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Litauen: Erste Schritte für die LGBTI*-Community // © Michele Ursi
Rubrik

Erste Schritte für die LGBTI*-Community Angst vor Russland könnte LGBTI*-Fortschritt verhindern

mg - 19.05.2022 - 18:00 Uhr

Die LGBTI*-Community in Litauen hegt zaghaft Hoffnung – könnte ein angedachtes neues Gesetz vielleicht ein erster Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung für queere Menschen im Baltikumsstaat sein?

Fürwahr, es ist ein sehr zaghaftes Pflänzchen, das dort wächst, aber es scheint zu wachsen.

 

Zuletzt 2021 wurde ein erneuter Vorstoß für ein Partnerschaftsgesetz für homosexuelle Paare vom Parlament abgeschmettert, nun versucht ein neuer Gesetzentwurf es sozusagen durch die Hintertür. Um vielleicht auf mehr Zustimmung zu stoßen, wurde der Entwurf kurzerhand in “Zivilunion“ umbenannt und wäre auch ein Angebot für heterosexuelle Menschen. Konkret soll das neue Gesetz eine „freiwillige Vereinbarung zwischen zwei Personen“ darstellen, die sich gesetzlich registrieren lassen wollen, um „ihre Beziehung zu gründen, weiterzuentwickeln und zu schützen."

 

Eine echte Revolution sieht anders aus – natürlich. Zudem würde die Zivilunion auch keine weitreichenden gesetzlichen Verbesserungen mit sich bringen, beispielsweise bei der Stiefkind-Adoption. Trotzdem wäre das neue Gesetz ein erster zaghafter Schritt in die richtige Richtung und würde eine engere Verbindung zweier Menschen und auch Eigentumsrechte absichern.

Es ist ein Kompromiss – für Menschenrechtler und LGBTI*-Aktivisten vor Ort durchaus ein bitterer, der viele Fragen offen lässt, doch schwingt immer der eine Satz mit: Besser als nichts.

 

Wie realistisch eine mögliche Umsetzung des Gesetzentwurfes ist, ist auch außerhalb des Landes umstritten. Nebst einer allgemeinen Abneigung vieler Parlamentarier gegenüber homosexuellen Menschen spielt auch der Ukraine-Krieg in diese Entscheidung mit hinein.

Die Angst vor einem russischen Angriff ist groß und die Befürchtung besteht, dass mit jedem weiteren Schritt hin zu den Werten einer liberalen und westlichen Welt der Anreiz für die russischen Machthaber größer werden könnte, Litauen abermals zu okkupieren, wie dies bereits 1940 geschehen ist.

 

Litauen ist der südlichste der drei europäischen Baltikumsstaaten. Die ehemalige Sowjetrepublik grenzt an Polen, Lettland und Weißrussland und erlangte erst 1990 die Unabhängigkeit zurück. Im Jahr 2004 wurde das Land Mitgliedsstaat der Europäischen Union sowie der NATO. Homosexualität wurde in Litauen 1993 entkriminalisiert, ist aber bis heute in weiten Teilen des stark katholisch geprägten Landes tabuisiert.

Im Jahr 2009 verabschiedete das Parlament ähnlich wie Jahre später auch Ungarn ein Gesetz zum Schutz von Kindern, das die “Förderung von Homosexualität“ in Schulen sowie im öffentlichen Raum verbietet. Trotzdem gibt es in drei Städten des Landes eine kleine Gay-Community, 2010 kam es zum ersten Baltic-Pride mit 300 Teilnehmern in Vilnius.Die Veranstaltung zog rund 3.000 Gegendemonstranten auf sich. Mit dabei war auch der damalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck, der bei der Pride-Veranstaltung angegriffen wurde.

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