerade einmal etwas weniger als 9 Millionen Einwohnern im gleichen Zeitraum 376 Fälle – im direkten Vergleich unter Berücksichtigung der Einwohner verzeichnet Österreich damit offiziell mehr als drei Mal so viele Vorfälle von Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen als Deutschland.

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