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Die Vorstellung der geplanten Kabinettsmitglieder im Umfeld eines möglichen künftigen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) sorgt für erhebliche Diskussionen. © IMAGO / photothek

CDU und CSU stellen Kandidaten vor Kontroverse um Kabinettsvorschläge der zukünftigen Regierung

tb - 28.04.2025 - 15:11 Uhr
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Die Vorstellung der geplanten Kabinettsmitglieder im Umfeld eines möglichen künftigen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) sorgt für erhebliche Diskussionen. Besonders die Nominierungen von Katherina Reiche für das Wirtschaftsministerium sowie drei CSU-Politikerinnen und Politiker für weitere Schlüsselressorts stoßen auf Kritik. Hintergrund sind frühere Äußerungen und Abstimmungen gegen die Gleichstellung von LGBTIQ+-Personen.

 

„Angriff auf Ehe und Familie“

Katherina Reiche, CDU-Politikerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete, soll das Bundeswirtschaftsministerium übernehmen. Nach ihrem Ausscheiden aus der Politik 2015 war Reiche Vorstandsvorsitzende bei der E.ON-Tochter Westenergie AG und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung. In ihrer aktiven politischen Zeit sprach sie sich mehrfach gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften aus. So bezeichnete sie etwa das Lebenspartnerschaftsgesetz als „Angriff auf Ehe und Familie“ und stellte 2012 klar, die Zukunft Deutschlands liege „in der Hand von Familien“ – gleichgeschlechtliche Partnerschaften wurden von ihr explizit nicht dazugezählt.

Auch die CSU hat ihre Ministerkandidatinnen und Kandidaten präsentiert: CSU-Vize Dorothee Bär soll das Forschungsministerium übernehmen, Bundestagsabgeordneter Alois Rainer das Landwirtschaftsministerium, und Alexander Dobrindt, bislang Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, ist als Innenminister vorgesehen. Alle drei haben sich in der Vergangenheit als Gegner der queerpolitischen Gleichstellung hervorgetan. Besonders deutlich wurde dies 2017, als sie im Bundestag gegen die Einführung der „Ehe für alle“ stimmten.

Dorothee Bär geriet darüber hinaus 2023 in die Schlagzeilen, als sie gemeinsam mit anderen CSU-Vertretern dem für seine queerfeindliche Politik bekannten Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, einen Besuch abstattete. Dieser Besuch wurde von zahlreichen LGBTIQ+-Organisationen als fatales Zeichen der Unterstützung für diskriminierende Politik bewertet.

 

Stimmen aus der Community

Ein Sprecher des LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt e.V. erklärte gegenüber Medien:

„Die Berufungen von Frau Reiche, Frau Bär, Herrn Rainer und Herrn Dobrindt senden ein bedenkliches Signal an die queere Community. Gerade in Zeiten wachsender Diskriminierung weltweit braucht es eine klare Haltung für Gleichstellung – und keine Rückkehr zu überholten Denkmustern.“

 

Auch der Bundesverband Trans* (BVT*) äußerte sich kritisch:

„Die personellen Vorschläge der Union wecken große Sorgen, dass mühsam errungene Rechte der LGBTIQ+-Community auf Bundesebene wieder in Frage gestellt werden könnten.“

 

Keine rosigen Aussichten?

Ob und wie sich die vorgeschlagenen Ministerinnen und Minister künftig zur LGBTIQ+-Gleichstellung positionieren werden, bleibt abzuwarten. Insbesondere von Katherina Reiche wird erwartet, dass sie zu ihren früheren Aussagen Stellung nimmt. Auch auf CSU-Seite dürften öffentliche Erklärungen notwendig sein, um Vertrauen wiederherzustellen.

Für viele Beobachtende steht fest: Die Zusammensetzung des möglichen Kabinetts wird maßgeblich bestimmen, in welche Richtung sich Deutschlands Gleichstellungspolitik in den kommenden Jahren entwickeln wird. Die LGBTIQ+-Community wird die Entscheidungen der Regierung daher aufmerksam und kritisch begleiten.

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